8 Mythen und Tatsachen über die Ökodesign-Richtlinie
In den vergangenen Tagen war viel zu lesen über die EU Ökodesign-Richtlinie und wie schlimm das alles ist. Ich kann beruhigen, da steckt viel Panikmache dahinter und ab 01. September werden wir ganz normal weiter saugen können. Und ich bin mir sicher, dass die Industrie ab 2017 Staubsauger anbieten kann, die auch mit 900 Watt hervorragend saugen können. Wer anders denkt, vertraut der Innovationskraft der Hersteller nicht.
Warum ich das glaube? Ich verfolge die Entwicklung bei den Haushaltsgeräten schon einige Jahre und sehe wie sie immer noch gute oder sogar bessere Leistung zeigen. Waschmaschinen verbrauchen heute viel weniger Strom als noch vor einigen Jahren und waschen dennoch sehr gut, genauso ist es bei Geschirrspülern und Kühlschränken.
Wäschetrockner sind das Paradebeispiel, sie haben sich von Energieschleudern in nur wenigen Jahren fast zu Sparwundern entwickelt. Alles durch den Druck der Ökodesign-Richtlinie.
Fakten zur Ökodesign-Richtlinie und zum Energielabel
Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF) hat zur Versachlichung der Diskussion um die Energielabel und Ökodesign ein paar wissenswerte Fakten zusammengetragen:
Mythos 1: „Der Verbraucher bekommt weniger „leistungsfähige Produkte“ durch die Mindeststandards und muss mehr bezahlen.“
Tatsache: In den allermeisten Fällen der inzwischen 25 erlassenen Ökodesignregelungen bekommt der Verbraucher keinen Unterschied mit – frühestens mit der nächsten, dann niedrigeren Stromrechnung. Beispielsweise bei Stand-By oder Kühlschränken. Auch bei Staubsaugern hängt die Leistungsfähigkeit weniger von der Watt-Zahl als vom Produkt-Design (Luftdichtheit, Düsenform usw.) ab. Laut Stiftung Wartentest (Feb 2014) besteht kein Grund zur Sorge, dass die Geräte durch den EU-Grenzwert von max. 1600 Watt schlechter saugen. Der Testsieger der 74 getesteten Produkte brauchte sogar nur 870 Watt. Die EU orientiert sich bei der Standardsetzung an den geringsten Gesamtkosten für Verbraucher (Anschaffungspreis + Stromkosten über die Lebensdauer) – darum sinken die Kosten für Verbraucher sogar.
Mythos 2: „Ökodesign wird in dunklen Hinterzimmern von regelungswütigen EU-Bürokraten gegen den Widerstand von Verbrauchern ausgekungelt.“
Tatsache: Der Prozess hin zu einer Ökodesign- und Labelvorgabe ist transparent, klar durchstrukturiert sorgfältig und passiert mit viel Vorlauf. Die Regelungen werden in sehr enger Abstimmung und Übereinkunft mit Verbraucherschutzorganisationen, Umweltorganisationen und den Hersteller-Verbänden der betroffenen Produkte auf Basis fundierter wissenschaftlicher Untersuchungen ausgearbeitet (Ausführlicher Hintergrund: www.eup-network.de/de/hintergrund/oekodesign-richtlinie). Im Übrigen verzichtet die EU auf eine Verordnung (Artikel 15 der Richtlinie), wenn von einer Produktgruppe nur unerhebliche Umweltauswirkungen ausgehen, kein hohes Einsparpotenzial besteht und ein Marktvolumen von 200.000 Stück pro Jahr unterschritten wird. Außerdem gibt die EU freiwilligen Eigeninitiativen von Herstellern Vorrang, wenn diese selbst Vereinbarungen zur Energieeinsparung treffen (dies gilt bereits für Drucker, Kopierer und Faxgeräte oder Werkzeugmaschinen).
Mythos 3: „Das ist nicht Aufgabe der EU, die hat Wichtigeres zu tun.“
Tatsache: Kernaufgabe laut EU-Vertrag ist die Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes. Dazu gehören auch einheitliche Produktstandards in puncto Qualität, Verbraucherschutz und Umweltschutz (Artikel 114, 169 und 191 AEUV sowie Artikel 1 der Richtlinie). Kein Hersteller will 28 verschiedene Produkte für 28 unterschiedliche Gesetzesanforderungen in den EU-Ländern herstellen. Die EU hat sich zum Ziel gesetzt Energie zu sparen und unabhängiger von Energieimporten zu werden. Dazu tragen auch die vermeintlichen Kleinverbraucher in den Haushalten mit vielen Milliarden Kilowattstunden bei.
Mythos 4: „Ökodesign und Labels schaffen zusätzliche Bürokratie.“
Tatsache: Die Regelungen betreffen nur die Hersteller von Produkten und orientieren sich an etablierten Normen, mit denen die Hersteller ohnehin arbeiten. Diese sind weniger Bürokratie ausgesetzt, als wenn es Einzelregelungen in jedem Land dazu gäbe. Der Verbraucher muss sich mit diesen Gesetzen überhaupt nicht auseinander setzen. Er findet nach gewissen übergangfristen automatisch nur noch Produkte im Handel, die den Anforderungen entsprechen.
Mythos 5: „Die EU plant neue Produktverbote bzw. Verkaufsverbote.“
Tatsache: Kein Produkt wird durch die EU verboten. Die Standards regeln alleine, welche Leistung (z. B. Waschleistung, Lichtausbeute) pro eingesetzte Kilowattstunde erzielt werden muss und orientiert sich an den geringsten Kosten für Verbraucher. Produkte mit stark veralteten Technologien fallen hier ggf. raus. Ein Verkaufsverbot für den Handel gibt es auf keinen Fall – was noch in den Lagern ist, darf zeitlich unbeschränkt weiter verkauft werden (Vermerk des BMWi über den Begriff des „Inverkehrbringens“).
Mythos 6: „Die Vorgaben rund um Ökodesign und Labels benachteiligen deutsche Anbieter.“
Tatsache: Qualitätsstandards helfen, minderwertige Billigimporte vom europäischen Markt fernzuhalten. Mittlerweile kopieren sogar viele Nicht-EU-Länder die Ökodesign-Vorgaben und übernehmen diese in ihre eigene Gesetzgebung (z. B. China, Norwegen).
Mythos 7: „Verbraucher werden gezwungen, ihre alten Geräte auszutauschen.“
Tatsache: Kein Verbraucher wird gezwungen, alte Geräte auszutauschen. Die Richtlinie betrifft nur neue Geräte. Der Verbraucher wird lediglich vor der Anschaffung von veralteten Energiefressern geschützt, wenn er sich sowieso ein neues Gerät kauft. Wer freiwillig Geräte kaufen möchte, die noch effizienter als der Mindeststandard sind, denen bietet das Energielabel Orientierung. Das Umweltbundesamt stellt klar: „Die Richtlinie ist auf die Konzeption von Produkten ausgerichtet, welche Hersteller oder Importeure erstmalig in Verkehr bringen. Es lässt sich über Ökodesign-Durchführungsmaßnahmen nicht festlegen, dass die Betreiber alte, ineffiziente Geräte austauschen müssen.“
Mythos 8: „Die EU-Kommission hat aus dem Ärger mit der Glühlampenregelung nichts dazugelernt.“
Tatsache: Die EU-Anforderungen an Haushaltsleuchtmittel waren die einzige, wirklich umstrittene der inzwischen 25 Ökodesign-Maßnahmen. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens hielten viele Energiesparlampen zwar die Anforderungen die Lichtausbeute (lm) je Watt ein, erfüllten aber viele Komfortansprüche der Verbraucher nicht, z. B. an die Lichteigenschaften. Die EU hat daraus gelernt und berücksichtigt seither sehr aufmerksam nicht-energetische Verbraucheranforderungen an Produkte. Übrigens: Inzwischen bieten die Hersteller eine breite Auswahl an hochwertigen Produkten an, die wesentlich mehr Komfort bieten, als die alte Glühlampe bei deutlich besserer Umweltbilanz (siehe Bewertung des BUND).
Toller Artikel!
Danke für die gute Zusammenfassung des Themas!