„Wind in Sicht“ – Landschaften verändern sich, eine Buchrezenson
Windkraftanlagen sind ein unübersehbarer Teil der Energiewende. Sie sind riesig, von weitem zu sehen und treten meistens in großen Gruppen auf, den Windparks. Damit sind sie für jeden von uns sichtbar. Und daher hat auch jeder und jede von uns eine Meinung zur Ausbreitung der Windenergie. Diese Meinung ist nicht immer positiver Natur. Es gibt immer wieder negative Stimmen gegen Windkraft und kaum ein Windpark kommt heute noch ohne Bürgerinitiative gegen Windenergie aus. Es lässt sich auch nicht bestreiten, dass Windkraftanlagen die Landschaft verändern. Mit dieser Veränderung hat sich der Fotograf und Bildjournalist Ulrich Mertens in seinem Bildband „Wind in Sicht – Landscape in Tradition“auseinander gesetzt. Dieses Buch möchte ich Euch im folgenden Beitrag etwas näher vorstellen.
Inhalt
Auseinandersetzung mit dem Landschaftsbild
Am Wochenende habe ich einige Zeit an einem See in Brandenburg verbracht und war erstaunt über die Ruhe und menschenleere Umgebung. Ist die unberührte Natur nicht unser Traum von einer Landschaft? Auch wenn es das in der Realität nicht mehr häufig gibt. Landschaften sind durchbrochen von Straßen, Industrie-Unternehmen und Ortschaften.
Die Windkraftanlagen treten in einer so großen Zahl auf und werden von Jahr zu Jahr mehr. Sie sind heute ein Symbol der Energiewende, lösen sie doch bestehende atomar-fossile Kraftwerke ab. Die alten Kraftwerke waren und sind heute auch noch für die meisten Menschen nicht sichtbar. Der Strom kommt, wie es so schön heißt, aus der Steckdose. Aber mit der Energiewende ändert sich auch die Wahrnehmung der Stromerzeugung. Photovoltaik-, Biogas und Windkraftanlagen treten durch ihre fast ständige Sichtbarkeit in unser Bewusstsein.
Energierzeugung und Technik hatten schon früher einen Einfluss auf Landschaften. So gab es vor der Elektrifizierung auch in Deutschland viele Windmühlen. Nach Angaben von Wikipedia waren im Jahr 1895 im Deutschen Kaiserreich noch 18.362 Windmühlen in Betrieb. Natürlich waren sie nicht so groß wie die heutigen Windkraftanlagen, aber sie waren auch deutlich zu sehen.
Einbeziehung von Windenergie in die Landschaftsplanung
In Deutschland betrachten wir viele Dinge sehr technisch. Dazu gehört auch der Ausbau der Windenergie, der meistens nur rein nach Gesichtspunkten der effizienten Stromerzeugung erfolgt. Damit die Windenergieanlagen unser Landschaftsbild nicht stören, gibt es mittlerweile sogar eine Negativplanung. Diese besagt wo der Bau von Windkraftanlagen nicht zulässig ist.
Aber bei einem so großen Eingriff in das Landschaftsbild, wie es bei Windkraftanlagen der Fall ist, wäre doch der umgekehrte Fall sinnvoller. Sollten wir nicht eher festlegen wie wir uns die Landschaft wünschen? Und das unter Einbeziehung vom Ausbau der Windenergie. In Städten macht man eine Leitplanung und gibt vor, wie das Stadtbild aussehen soll. In dem vorliegenden Buch verweist Prof. Dr. Martin Prominski, von der Fakultät für Architektur und Landschaft an der Universität Hannover, auf einige positive Beispiele in anderen europäischen Staaten. Er spricht sich auch aus für die Einbeziehung von Landschaftsarchitekten, Ökologen und Bürger in die Planung von neuen Windparks. Im städtischen Raum ist dies bei Neubauprojekten selbstverständlich.
Dieses Vorgehen könnte nicht nur die Akzeptanz von Windparks steigern. Sie könnten dadurch sogar „von Störenfrieden zu Lieblingen in der regionalen Landschaft werden.“ Um die visuellen Folgen der Planung von Windparks abschätzen zu können, nutzt man heute noch wenig Augmented Reality, könnte aber sehr hilfreich sein.
Der Bildband „Wind in Sicht“ von Ulrich Mertens
Die Bilder von Ulrich Mertens zeigen eine ganz neue Sichtweise auf die Windenergie. Die meisten von uns waren sicher noch nicht auf der Gondel und konnten sich die Landschaft um einen Windpark von oben ansehen. Ulrich Mertens ist Bildjournalist mit Sicherheitszertifikaten für On- und Offshore Aufnahmen, wie er in seinem Twitter-Profil angibt. Er zeigt uns den Blick auf die Landschaften von oben, von der Gondel der Windkraftanlage auf die Umgebung.
In dem Bildband „Wind in Sicht“ bietet er uns den Blick auf unterschiedliche Landschaften mit Windenergie-Nutzung. Dabei sieht man deutlich, es gibt noch ganz andere, sicher größere Eingriffe in das Landschaftsbild, wie Straßen, Städte und Industrie-Anlagen. Und die großen Panorama-Fotos über zwei Seiten vermitteln sogar eine beeindruckende Schönheit der gezeigten Landschaften. Vielleicht muss man dafür aber auch ein Freund der Windenergie sein.
Montage von Windkraftanlagen in Nahaufnahme
Während viele Menschen Photovoltaik-Anlagen aus der Nähe oder aus eigener Anschauung kennen, hat kaum jemand die Gelegenheit der Bau einer Windkraftanlage zu verfolgen. In seinem Bildband „Wind in Sicht“ zeigt Ulrich Mertens auch einige Einblicke der Montage aus nächster Nähe. Wir sehen die Arbeiter oder Einzelteile in beeindruckender Nahaufnahme, als wären wir auch vor Ort.
„Wind in Sicht“ ist ein Bildband für Freunde der Windenergie
Wer bisher schon Probleme mit der Windenergie hat, der wird auch durch den Bildband sich nicht damit anfreunden können. Die Bilder sind eher etwas für Freunde der Windenergie, die nähere Einblicke haben wollen oder sich an der Schönheit der Bilder erfreuen wollen. Mehr Informationen und Bestellmöglichkeit des Buches, mit hochwertigem Druck auf 160 Seiten, gibt es auf der Projekt-Website.
Die Bilder von Ulrich Mertens zeigen auch wie man visuell argumentieren kann. Ich halte es für wichtig nicht nur sachlich mit Worten zu diskutieren. Bilder können ein ganz anderes Erlebnis vermitteln, sie sind wichtig für die Vermittlung der Windenergie und der Energiewende allgemein. Ulrich Mertens habe ich über Instagram kennengelernt, ein Kanal der in Deutschland noch zu wenig für Energiethemen genutzt wird. Wäre schön, wenn sich das jetzt ändert.