Projekte mit Blockchain zur Stabilisierung der Stromnetze
Der belgische Übertragungsnetzbetreiber Elia hat ein Pilotprojekt zur Analyse möglicher Anwendungen der Blockchain-Technologie im Energiesektor gestartet. In diesem Projekt untersuchen sie, gemeinsam mit den Projektpartnern Actility und SettleMint, Möglichkeiten zur finanziellen Abrechnung von flexiblen und schnellen netzstabilisierenden Maßnahmen mittels Blockchain-Technologie. Diese Maßnahmen können z.B. gebündelte Batteriespeicher sein oder bedarfsgesteuerte Wärmepumpen. Somit ist für einen schnellen und flexiblen Ausgleich im Stromnetz gesorgt und eine schnelle Abwicklung der Transaktion wäre möglich. Dieses Projekt ist auf eine Dauer von drei Monaten angelegt. Ein weiteres Blockchain Projekt zur Stabilisierung der Stromnetze haben TenneT und sonnen durchgeführt.
Inhalt
Idee des Elia Blockchain-Projektes
Blockchain ist eine verteilte, digitale Transaktionstechnologie mit einer sicheren Datenspeicherung, die es ermöglicht Smart Contracts in Peer-to-Peer-Netzwerken auszuführen. Die grundlegenden Eigenschaften der Blockchain, unveränderlich, transparent und sicher, erleichtern die Automatisierung der Vertragsabwicklung.
Da die Fähigkeiten der Technologie ständig erweitert werden, können Blockchain- und Smart Contracts helfen mehrere flexible Technologien automatisch zu verwalten. In Zukunft könnte diese Technologie die Art und Weise wie der Energiesektor funktioniert deutlich verändern, wenn sie auf verschiedene Ebenen des Marktes angewendet wird (kurzfristiger Bedarf, Nebenleistungen, etc.).
Hintergrund des Projektes
Die Entwicklung dezentraler Energiequellen und das allmähliche Verschwinden der traditionellen Quellen von Flexibilität erfordern von Elia neue Maßnahmen, um das Stromnetz stabil zu halten. Durch die wachsende Zahl von Marktteilnehmern hat Elia auf der einen Seite neue Möglichkeiten, steht aber auch vor Herausforderungen, wie z.B. ein deutlicher Anstieg von Geschäften mit mehreren Parteien.
In den letzten Jahren war Elia einer der aktivsten Akteure in Europa bei der Integration des Demand-Side-Managements in Unternehmen. Das Ziel war es die Flexibilität auf der Nachfrageseite zu erhöhen. Während sie sich bisher auf Möglichkeiten zur Steuerung der Nachfrage von großen Verbrauchern konzentriert haben (für industrielle Prozesse und KMU), nimmt die Bedeutung der dezentralen Erzeugung in den kommenden Jahren noch weiter zu.
Blockchain-Pilotprojekt für mehr Flexibilität im belgischen Stromnetz
Mit dem aktuellen Pilotprojekt möchte Elia die Eignung der Blockchain testen für die Automatisierung einer Reihe von Prozessen mit Bezug auf die Aktivierung von Flexibilitäten. Zu den untersuchten Prozessen gehört auch die Validierung der vertraglichen Beziehungen zwischen Elia und den teilnehmenden Akteuren. Des weiteren gehört die Erfassung und Validierung der Messdaten aus den Zählern und die Abwicklung der damit verbundenen Finanzoperationen dazu.
Zu diesem Zweck beabsichtigt Elia, zusammen mit seinen Partnern Actility und SettleMint eine dezentrale Managementlösung für Flexibilitäten zu entwickeln. Diese Lösung basiert auf Blockchain-Basis und wird entwickelt von der Energy Web Foundation, zu der Elia gehört.
Für die Zwecke der Studie führen Elia und Actility mehrere Simulationen durch, um zu verstehen, wie die Blockchain-Technologie funktioniert und wo ihre Grenzen liegen. Unter den verschiedenen zu testenden Hypothesen möchte Elia versuchen zu verstehen inwieweit Blockchain der weit verbreiteten Nutzung der dezentralen Flexibilität helfen kann. Sie wollen auch wissen wie diese neue Technologie Aktivierungsprozesse beschleunigen, vereinfachen und transparenter gestalten kann.
Bei einem Erfolg des Pilotprojektes sieht sich Elia einen bedeutenden Schritt weiter in der Etablierung eines Stromnetzes, das eine Vielzahl von dezentralen und nachhaltigen Energiequellen aufnehmen kann. Elia hofft, dass die Einführung einer neuen Technologie, wie die Blockchain, die Anpassung des Gleichgewichts im Energiesektor erleichtert und für alle Marktteilnehmer von Vorteil ist.
Blockchain-Projekt von TenneT und sonnen
Das Projekt von Elia in Belgien ist nicht das erste europäische Pilotprojekt, das Blockchain zur Stabilisierung des Stromnetzes testet. Ende 2017 haben der niederländische Übertragungsnetzbetreiber TenneT und der Speicher-Hersteller sonnen die Heimspeicher erfolgreich für den Redispatch genutzt. Das Pilotprojekt sollte bis zum 2. Quartal 2018 andauern. Ergebnisse sind bislang aber noch nicht veröffentlicht.
Über eine Blockchain-Lösung, entwickelt von IBM, wollten die Projektpartner dezentrale Heimspeicher in das Netz von TenneT einbinden. Dazu stellt sonnen einen Pool von Heimspeicher bereit, die an das Netz angeschlossen sind, und miteinander vernetzt sind. Dabei passt sich das intelligente Management der Batteriespeicher individuell der jeweiligen Situation im TenneT-Netz an. So kann der vernetzte Speicher-Pool je nach Bedarf überschüssigen Strom sekundenschnell aufnehmen oder abgeben. Die Speicher tragen damit dazu bei Transportengpässe im Netz zu reduzieren.
Das Projekt ist Teil eines umfassenden Programms von Pilotprojekten von TenneT. Sie wollen in diesen Projekten mit Hilfe von verstärkter Nutzung von Daten und der Erschließung neuer Flexibilitätsmöglichkeiten das Stromnetz fit für die Herausforderungen der Energiewende machen. Die Blockchain bietet neue Möglichkeiten, auch dezentrale verteilte Anlagen sicher und intelligent überregional aus einer Hand zu vernetzen. Damit kann das Projekt den Netzausbau ergänzen und zu einem wichtigen Baustein der Energiewende werden. Nach einer erfolgreichen Evaluierung ist es das Ziel von TenneT, die Flexibilitätsprojekte für neue Partner zu öffnen.
Was bringen uns diese Flexibilitäts-Projekte?
Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Energiewende habt Ihr vielleicht schon von dem Begriff Redispatch gehört. Das ist, vereinfacht gesagt, eine Art Eingriff des Übertragungsnetzbetreibers um Engpässe im Netz zu vermeiden. Weitere Möglichkeiten des Eingriffs sind die Abregelung von Windenergieanlagen und Nutzung der Netzreserve. Diese Maßnahmen sorgen dafür, dass der Stromtransport im Rahmen der Übertragungskapazität des Netzes liegt. So lagen im Jahr 2016 die Kosten für solche Maßnahmen bei rund 800 Millionen Euro deutschlandweit. Ein großer Teil davon entfällt auf die Abregelung von Windanlagen. Die Kosten für diese Maßnahmen werden über die Netzentgelte letztlich von den Stromverbrauchern getragen. Neben dem Ausbau der Netze können zusätzliche sogenannte Flexibilitäten wie Speicher helfen, die teure Abregelung von Windanlagen zu begrenzen.
Dei Blockchain-Technologie ist günstig und lässt sich praktisch unendlich skalieren. Damit ist sie prädestiniert für den Einsatz in der zukünftigen Energieversorgung, die aus Millionen dezentraler und miteinander vernetzter Einheiten besteht. Von weiteren Vorteilen der Blockchain in der Energiewirtschaft schreibt Experte Thorsten Zoerner in seinem Blog. Mehr über die Chancen und Herausforderungen der Blockchain-Technologie in der Energiewirtschaft habe ich im Artikel über die Metaanalyse zur Digitalisierung der Energiewende geschrieben.
Mehr Blockchain bei der Konferenz Digitale Energiewelt in Berlin
Wer noch tiefer in das Thema Blockchain für die Energiewirtschaft einsteigen möchte, kann dieser bei der zweitägigen Konferenz „Digitale Energiewelt“ am 24. und 25. September in Berlin tun. Diese Konferenz stellt die Chancen und Risiken der Digitalisierung der Energiebranche in den Fokus. Veranstaltet wird sie von der Conexio GmbH, in Kooperation mit der Solarpraxis, und findet auch dieses Jahr wieder beim Gastgeber Vattenfall in Berlin-Mitte statt.
Am 24. September steht das Thema Blockchain und dessen Bedeutung für die Energiewelt im Focus, inwiefern kann Blockchain den Stromhandel und Marktmodelle verändern und den Smart Meter-Rollout unterstützen? Außerdem erwartet die Teilnehmer der Konferenz ein Energy Start-Up Networking, bei dem junge Unternehmen ihre Ideen in Pitches vorstellen und mit Investoren und Energiekonzernen ins Gespräch kommen.
Der 25. September ist ganz dem Thema Digitale Finanzierung für die Energiewelt gewidmet. Denn Kryptowährungen, ICO, Tokens &Co haben ein rasantes globales Wachstum hingelegt, können sie eine echte Alternative zu Zahlungsverkehr und Finanzierung in der Energiewirtschaft sein? Und was bedeutet das für die Energiewelt?
Die Konferenz soll verdeutlichen, wie sich Akteure aus dem Energiesektor die neuen Entwicklungen bereits konkret zu Nutzen machen und was Unternehmen daraus lernen können. Seien Sie gespannt und diskutieren Sie mit Referenten wie: Ewald Hesse, Thorsten Zoerner, Fabian Reetz, Karl-Heinz Remmers, Arndt Weißhuhn und Sebnem Rusitschka und vielen weiteren.
Ich persönlich sehe großes Potential der Blockchain-Technologie im Bereich der intelligenten Stromversorgung.