Kommunale Wärmeplanung – Energieeffizienz gehört dazu
Kommunale Wärmeplanung ist mehr als nur die Festlegung von Gebieten, die sich für ein Wärmenetz und für die dezentrale Wärmeversorgung eignen. Auch die Energieeffizienz der Gebäude und die Potenziale zur Energieeinsparung müssen in einem Wärmeplan berücksichtigt werden. Sie spielen nicht nur in der Bestandsanalyse eine Rolle. Energie einsparen kann wirtschaftlicher sein, als neue Kapazitäten für die Wärmeversorgung aufzubauen.
Dieser Beitrag informiert über die Anforderung an Energieeffizienz und -einsparung im Rahmen der Wärmeplanung und die Umsetzung der Effizienzmaßnahmen in die Praxis.
Inhalt
Energieeffizienz in der Wärmeplanung
Das Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (WPG) behandelt die Energieeffizienz der Gebäude und entsprechende Maßnahmen in einigen Paragraphen.
In der Bestandsanalyse (§ 15) werden der aktuelle Wärmebedarf oder Wärmeverbrauch und die eingesetzten Energieträger sowie Anlagen zur Wärmeerzeugung erhoben. Diese Daten bilden die Grundlage für die späteren Einteilungen in Versorgungsgebiete und Zielszenarien.
Bei der Potenzialanalyse (§ 16) geht es nicht nur um lokal verfügbare Potenziale zur Wärmeerzeugung oder -speicherung. Nach Abschnitt (2) sollen in diesem Schritt auch die Potenziale zur Energieeinsparung durch Reduzierung des Wärmebedarfs in Gebäuden abgeschätzt werden.
Bei der Aufstellung des Zielszenarios (§ 17) muss die voraussichtliche Entwicklung des Wärmebedarfs im beplanten Gebiet innerhalb des Zeitraums berücksichtigt werden. Dazu gehören mögliche Einsparungen durch Maßnahmen zur Steigerung der Energieeffizienz und ein höherer Wärmebedarf durch die Umnutzung bestehender oder den Bau zusätzlicher Gebäude. Innerhalb des Zielszenarios betrachten die Planer eine angenommene jährliche Sanierungsrate und ihre Auswirkung auf den Wärmebedarf.
Eine der wichtigsten Aufgaben der Wärmeplanung ist die Einteilung der Gebiete nach ihrer voraussichtlichen Wärmeversorgung. Eine weitere Aufgabe ist nach § 18 (5) die Darstellung von Teilgebieten mit einem erhöhten Potenzial zur Energieeinsparung. Diese können städtebaulich als Sanierungsgebiet nach Baugesetzbuch definiert werden. Alternativ werden Gebiete dargestellt, die einen großen Anteil an Gebäuden mit einem hohen Endenergieverbrauch aufweisen und bei denen Maßnahmen zur Reduzierung des Energiebedarfs “besonders geeignet sind, die Transformation zu einer treibhausgasneutralen Wärmeversorgung zu unterstützen”. Diese Maßnahmen können auch Teil der Strategien für die Umsetzung nach § 20 sein.
Dass die Energieeffizienz genauso in eine Wärmeplanung gehört wie die Wärmeversorgung, zeigen die Anforderungen an einen Wärmeplan für Städte mit mehr als 45.000 Einwohnern (§ 21). Demnach soll die Wärmeplanung unter anderem mit dem Grundsatz “Energieeffizienz an erster Stelle” der EU-Energieeffizienzrichtlinie in Einklang stehen.
Die Verringerung des Wärmebedarfs durch Energieeffizienz gehört somit genauso zu den möglichen Technologien für die Wärmeplanung, wie die dezentrale und zentrale Versorgung zur Deckung des Wärmebedarfs.
Beispiele für Energieeffizienz im Wärmeplan
Der in der Bestandsanalyse ermittelte energetische Zustand der Gebäude wird in den meisten Kommunen zu einem großen Teil den unteren Energieeffizienzklassen zugeordnet. Eine Steigerung der Sanierungsrate von derzeit 0,7 auf 2 Prozent kann den Wärmebedarf deutlich senken.
Ein Beispiel für die prognostizierte Reduzierung des Wärmebedarfs habe ich im Bericht zur Wärmeplanung im Mittelzentrum Reinbek, Glinde und Wentorf bei Hamburg gefunden. Dort wird erwähnt, dass “mehr als 40 % der Gebäude den unteren Energieeffizienzklassen F, G und H zuzuordnen sind”. Ferner wird darauf hingewiesen, dass “durch energetische Sanierungen der Anteil dieser Gebäude zugunsten der mittleren Effizienzklassen reduziert werden kann”. Simulationen zeigen mögliche Reduzierungen in den einzelnen Ortschaften. Anschließend dokumentiert diese Planung in Grafiken die Bereiche mit hohem, mittlerem und niedrigem Sanierungspotenzial nach Baublöcken. Bei den Maßnahmen dieser Wärmeplanung spielt die Senkung des Energiebedarfs eine wichtige Rolle. Drei Maßnahmen werden vorgeschlagen:
- Einrichtung einer zentralen energetischen Sanierungskoordination
- Fokusgebiete für die energetische Sanierung
- Entwicklung einer energetischen Sanierungsstrategie für öffentliche Gebäude
Der Maßnahmenkatalog mit den priorisierten Maßnahmen aus der kommunalen Wärmeplanung der Stadt Heidenheim an der Brenz in Baden-Württemberg setzt die Effizienzmaßnahmen an die Spitze. Dazu gehören eine energetische Sanierungskampagne im gesamten Stadtgebiet mit einer Erweiterung des bestehenden Beratungsangebotes sowie ein kommunales Förderprogramm für die Gebäudesanierung.
Der Energienutzungsplan der Stadt Dortmund (Nordrhein-Westfalen) ist eigentlich erst eine Voruntersuchung für die Wärmeplanung. Aber er weist auf das große Sanierungspotenzial hin – 59 Prozent der Gebäude gehören zur Energieeffizienzklasse F oder schlechter. Mit einer sehr guten Sanierung ließen sich mehr als 80 Prozent der eingesetzten Wärmeenergie einsparen.
Verankerung in der Stadtplanung
Eine Stadt oder Gemeinde kann auf verschiedenen Wegen das Ergebnis der Wärmeplanung in der Stadtplanung verankern. Das gilt auch für die Zielsetzung in der Effizienz bzw. Senkung des Wärmebedarfs.
Diverse Maßnahmen aus dem Städtebaurecht schreiben eine Berücksichtigung der Energieeffizienz in der Stadtentwicklung fest oder setzen Anforderungen bei baulichen Maßnahmen:
- Klimagerechte Stadtteilentwicklung und Quartierskonzepte bedeutet, Stadtteile oder Quartiere für die Zukunft zu gestalten. Die Steigerung der Energieeffizienz gehört zu den möglichen Maßnahmen. In einem Quartier haben die Häuser meistens ein ähnliches Alter und vergleichbare Bauweisen, damit bieten sich gemeinsame Sanierungsprojekte an.
- Eine Ausweisung von Sanierungsgebieten nach §§ 136 ff BauGB erfolgt, um städtebauliche Mängel oder Missstände zu beheben. Die Energieeffizienz der Gebäude kann zu den Gründen für einen Missstand gehören.
- Stadtumbaumaßnahmen nach §171 a-d können ebenfalls die Gebäudesanierung unterstützen, wenn “Anforderungen an Klimaschutz und Klimaanpassung nicht erfüllt werden”. In städtebaulichen Verträgen mit den beteiligten Eigentümern vereinbaren die Gemeinden zum Beispiel die Anpassung der Energieeffizienz an einen aktuellen Standard.
Kommunen können Eigentümer über Sanierungsmaßnahmen informieren, sie anregen, ihre Immobilien zu sanieren und sie bei den Maßnahmen unterstützen:
- Mit einer Sanierungskampagne im gesamten Stadtgebiet informieren Kommunen die Hauseigentümer zu den Möglichkeiten einer energetischen Gebäudesanierung. Das können eigene Beratungseinrichtungen sein oder aktive Ansprachen der Eigentümer, zum Beispiel in Form einer Energiekarawane. Bei diesem Instrument kommen die Energieberater nach Ankündigung zu den Eigentümern und informieren sie vor Ort individuell über ihre Möglichkeiten.
- Die kommunale Förderung der Gebäudesanierung kann, sofern die Kommune die Möglichkeit dazu hat, eine weitere Chance sein, die Sanierungen vor Ort zu unterstützen.
Umsetzung von Sanierungsmaßnahmen vorantreiben
Für die Sanierung der Mehrfamilienhäuser und Nichtwohngebäude gibt es verschiedene Angebote zur Begleitung der Maßnahmen von Anfang bis Ende. In der Regel werden Fachplaner hinzugezogen, die den Prozess organisieren und begleiten sollen. Hier gibt es auch Angebote, wie die serielle Sanierung, für eine schnelle und effektive Umsetzung der Maßnahmen in industriellem Maßstab.
Vortrag “Energiesprong für dezentrale Versorgungsgebiete” von Nils Bormann, dena, am 19.09.2024
Eine energetische Gebäudesanierung der Ein- und Zweifamilienhäuser bietet ein hohes Potenzial zur Energieeinsparung und hat in der Praxis das Problem, dass sie sehr kleinteilig ist. Die Eigentümer müssen einzeln angesprochen werden. Ihr individuelles Potenzial zur Sanierung muss ermittelt werden und sie müssen die wirtschaftliche Möglichkeit zur Sanierung haben. Sie brauchen Hilfe nicht nur bei der Wahl der Wärmeversorgung, auch bei der Sanierungsmaßnahme wurden sie bislang sich selbst überlassen.
Sie benötigen nicht nur finanzielle Unterstützung. Rund zwei Drittel der Menschen können den Bedarf zur Anpassung an eine höhere Energieeffizienz nicht mit den eigenen Mitteln bezahlen. Diese Zahl und mögliche Lösungen aus dem folgenden Text stammen aus dem obigen Video der KWW-Konferenz 2024.
Kommunen werben mit unterschiedlichen Angeboten für die energetische Sanierung. Doch sie gehen nicht über eine Initialberatung hinaus und bei der Umsetzung scheitert es oft, denn die Eigentümer sind sich dann selbst überlassen. Die Komplexität der Maßnahmen und die finanzielle Belastung führen häufig zur Überforderung der Eigentümer. Als Folge finden dann keine oder mangelhaft ausgeführte Sanierungen statt. Es braucht also sinnvolle Angebote zur Unterstützung, die den Eigentümer von der ersten Beratung bis zum Auftrag oder Abschluss der Maßnahmen unterstützen.
Eigentümer unterstützen und vernetzen
In vielen Wohngebieten lassen sich die Eigentümer nach sozio-ökonomischen Faktoren gruppieren. Sie stehen in ähnlichen Lebensphasen und haben damit auch ähnliche Ansprüche. Diese Gruppen könnten gemeinsam und passend zu ihren Vorstellungen angesprochen werden, dadurch verringert sich der Aufwand bei ihrer Ansprache.
Wenn Interesse an der Umsetzung von Effizienzmaßnahmen besteht, brauchen die Eigentümer Unterstützung bei der Förderung und Finanzierung, genauso wie bei Anfragen und einem Vergleich der Angebote. Eine gezielte Vernetzung mit Experten und Partnern für die Umsetzung kann für die Umsetzung ebenfalls hilfreich sein.
Wollen in einer Nachbarschaft mehrere Eigentümer Maßnahmen im gleichen Gewerk umsetzen, könnten Beratungen und Anfragen gebündelt werden – mit Vorteilen für alle Beteiligten.
- Für die Handwerker fällt ein Teil des Aufwands für Akquise und Beratung weg, sie können sich auf ihre eigentliche Arbeit fokussieren.
- Eigentümer bekommen Unterstützung und sind nicht mit der Sanierung überfordert.
- Kritische Eigentümer werden durch die Sanierungsmaßnahmen der Nachbarn unter Umständen motiviert.
- Durch gemeinsame Anfragen und Optimierung des Prozesses können die Kosten reduziert werden.
Eine solche standardisierte Umsetzung braucht jedoch Personen, die sich um die Koordination kümmern, den Prozess organisieren und begleiten. Das kann zum Beispiel eine lokale Energie- und Klimaschutzagentur organisieren und gezielt Sanierungsprozesse anstoßen.
Fazit
Energieeffizienz gehört zur Wärmeplanung und muss mitgedacht werden, genauso wie die Planung eines Wärmenetzes. Eine zielgruppengerechte Unterstützung und Bündelung der Maßnahmen erleichtert die Umsetzung. Es reicht nicht mehr, die Eigentümer nur zu informieren, neue Wege können sie zur Sanierung ihrer Immobilie anregen und die Sanierungsrate steigern. Jede Verringerung des Wärmebedarfs sorgt dafür, dass an anderer Stelle weniger Wärme erzeugt werden muss. Daher ist es wichtig, dass Kommunen als Vorbild vorangehen und ihre Liegenschaften sanieren.
Wie berücksichtigt Ihre Kommune das Thema Energieeffizienz in der Wärmeplanung?
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Sehr schöner Artikel!
Leider werden ihn nur die Leute lesen, die diese Infos eh schon haben und versuchen zu nutzen.
Ich hoffe, dass der Artikel einige neue Aspekte enthält und auch Leute erreicht, die sich bisher noch wenig damit beschäftigt haben. Durch die Wärmeplanung kommt das Thema wieder auf den Tisch und man muss sich überlegen, wie man vor Ort die Sanierungen unterstützt.