ISH 2023: Zukunft der Wärmeversorgung
Für einen klimaneutralen Gebäudesektor brauchen wir geeignete Heizungen ohne fossile Energieträger. Hat sich die Heizungsbranche inzwischen darauf eingestellt oder bleibt sie noch bei den bewährten Lösungen?
Mit der Frage im Kopf bin ich nach Frankfurt am Main gefahren. Dort findet alle zwei Jahre die ISH statt – die Weltleitmesse für Wasser, Wärme und Luft und damit die wichtigste Messe für die Heizungsbranche. Alle bekannten Marken präsentieren dort ihre Produkte und Innovationen.
Inhalt
Hoffnungsträger im Klimaschutz: Wärmepumpen
Wärmepumpen sind die großen Hoffnungsträger für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung und sie standen bei den Herstellern ganz klar im Vordergrund. Schließlich plant die Bundesregierung ab 2024 mit dem Einbau von 500.000 neuen Wärmepumpen pro Jahr. Sie sollen in Zukunft den mit Abstand größten Anteil der neuen Heizungen ausmachen.
Dementsprechend haben alle Aussteller ihre Lösungen für den Neubau und die Sanierung, das Einfamilienhaus, das Mehrfamilienhaus und das Gewerbe vorgestellt. Der Fokus lag deutlich auf der Wärmequelle Luft.
An einer breiten Produktpalette wird es nicht liegen, wenn das erwähnte Ziel der Bundesregierung nicht erreicht wird.
Neben der Lieferfähigkeit der Hersteller, brauchen wir auch genügend Handwerkerinnen und Handwerker, die die neuen Wärmepumpen beim Kunden einbauen können. Über das Problem der Fachkräfte für die Energiewende habe ich im letzten Jahr einen ausführlichen Beitrag geschrieben.
Den Einbau der Anlagen zu vereinfachen, ist jetzt die wichtigste Aufgabe für die Hersteller. Handwerker sollten sie möglichst schnell und fehlerfrei einbauen können. Die Hersteller investieren auch in die Schulung von Fachkräften. Nur so gelingt es, so viele Wärmepumpen in den kommenden Jahren zu installieren.
Nicht kleinzukriegen: Gaskessel
2022 hatten Gaskessel noch einen Marktanteil von 60 Prozent – und das im Jahr der Gaskrise mit den höchsten Preisen. Das zeigt, so leicht wird es nicht sein, Gaskessel aus dem Markt zu verdrängen.
Gas-Brennwertkessel sind auch noch nicht von der Messe verschwunden. Einige Aussteller der ISH 2023 haben sie als Teil einer Hybrid-Lösung in Kombination mit Wärmepumpen für Gebäude im Bestand gezeigt. Sie sollen die Angst nehmen, dass die Wärmepumpe alleine nicht reicht, um die Wohnung oder Haus zu heizen. Mich erinnert das an die Reichweiten-Angst bei Elektroautos – Kunden greifen oft doch lieber zu Hybrid- statt zu reinen E-Autos. In dieser Kombination sind Gaskessel auch ab dem kommenden Jahr noch zulässig, da sie nur die Spitzenlast abdecken.
Auffällig war bei den ausgestellten Gaskesseln das Label „H2-Ready“. Dieses soll zeigen, dass sie für einen Anteil von 20 Prozent Wasserstoff im Gasnetz vorbereitet sind. Für viele Kunden ist das sicher ein Kaufargument, sie hoffen auf eine Zukunft mit Wasserstoff. Kessel, die 100 Prozent Wasserstoff nutzen können, soll es ab 2025 oder 2026 geben. Ob es diese Zukunft im Wärmesektor geben wird, ist aber fraglich. Nach Angaben der Industrie dient Wasserstoff in ihrer Strategie zur Absicherung der Klimaziele.
Systemlösungen: Photovoltaik und Wärmepumpen
Die Zukunft mit erneuerbaren Energien und Wärmepumpen ist da wahrscheinlicher. Ein intelligentes Energiemanagement verknüpft den Strom- und Wärmebedarf im Haushalt, die Gewohnheiten der Nutzer und den Wetterbericht so, dass ein möglichst hoher Anteil des Energiebedarfs durch die Photovoltaikanlage gedeckt wird. Ein zusätzlicher Batteriespeicher speichert den überschüssigen Strom und erhöht so die Nutzung des Solarstroms.
Das Prinzip ist nicht neu, schon 2017 haben Aussteller wie Stiebel-Eltron und Waterkotte solche Lösungen gezeigt. Was sich verändert hat, ist die Unabhängigkeit vom Hersteller der PV-Anlage und Wechselrichter. Neu ist zum Beispiel bei Stiebel-Eltron die Ertragsprognose aus der Wettervorhersage und die Einbeziehung der thermischen Speicherfähigkeit des Systems, des individuellen Stromverbrauchs im Haushalt und des tatsächlichen PV-Überschusses. Andere Hersteller, wie Viessmann, setzen auf eigene Systeme im Energiemanagement.
Die neuen Funktionen gehen mittlerweile weit über das Label “SG-Ready” hinaus, das mittlerweile keine Rolle mehr spielt. Von einem Smart-Grid sind wir heute immer noch weit entfernt.
Neu auf dem Wärmemarkt: Batteriespeicher
Batteriespeicher auf der Heizungsmesse, das klingt noch wie ein Fremdkörper oder wie jemand, der sich verlaufen hat. Aber ihre Präsenz zeigt, wie die Bereiche Wärme und Strom zusammenwachsen. Sie sind Bestandteil der Systemlösung mit der Photovoltaikanlage, genauso wie die Wärmepumpe und die Wallbox.
Der Vertrieb von Batteriespeichern eröffnet ganz neue Märkte für die Branche. Schließlich haben gewerbliche Batteriespeicher ein breites Spektrum an Anwendungen und können mit vielen weiteren Nutzen verkauft werden. In diesem Sinn hat Buderus einen modularen Batteriespeicher mit Energiemanagement für Gewerbe und Industrie vorgestellt
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Fazit: Fit für Wärmepumpen-Zeitalter
Die Heizungsbranche zeigt sich gerüstet für das Zeitalter der Wärmepumpen. Das ist das Zeichen, das von der ISH 2023 ausgehen soll. Aber davon abgesehen habe ich wenig mutige, neue Lösungen gesehen. Wärmenetze waren kaum ein Thema, genauso wie innovative Wärmespeicher. Dabei werden Kommunen, als Ergebnis der kommunalen Wärmeplanung, in Zukunft mehr lokale Wärmenetze entwickeln. Wärmespeicher, wie der Eisspeicher, und alternative Wärmequellen, wie Abwasser und Abwärme, sorgen zudem für mehr Effizienz der Wärmepumpen.
Warst du auch auf der ISH 2023? Was ist dein Eindruck von den Entwicklungen der Heizungsbranche?