Leistungsfähige Echtzeitkommunikation mit der Funktechnologie DECT NR+
Ein Fachbericht von Dirk Roebers, Freier Journalist, Düren
Intelligente Stromnetze und die fortschreitende Digitalisierung haben im Energiesektor deutlich steigende technische Anforderungen zur Folge. Dazu zählen etwa die Echtzeit-Datenverarbeitung, das exponentielle Wachstum der Datenmengen und die stetig zunehmende Anzahl von Zeitreihen, wie sie beispielsweise von Smart Metern generiert werden. Diesen anspruchsvollen Herausforderungen im Energiesektor wird jedoch eine Technik wie LoraWAN (Long Range Wide Area Network) konstruktionsbedingt nicht in allen Szenarien gerecht.
Hier bietet sich die neue, auf dem Standard DECT-2020 NR basierte Funktechnologie DECT NR+ (New Radio Plus), als Lösung an. DECT NR+ positioniert sich als nicht-zellulare 5G-Technologie, die bewusst auf feste Basisstationen verzichtet und speziell darauf ausgelegt wurde, die komplexen Anforderungen des Massen-IIoT (Industrial Internet of Things) zu erfüllen. Für den Energiesektor ergibt sich dadurch die Möglichkeit, entscheidende Herausforderungen im Hinblick auf eine zuverlässige Echtzeitkommunikation und eine stabile Netzperformance zu bewältigen.
Damit stellt DECT NR+ auf dem Papier eine leistungsstarke und zukunftssichere Alternative zu etablierten Technologien wie LoRaWAN dar. Angesichts dieses Potenzials drängt sich die Frage nach den konkreten Vorteilen von DECT NR+ und den spezifischen Einsatzfeldern innerhalb des Energiesektors auf, die von dieser neuen Technologie profitieren können. Inwieweit ist DECT NR+ in der Lage, Effizienz, Zuverlässigkeit und Sicherheit der Energieversorgung von morgen zu verbessern?
Inhalt
Hohe Datenraten und niedrige Latenzzeiten
Im Vergleich zu LoRaWAN zeichnet sich DECT NR+ durch deutlich höhere Datenraten aus, die bis zu mehreren Mbit/s reichen, während LoRaWAN lediglich Datenraten im Bereich von einigen hundert bis maximal 50 kbit/s ermöglicht. Diese signifikant höhere Bandbreite von DECT NR+ eröffnet ein breites Spektrum anspruchsvoller Anwendungen, die mit LoRaWAN aufgrund limitierter Kapazitäten nicht realisierbar wären. Dazu gehören komplexe Over-the-Air-Updates für intelligente Messgeräte, welche größere Datenmengen in kurzer Zeit erfordern, die zuverlässige Übertragung umfangreicher und detaillierter Sensordaten, beispielsweise im Bereich der Umweltüberwachung oder industriellen Sensorik, sowie die Integration von Videoüberwachungssystemen zur Erhöhung der Netzsicherheit, die kontinuierlich Bild- und Videodaten übertragen müssen.
Ein weiterer entscheidender Vorteil von DECT NR+ gegenüber LoRaWAN liegt in den signifikant reduzierten Latenzzeiten, die Paradigmenwechsel bei IoT-Anwendungen ermöglichen. Während LoRaWAN, primär auf Energieeffizienz und große Reichweiten ausgelegt ist und typischerweise Latenzen aufweist, die sich im Bereich von Sekunden bis hin zu mehreren Minuten bewegen können, eröffnet DECT NR+ durch seine technologische Architektur, insbesondere in Direktverbindungen, das Potenzial für Latenzzeiten im kaum messbaren Millisekundenbereich. Dieser Unterschied macht DECT NR+ zu einer prädestinierten Technologie für Anwendungsfelder, in denen entweder die zeitnahe Verfügbarkeit von Daten höchste Priorität genießt oder extrem schnelle Reaktionszeiten geschäftskritisch sind.
Folglich ergibt sich aus dieser Stärke von DECT NR+ die Möglichkeit, LoRaWAN in all jenen Anwendungsbereichen zu ersetzen, in denen eine zeitnahe Verfügbarkeit von Informationen oder eine unmittelbare Steuerung erforderlich ist und die Limitierungen der Latenz von LoRaWAN bisher einschränkend wirken. Hier sind für den KRITIS-Sektor Energie Anwendungen wie die Echtzeitüberwachung der Infrastrukturen sowie sicherheitsrelevante Anwendungen zu nennen, die auf eine unverzügliche Datenübertragung und Reaktion angewiesen sind. Des Weiteren profitiert die präzise Steuerung von Prozessen in Echtzeit enorm von den geringen Latenzen, da in diesen Fällen Millisekunden über Effizienz, Qualität und Sicherheit von Abläufen entscheiden können. Auch sicherheitsrelevante Anwendungen, wie beispielsweise Frühwarnsysteme oder autonome Notfallreaktionssysteme, sind auf eine unverzügliche Datenübertragung und eine sofortige Reaktion angewiesen, um ihre volle Funktionalität zu gewährleisten. Die Fähigkeit von DECT NR+, derart geringe Latenzen zuverlässig zu bieten, ist somit ein wesentlicher Faktor für die erfolgreiche Realisierung hochentwickelter und streng zeitkritischer IoT-Anwendungen, die mit den Limitationen von LPWAN-Technologien (Low Power Wide Area Network) bisher nur schwer oder gar nicht umsetzbar waren.

Vorteile der Mesh-Netzwerkstruktur
Die inhärente Mesh-Netzwerkstruktur von nicht-zellularen 5G-Technologien wie DECT NR+ stellt einen fundamentalen Unterschied zu traditionellen zellularen Architekturen dar und ist entscheidend für die Robustheit und Ausfallsicherheit des Netzwerks in anspruchsvollen Umgebungen. Während herkömmliche zellulare Netze auf einer zentralisierten Kommunikation über dedizierte Basisstationen basieren, die als primäre Knotenpunkte für die Datenübertragung dienen, etabliert ein Mesh-Netzwerk ein dezentrales Paradigma, in dem jedes einzelne Gerät – etwa ein Sensor oder ein anderes IoT-fähiges Endgerät – nicht nur als Empfänger und Sender von Informationen fungiert, sondern auch die aktive Rolle eines potenziellen Zugangspunkts und Relais-Knotens übernimmt.
Diese dezentrale Organisation der Netzwerkintelligenz und -funktionalität ermöglicht es den Geräten, Datenpakete auf einem direkten oder indirekten Weg zu ihrem Bestimmungsort zu leiten. Anstatt sich ausschließlich auf eine zentrale Infrastruktur zu verlassen, navigieren die Datenpakete intelligent durch das Netzwerk, indem sie die vielfältigen Verbindungen und Pfade zwischen den einzelnen Knotenpunkten nutzen, um das beabsichtigte Ziel effizient und zuverlässig zu erreichen. Diese Fähigkeit zur dynamischen Pfadfindung ist besonders vorteilhaft in Szenarien, in denen einzelne Verbindungen blockiert oder gestört sind, da das Netzwerk automatisch alternative Routen identifizieren und nutzen kann, um die Kontinuität der Kommunikation zu gewährleisten.
Ein wesentlicher Vorteil dieser inhärenten Mesh-Struktur liegt in der Fähigkeit zur Selbstorganisation und -erweiterung. Sobald neue Geräte dem Netzwerk hinzugefügt werden, erkennen diese ihre Nachbarn automatisch, authentifizieren sich und integrieren sich nahtlos in die bestehende Netzwerk-Topologie. Dieser Plug-and-Play-ähnliche Ansatz trägt zur Erhöhung der Gesamtkapazität des Netzwerks bei, indem zusätzliche Übertragungswege und Ressourcen bereitgestellt werden. So kann jedes neue Gerät potenziell als zusätzliche Station für die Datenübertragung dienen.
Der dynamische und adaptive Charakter des Mesh-Netzwerks ermöglicht eine außergewöhnliche Flexibilität bei der Anpassung an sich verändernde Umgebungsbedingungen, wie beispielsweise temporäre Hindernisse oder eine variable Dichte von Geräten. Darüber hinaus minimiert dies bei neu hinzugefügten Geräten die Notwendigkeit umfangreicher manueller Konfiguration oder zentraler Eingriffe. Die dem Netzwerk innewohnende Redundanz, die durch die Verbindungspfade entsteht, erhöht zudem die Ausfallsicherheit des Netzwerks signifikant. Fällt ein einzelner Knotenpunkt aus, können die anderen Geräte weiterhin miteinander kommunizieren, da die Daten automatisch über alternative Routen geleitet werden. Diese Robustheit macht Mesh-Netzwerke, wie DECT NR+, zu einer interessanten Lösung für kritische Anwendungen, die eine hohe Verfügbarkeit und Widerstandsfähigkeit gegenüber Netzwerkstörungen erfordern.
Reichweite, Zugänglichkeit und Skalierbarkeit
Positiver Nebeneffekt der Mesh-Topologie – Reichweite und Zugänglichkeit werden verbessert. Dies kann Bereiche wie Keller oder schwer zugängliche Technikräume einschließen. Der Wegfall herkömmlicher Basisstationen senkt die Betriebskosten signifikant, entfällt doch der Aufbau einer umfangreichen Infrastruktur und die Abhängigkeit von Mobilfunkbetreibern.
Die Fähigkeit von DECT NR+ Netzwerken, eine beträchtliche Anzahl von Geräten innerhalb einer einzelnen Funkzelle zu betreiben und das Netzwerk unkompliziert zu erweitern, ist ein entscheidender Aspekt, insbesondere für anspruchsvolle Smart-City-Projekte oder den Energiesektor. In diesen dynamischen Bereichen ist eine hohe Dichte an Messpunkten erforderlich, und die Notwendigkeit, Netzwerke flexibel an neue Gegebenheiten anzupassen, ist von zentraler Bedeutung. Die Skalierbarkeit von DECT NR+ Netzwerken stellt einen klaren Wettbewerbsvorteil in sich ständig verändernden Umgebungen dar. Zusätzliche Sensoren und Geräte können unkompliziert hinzugefügt werden. Somit wird eine nahtlose Reaktion auf wachsende Anforderungen ermöglicht, ohne dass kostspielige und zeitaufwendige Eingriffe in die bestehende Infrastruktur erforderlich sind. Gerade wenn Branchen, wie die Energiewirtschaft, von kontinuierlichen technologischen Innovationen und sich stetig wandelnden regulatorischen Rahmenbedingungen geprägt sind, gewinnen Flexibilität und Skalierbarkeit an Bedeutung. Die regelmäßige Integration neuer Geräte, die eine präzisere Datenerfassung, eine fortschrittlichere Überwachung und eine optimierte Steuerung von Energieflüssen ermöglichen, ist unerlässlich, um die operative Effizienz kontinuierlich zu steigern, ein Höchstmaß an Sicherheit zu gewährleisten und gleichzeitig die strengen Umweltstandards zu erfüllen.
Die Skalierbarkeit von DECT NR+ Netzwerken erlaubt es Energieversorgern und Netzbetreibern, ihre Systeme schrittweise und bedarfsgerecht zu erweitern und neue Technologien reibungslos zu implementieren. Dieser evolutionäre Ansatz trägt langfristig zur Entwicklung einer äußerst widerstandsfähigen und intelligenten Energieinfrastruktur bei, die den Herausforderungen der Zukunft gewachsen ist. Die Möglichkeit, das Netzwerk organisch wachsen zu lassen, schützt Investitionen und minimiert das Risiko von Inkompatibilitäten bei der Einführung neuer Technologien. Darüber hinaus ermöglicht die einfache Skalierbarkeit eine schnellere Reaktion auf unvorhergesehene Ereignisse und neue Anforderungen im Netzbetrieb, was die Stabilität und Zuverlässigkeit der Energieversorgung insgesamt erhöht.

Frequenzband vereinfacht globale Skalierbarkeit
DECT NR+ bietet zusätzliche Vorteile wie die integrierte Unterstützung mobiler Anwendungen. Dazu zählen beispielsweise die Einbindung mobiler Assets oder die Kommunikation mit Fahrzeugen im Netzbetrieb. Darüber hinaus stellt DECT NR+ Mechanismen zur Priorisierung des Datenverkehrs (Quality of Service) bereit, um eine zuverlässige und bedarfsgerechte Übertragung wichtiger Daten zu gewährleisten.
Ein wesentlicher Vorteil von DECT NR+ ist schließlich die primäre Nutzung des 1,9 GHz-Bandes, welches in den meisten Regionen lizenzfrei zur Verfügung steht. Dies vereinfacht die globale Skalierbarkeit von DECT NR+-Netzwerken erheblich und eliminiert die Notwendigkeit, unterschiedliche Frequenzbänder in verschiedenen Kontinenten zu implementieren. Das einheitliche Frequenzband reduziert Komplexität und Kosten bei Entwicklung und Einsatz globaler IoT-Lösungen. Im Gegensatz dazu verwendet LoRaWAN verschiedene Frequenzbänder, darunter beispielsweise das in Europa gängige 863-870 MHz Band mit 868 MHz als Hauptfrequenz, 902-928 MHz in Nordamerika sowie in China die Bänder 470-510 und 779-787 MHz. Die Nutzung dieser unterschiedlichen Frequenzbänder erfordert unter Umständen länderspezifische, regulatorische Anpassungen und kann die Entwicklung und den globalen Einsatz von LoRaWAN-basierten Lösungen deutlich komplexer gestalten. Die Notwendigkeit, verschiedene Hardwarevarianten für unterschiedliche Regionen zu entwickeln und zu warten, stellt einen zusätzlichen Aufwand dar, den DECT NR+ durch die Nutzung eines in weiten Teilen global harmonisierten Frequenzbandes vermeidet.
Während LoRaWAN weiterhin für energieeffiziente Anwendungen mit geringen Datenmengen und großer Reichweite eine Lösung darstellt, offeriert somit DECT NR+ ob der höheren Bandbreite, den geringen Latenzen, der Mesh-Topologie, der Robustheit und Skalierbarkeit in dichten Umgebungen eine zukunftssichere Option für die komplexeren Kommunikationsanforderungen des Energiesektors, insbesondere im Hinblick auf Echtzeitdaten und Netzstabilität. Dem Energiesektor steht somit überall dort, wo diese Fähigkeiten gefragt sind, mit DECT NR+ eine leistungsfähige Alternative zur Verfügung.