Energieeffizienz hat große Vorteile die wir noch nicht kannten
Das Thema Energieeffizienz wird bei uns oft als schlafender Riese bezeichnet, mit dem großen und noch ungehobenen Potential im Hintergrund. Die Internationale Energieagentur (IEA) bezeichnet Energieeffizienz gar als „first fuel“ – unsere wichtigste Energiequelle. Das soll zeigen welch große Bedeutung Energieeffizienz zur Zeit auf der Welt hat. In den nächsten Jahren kann dieser Stellenwert sogar noch weiter anwachsen.
Der weltweite Markt für Energieeffizienz wächst an. So erreichten die Investitionen für Energieeffizienz im Jahr 2012 mit 300 Milliarden US-Dollar den gleichen Wert wie die Investitionen in Stromerzeugung aus Kohle, Öl und Gas. Die resultierenden Energie-Einsparungen waren größer als die Energie durch jede einzelne Energiequelle. Damit wird Energieeffizienz zur weltweit wichtigsten Energiequelle, also zur „first fuel“.
Inhalt
Energieeffizienz als Mittel für Wirtschaftswachstum und soziale Entwicklung
In einer neuen 232-Seiten umfassenden Studie hat die IEA die unterschiedlichsten Vorteil von Energieeffizienz auf die Volkswirtschaften zusammen getragen. Energieeffizienz wirkt sich nicht auf denjenigen aus, der direkt von einem niedrigeren Energieverbrauch profitiert. Eine effizientere Gesellschaft, in Bezug auf den Energieverbrauch hat noch weit mehr Vorteile.
Das sind einige der Vorteile von höherer Energieeffizienz aus der Liste der IEA:
- Reduzierung der Energiekosten
- Reduzierung von Treibhausgas-Emissionen
- Beitrag zur Sicherheit der Energie-Versorgung
- Höhere Produktivität in der Industrie
- Makroökonomische Auswirkungen
- Verringerung der Armut in Entwicklungsländern
- Verringerung der Energiearmut in Industrieländern
- Schutz der Gesundheit und Wohlbefinden
- Arbeitsplätze und Beschäftigung
- Verringerung der lokalen Luftverschmutzung
- Ressourcen-Management
- Positive Auswirkung auf öffentliche Haushalte
- Positive Auswirkung auf das verfügbare Einkommen
Energieeffizienz bringt indirekte Vorteile für Wirtschaft und Politik
Diese Liste hat die IEA in fünf Bereiche gegliedert, das ist die makroökonomische Entwicklung, die öffentlichen Haushalte, die Gesundheit, die industrielle Produktivität und Energieversorgung.
Klingt das alles zu theoretisch? Na gut, es gibt auch ein paar schöne Beispiele:
Das Thema der industriellen Produktivität liegt ja Nahe bei der Energieeffizienz. So gibt die IEA an, dass sich die Amortisationsdauer von Energieeffizienz-Investitionen von 4,2 auf 1,9 Jahre verringern kann, wenn die gestiegene Produktivität und die operativen Vorteil in der Berechnung der internen Verzinsung berücksichtigt werden. Die Betrachtung der internen Verzinsung sollte ohnehin bei Energieeffizienz-Maßnahmen in der Industrie viel häufiger der Fall sein. Damit wird diese deutlich attraktiver, als wenn nur die Amortisationsdauer betrachtet wird.
Ein eindrucksvolleres Beispiel kommt aus dem Gebäude-Sektor. Da haben Energieeffizienz-Maßnahmen deutliche Auswirkungen auf die Gesundheit und das Wohlbefinden der Bewohner. Gebäude mit höherer Energieeffizienz sind wärmer und haben trockene Außenwände. Damit verringern sich nicht nur die direkten Energiekosten der Bewohner, auch geringeren die Kosten für das Gesundheitswesen und weniger Arbeitszeitausfall durch Krankheit sind weitere, bislang nicht berücksichtigte Vorteile der Energieeffizienz. Damit kann volkswirtschaftlich jeder investierte Dollar vier Dollar an Einsparungen bringen.
Verpasst Europa die Chance für mehr Wirtschaftswachstum?
Das Magazin zur Europapolitik euractiv.de zitiert die Chefin der Internationalen Energieagentur (IEA) Maria van der Hoeven:
„Unter den derzeitigen politischen Bedingungen bleiben ganze zwei Drittel der Einsparpotentiale bis 2035 unangetastet. Das betrifft auch die EU. Die unternimmt viel zu wenig, weil sie den Nutzen von Energieeffizienz unterschätzt.“
Sie fordert damit auch die EU auf ihre Zurückhaltung in der Energieeffizienz-Politik aufzugeben und ambitioniertere Ziele zu verfolgen. So zeigt die Studie, dass die EU ihr Bruttoinlandsprodukt auf bis zu 1,1% steigern kann, wenn alle Potentiale für Energieeffizienz voll ausgeschöpft werden. Mit den aktuellen Zielen erreicht man aber nur eine Steigerung von 0,25%.
Die Haushalte der EU-Mitgliedsstaaten können darüber hinaus deutlich entlastet werden und zahlreiche neue Arbeitsplätze entstehen. Immerhin plant der neue Kommissionspräsident das Energieeffizienz-Ziel für 2030 verbindlich zu gestalten, auch wenn es mit 30% noch weit weg ist von einem ambitionierten Ziel. Das europäische Parlament hatte ein Ziel von 40% gefordert, bei dem auch die Wirtschaft deutlich profitieren kann.
Reichen diese Argumente schon aus, um mehr Energieeffizienz durchsetzen zu können? Kommen wir wirklich nur mit Verordnungen und Richtlinien weiter mit mehr Energieeffizienz? Ich glaube wir brauchen auch mehr Engagement und Kreativität, um zu zeigen wie attraktiv Energieeffizienz wirklich ist. Erst dann wird sich noch mehr Energieeffizienz wirklich durchsetzen lassen.
Was glaubt Ihr? Ich setze mich jetzt hin und lese alle 232 Seiten des Berichts.
„Positive Auswirkung auf öffentliche Haushalte“
Im Herbst 2013 war ich zu einer Veranstaltung in einem öffentlichen Gebäude, gefühltes Baujahr 1960. Auf der Herrentoilette war das Fenster gekippt und der Heizkörper mehr als handwarm – aber ohne Drehknopf/Thermostat. Antwort des Hausmeisters: die Heizung wird zentral über die Außentemperatur gesteuert, da kann er nichts machen.
Was soll man dazu sagen?
Leider hat niemand Interesse, Energieeffizienz wirklich voranzubringen:
Der Stromanbieter möchten nicht weniger Strom verkaufen und der Staat will nicht weniger Stromsteuern einnehmen…
Dafür gibt es dann http://www.bettervest.de –> Crowdfunding für Energieeffizienzprojekte
Stefan, dann braucht es innovative Geschäftsmodelle, wie von bettervest, die Investitionen in Energieeffizienz attraktiv machen – und zwar unabhängig von Stromanbieter und Staat. Erst dann wird das Thema richtig interessant.
Marktwirtschaft und Energie sparen passt zumindest in der Theorie nicht zusammen. Hier wäre die Umkehrung richtig: Wer mehr verbraucht, zahlt mehr pro Einheit.
Danke Andreas für den super Hinweis. Finde es ausgesprochen cool, dass sich die IEA dieses Themas annimmt!