Ausbau des Stromnetzes und der Stromspeicher benötigen Regulierungen und Anreize
Die Diskussion, wie viel Erneuerbare Energien das Stromnetz verträgt, und wann die Grenze für das Netz erreicht ist, wird meist viel zu pauschal geführt. Das Thema muss differenzierter betrachtet werden, so war die Grundaussage meines Gesprächs mit Fraunhofer Forscher Jochen Link auf der Solarpraxis-Konferenz „2nd Inverter and PV System Technology Forum“. So ist z.B. in Teilen Bayerns die Grenze der Belastung des Stromverteilnetzes durch großen Zubau an PV-Anlagen erreicht, eine Anpassung des Netzes ist bei weiterem PV-Zubau notwendig. Aber in Regionen, Großstädten und Lastzentren, wie München, ist hingegen noch viel Potential für einen weiteren Photovoltaik-Ausbau.
Wenn durch die Belastung des Netzes mehr Windenergie- oder Photovoltaik-Anlagen abgeschaltet werden müssen, Stichwort Einspeisemanagement §6 EEG 2012, gehen den Betreibern Einnahmen verloren und Investitionen in Speichertechnologien werden interessanter. Bei großen Windparks werden sich künftig Investitionen in langfristige Energiespeicher, wie Power-to-Gas, z.B. im Hybridkraftwerk von Enertrag, die jetzt Windgas an Greenpeace Energy liefern, lohnen. Für den privaten Besitzer einer Photovoltaik-Anlagen werden hingegen Batterien wirtschaftlich interessant, um den Eigenanteil des Solarstroms zu erhöhen und auch um unabhängiger zu werden von steigenden Strompreisen.
Damit sind aber nur die Interessen des Betreibers berücksichtigt, das Netz wird nicht weiter entlastet, ohne eine intelligente Steuerung. Denn die PV-Anlage lädt den Speicher bis ungefähr zur Mittagszeit und die Spitzenlasten werden nach wie vor in das Netz eingespeist, siehe IBC-Grafik. Sinnvoller wäre eine intelligente Steuerung und entsprechende Regelungen oder Anreize, dann Speicher aufzuladen, wenn sie einen positiven Beitrag zur Gesamtsituation im Stromnetz liefern. Hierbei sind globale und lokale Restriktionen zu beachten. Als Anreiz könnten z.B. lokal variable Tarifkomponenten dienen.
Speicherlösungen gibt es fast wie Sand am Meer und alle sind noch sehr teuer. Batteriespeicher sind schon am Markt verfügbar (Siehe Interview mit Marco Siller von IBC), die Kosten für Batterien auf Bleibasis mit den bekannten Nachteilen liegen bei 100,- € je kWh und die wesentlich besseren Lithium-Ionen Batterien kosten derzeit noch rund 1.000,- € je kWh. Alle anderen Lösungen sind noch wesentlich teurer und auch noch in der Entwicklung.
Auch bisher unterschätzte, einfache Lösungen können zur Aufnahme überschüssigen Stroms aus Erneuerbaren Energien dienen. Dazu gehört die bereits erwähnte Warmwasserbereitung mit der Photovoltaik-Anlage und auch Wärmepumpen mit Pufferspeicher können zum Lastmanagement im Stromnetz beitragen.
Diese Maßnahmen werden vermutlich in den nächsten Jahren aufgrund der sinkenden PV-Anlagenkosten, den neunen Einspeiserichtlinien für PV Anlagen (70%, fernparametriebare max. Leistungsabgabe,…) und steigende Strombezugskosten für den PV-Anlagenbetreiber immer attraktiver. Für eine langfristig nachhaltige Energieversorgung muss die Verlagerung der Wärmebereitstellung in den Stromsektor jedoch kritisch hinterfragt werden. Komplementäre Technologien bei denen die Strombereitstellung zeitlich mit der Wärmebereistellung korrespondiert (wie KWK-Anlagen) tragen sinnvoller zum künftig benötigten saisonalen Energieausgleich bei.
Ein funktionierendes Lastmanagement eines Stromnetzes mit Erneuerbaren Energien benötigt technische Regeln und Richtlinien, wie auch finanzielle Anreize. Die Technik existiert in vielen Fällen schon und ist heute in der Entwicklung sehr schnell. Aber die Technik alleine reicht nicht aus.
Genauso ist es bei der Elektromobilität, von der ein großer Beitrag zur Speicherung des Stroms aus Erneuerbaren Energien erwartet wird. Damit diese, die in ihr gesetzten, Erwartungen erfüllen kann, benötigt es Regeln und energiewirtschaftliche Rahmenbedingungen wie und wann die Be- und Entladung erfolgt und zu welchen Kosten. Die Infrastruktur muss dazu auch mehr können als nur den elektrischen Anschluss bereit zu stellen. Dann ist es für alle beteiligten Partner interessant, die Batterien von Elektrofahrzeugen zur Entlastung des Stromnetzes zu beladen und, wenn Strom benötigt wird, die angeschlossenen Fahrzeuge wieder zu entladen.
Ich habe vor kurzem gelernt, dass erneuerbare Energie umgekehrt das Netz um geschätzte 437 Millionen Euro in 2012 (BDEW Dezember 2011) entlastet. In der Tat ist ein Vorteil von Solarenergie, dass viel davon am gleichen Ort erzeugt und verbraucht wird und damit insoweit überhaupt kein Netz erforderlich ist.
Je mehr Speicherlösungen vor Ort vorhanden sind, um so weniger wichtig wird dann das Netz. Das Verteilnetz wird auf allen Spannungsebenen bei der Windenergie wesentlich wichtiger, dazu komme ich dann in einem Artikel nächste Woche.