Komplette Betrachtung der Energieeffizienz von Gebäuden
Das Haus der Zukunft soll ressourcenschonend und weitgehend klimaneutral sein. Professor Thomas Lützkendorf, Leiter des Lehrstuhls Ökonomie und Ökologie des Wohnungsbaus am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und Professor Andreas Wagner, Sprecher des Topics „Effiziente Energienutzung in Gebäuden“ im KIT-Zentrum Energie, gehören zum Team der Begleitforschung im Programm „Energieoptimiertes Bauen“ (EnOB) des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie. Ihnen geht es sowohl um das Gesamtenergiekonzept als auch um die Frage, wie sich energieeffizientes Bauen wirtschaftlich im Lebenszyklus eines Gebäudes auswirkt.
Noch beanspruchen Gebäude mehr als 40 Prozent der in Deutschland verbrauchten Primärenergie. „Ein wesentlicher Schwerpunkt unserer Forschung ist es, das Gesamtenergiekonzept eines Gebäudes zu betrachten“, sagt Professor Andreas Wagner. An der Fakultät für Architektur des KIT vertritt er das Fachgebiet Bauphysik und Technischer Ausbau. Welchen Energieaufwand erfordern Heizen und Kühlen, welchen Lüften und Beleuchten? Wieviel Strom benötigen einzelne technische Systeme wie zum Beispiel eine geothermisch angetriebene Wärmepumpe?
Die systematisch erhobenen Daten stammen zu einem großen Teil von Bürogebäuden und anderen nicht als Wohnung genutzten Bauten, darunter ein Museum und ein Supermarkt. Die aus der Auswertung gewonnenen Erkenntnisse münden in wissenschaftlich abgesicherte Planungsempfehlungen. Ein kluger Entwurf und die richtige Konstruktion tragen schon wesentlich zur Energieeffizienz sowie zur Raumkonditionierung und -beleuchtung bei, so Wagner.
Ein Beispiel ist das passive Kühlen: Mit Sonnenschutzglas, einer wirksamen Verschattung der Fenster sowie verfügbarer Speichermasse können Räume im Sommer unter Ausnutzung natürlicher Wärmesenken wie Außenluft oder Erdreich ohne Klimaanlage angenehm temperiert werden.
Wie wohl sich Menschen in den Häusern fühlen, untersucht Andreas Wagner ebenfalls. „Energieeffizienz alleine ist kein Indikator für die Zufriedenheit der Nutzer“, sagt Wagner. Deshalb werden auch Aspekte wie die thermische Behaglichkeit, Beleuchtung, Raumakustik und die Luftqualität einbezogen. Im Zuge der EnOB-Begleitforschung erarbeitete Themen und Rechenwerkzeuge fließen bereits in die Ausbildung künftiger Architekten ein.
Wie wirtschaftlich der Einsatz neuer Bauprodukte und technischer Systeme ist, erforscht Professor Thomas Lützkendorf. Der KIT-Wissenschaftler befasst sich insbesondere mit der Frage: Wie wirkt sich energieeffizientes Bauen im gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes ökonomisch aus? Berücksichtigt werden dabei alle mit dem Bauwerk in Zusammenhang stehenden Kosten: von den Herstellungskosten über die Betriebskosten für Energie und Wartung bis hin zu Aufwendungen für den Rückbau und das Recyceln der Baumaterialien. „Wir entwickeln Methoden, um bereits in frühen Phasen die Lebenszykluskosten abschätzen und beurteilen zu können und ermitteln die hierzu benötigten Daten und Erfahrungswerte“, sagt Lützkendorf.
Ein Ziel ist es, Planern künftig Hilfsmittel für die Bewertung und Auswahl von Planungsvarianten auch aus ökonomischer Sicht an die Hand zu geben. Die dabei unter anderem eingenommene Langzeitperspektive berücksichtige zusätzlich auch die Interessen folgender Generationen, betont Lützkendorf. Der Immobilienwirtschaft werden durch seine Forschung zum Beispiel Bewertungsmaßstäbe an die Hand gegeben, mit denen sich darstellen lässt, wie wertstabil ein energieeffizientes Gebäude langfristig ist.
Das KIT hat seit 2011 die Koordination der EnOB-Begleitforschung inne. Beteiligt sind die Universitäten Kassel und Wuppertal sowie das Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg.
Zum Foto:
Energieeffizienz im Quadrat: Direkt neben der Schokoladenfabrik Alfred Ritter in Waldenbuch steht das „Museum Ritter“. Der Neubau mit quadratischer Grundform, der die Kunstsammlung von Marli Hoppe-Ritter beherbergt, zeichnet sich durch ein im Auftrag des Bauherrn entwickeltes energieeffizientes und ökologisch verträgliches Haustechnikkonzept aus: Die Energie für Heizung und Klimatisierung kommt großenteils aus den regenerativen Quellen Solarenergie, Biomasse und Geothermie. KIT-Forscher haben das Energie-Monitoring und die Betriebsoptimierung übernommen. (Foto: Museum Ritter Waldenbuch)