Eisspeicher als Wärmequelle für die Heizung
Ein ungedämmter Speicher, in dem das Wasser gefriert, soll als idealer Wärmespeicher für Wärme aus erneuerbaren Energien oder Abwärme dienen? Klingt sehr merkwürdig oder sogar unvorstellbar? Aber ein Eisspeicher, wie er genannt wird, ist ein guter Langzeitspeicher für Wärme und somit geeignet, Wärme aus erneuerbaren Energien auch in der Heizperiode zu nutzen.
In diesem Beitrag zeige ich, wie Eisspeicher und eine dazu passende Heizung funktionieren, erkläre die Vor- und Nachteile und wann sich diese Technologie lohnt.
Inhalt
Was ist ein Eisspeicher?
Ein Eisspeicher ist kein Eisblock, der Wärme aufnimmt. Es handelt sich um einen großen Wassertank aus Kunststoff oder eine Zisterne aus Beton. Der Speicher wird im Erdreich in bis zu vier Metern Tiefe vergraben. Das darin gespeicherte Wasser hat eine Temperatur von 0 bis 30 Grad Celsius. Aufgrund dieser geringen Wassertemperatur benötigt der Speicher keine Dämmung. So kann er Umgebungswärme aufnehmen und selbst wenn die Temperatur des Wassers unter den Gefrierpunkt sinkt, kann das System weiter Energie gewinnen.
Ein Wärmespeicher hat dagegen ein höheres Temperaturniveau von 60 bis 95 Grad Celsius. Damit er möglichst wenig Wärme verliert, muss er aufwändig gedämmt werden. Soll die Wärme über einen längeren Zeitraum gespeichert werden, muss der Wärmespeicher ein entsprechendes Volumen haben. In Gebäuden ist selten der dafür erforderliche Platz vorhanden.
Wie funktioniert ein Eisspeicher?
Im Eisspeicher befindet sich ein langes Kunststoffrohr, das als Wärmetauscher dient. Darin zirkuliert ein Gemisch aus Wasser und Frostschutzmittel (Sole). Dieses Gemisch entzieht dem gespeicherten Wasser die Wärme und gibt die erwärmte Flüssigkeit an die Wärmepumpe ab. Diese bringt das Wasser für Heizung und Warmwasser auf das benötigte Temperaturniveau.
Durch die Entnahme von Wärme kühlt sich das gespeicherte Wasser ab, bis es Null Grad erreicht. Dann beginnt es im Speicher zu frieren. Bei diesem Prozess des Phasenwechsels, von flüssig zu fest, wird eine enorme Menge Energie freigesetzt, die Kristallationswärme. Mit ihr könnte man das Wasser von 0 Grad auf 80 Grad erhitzen. Diese Energie nimmt die Wärmeträgerflüssigkeit in der Rohrleitung auf und gibt sie als Wärme an das Heizsystem ab.
Eine zweite Rohrleitung im Eisspeicher dient zur Regeneration des Eisspeichers. Sie gibt die Wärme aus einem Solarabsorber, einer einfachen Solarthermie-Anlage ohne Dämmung, an das Wasser im Speicher ab und erwärmt es wieder. Zusätzlich nimmt der Speicher die Wärme des umgebenden Erdreichs auf. Der Prozess der Abkühlung und Regeneration beginnt wieder von vorn und lässt sich beliebig oft wiederholen.
Auch die Wärme des Abwassers oder Flusswassers und die Abwärme aus technischen Anlagen kann für die Regeneration genutzt werden.
Kühlen mit Eisspeicher
Bei steigenden Temperaturen im Sommer müssen wir uns zunehmend um die Kühlung von Gebäuden Gedanken machen. Die hier vorgestellte Technologie hat den Vorteil, dass sie für Heizung und Kühlung eingesetzt werden kann.
Die niedrige Temperatur im Eisspeicher können wir für die Kühlung oder Klimatisierung des Gebäudes im Sommer verwenden. Dies trägt zusätzlich zur Regenerierung des Speichers bei und verbessert den Wirkungsgrad des Systems.
Vergleich mit anderen Wärmepumpen-Systemen
Der Eisspeicher ist eine Wärmequelle für die Wärmepumpe, alternativ zu den klassischen Wärmequellen.
Grundwasser als Wärmequelle ist sehr aufwändig und teuer. Für die Tiefbohrungen von rund 100 Metern ist eine Genehmigung erforderlich. Zusätzlich wird eine starke Pumpe zur Förderung des Grundwassers an die Oberfläche benötigt. Wirtschaftlich sinnvoller sind Bohrungen mit einer Tiefe von 25 bis 30 Meter.
Weniger Aufwand erfordert die oberflächennahe Erdwärme mit Kollektoren. Hier wird ein Rohrsystem, ähnlich einer Fußbodenheizung, ca. 1,5 Meter unter der Erdoberfläche verlegt. Der Nachteil: für die Kollektoren wird eine große Fläche benötigt. Für die Erdkollektoren ist keine Genehmigung notwendig, aber sie sind anzeigepflichtig.
Die Außenluft als Wärmequelle ist leicht zu erschließen. Man sollte nur auf die Lautstärke des Ventilators zur Ansaugung der Luft achten. Diese Wärmequelle hat bei niedrigen Außentemperaturen den schlechtesten Wirkungsgrad und verbraucht genau in der Zeit den meisten Strom, wenn der Wärmebedarf am höchsten ist.
Wärme aus Solarthermie- oder PVT-Kollektoren kann auch als Wärmequelle dienen. Sie wird entweder direkt in den Heizkreis eingespeist oder eine Wärmepumpe nutzt die Wärme eines Pufferspeichers, um das benötigte Temperaturniveau zu erreichen. Hierfür sind entsprechend große Speicher erforderlich. Diese Kombination habe ich schon im Text über PVT-Kollektoren beschrieben. Ein Neubaugebiet in Tirol habe ich als Beispiel in einem weiteren Text vorgestellt. PVT-Kollektoren sind eine hervorragende Wärmequelle für Eisspeicher.
Weitere Details zu den unterschiedlichen Wärmequellen von Wärmepumpen werden im Blog haustechnikverstehen.de erklärt.
Vor- und Nachteile eines Eisspeichers
Vorteile | Nachteile |
Es ist keine Dämmung notwendig | Der Bau erfordert große Investitionen |
Durch Einbau im Erdreich benötigt der Speicher oberirdisch keinen Platz | Der Aushub der Baugrube für den Speicher/die Zisterne ist groß |
Eine aufwändige Tiefbohrung ist nicht notwendig | Der Materialaufwand für die Rohrleitungen ist sehr hoch |
Er eignet sich für Heizung und Kühlung | Eine Montage ist sehr aufwändig |
Die Regeneration kann beliebig oft wiederholt werden | Er ist nur für Gebäude mit verhältnismäßig geringem Energiebedarf geeignet |
Wann lohnt sich ein Eisspeicher?
Für Gebäude mit einem geringen Bedarf an Heizwärme, also Gebäude mit einer hohen Energieeffizienz, lohnt sich der Einbau eines Eisspeichers. Dabei spielt es keine Rolle, ob es sich um Wohn- oder Nichtwohngebäude handelt.
Besonders energieeffiziente Gebäude können mit einer Flächenheizung mit geringen Vorlauftemperaturen beheizt werden. Dadurch steigt die Effizienz der Wärmepumpe und sie benötigt weniger Strom als Antriebsenergie.
Der Eisspeicher erreicht durch die lange Speicherung, die Nutzung der Umweltwärme und Solarkollektoren eine hohe Autarkie in der Wärmeversorgung mit erneuerbaren Energien. Damit können Eigentümer oder Betreiber der Gebäude ihre Treibhausgasemissionen deutlich verringern.
Wie viel kostet ein Eisspeicher?
Die Investitionskosten für einen Eisspeicher hängen von dem Heizenergiebedarf und der Größe des Gebäudes ab. Bei einem Einfamilienhaus muss man alleine für den Speicher mit 10.000 bis 15.000 Euro rechnen. Hinzu kommen Kosten für die Erdarbeiten, den Einbau sowie den Anschluss des Speichers, für die Wärmepumpe und die Solarkollektoren. Für die gesamten Kosten muss man demnach mit 25.000 bis 50.000 Euro rechnen.
Bei größeren Projekten, wie Quartieren oder Siedlungen, ist die gemeinsame Nutzung eines Speichers ein großer Vorteil. Durch eine größere Dimensionierung fallen für die einzelnen Teilnehmer oder Eigentümer deutlich geringere Kosten an.
Der sehr hohen Investition stehen geringe Betriebskosten gegenüber. Im Vergleich zur Nutzung der Außenluft als Wärmequelle reduzieren sich die Stromkosten aufgrund der höheren Effizienz der Wärmepumpe deutlich.
Förderung für Eisspeicherheizungen
Eine direkte Förderung für Wärmespeicher oder speziell für Eisspeicher gibt es nicht. Unterstützung bekommen Eigentümer und Bauherren für die Sanierung eines Hauses zum Effizienzhaus, sowie für einzelne Komponenten im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) bei der Bundesanstalt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA). Die Zuschüsse betragen mit einem Fördersatz von
- bis zu 40 % für die Wärmepumpe
- 25 % für die Solarkollektoren
- 25 % für den Anschluss an ein Gebäude- oder Wärmenetz
Projektbeispiele
Nach der Theorie stelle ich einige Projekte vor, die die Technologie des Eisspeichers bereits nutzen. Wohnungsgesellschaften haben bisher verschiedene Erfahrungen gemacht.
Eisspeicher für Wohngebäude in Rostock
Das Wohnungsunternehmen WIRO Wohnen in Rostock Wohnungsgesellschaft mbH hat 2021 mit dem Bau eines zweiten Eisspeichers im Innenhof eines Häuserblocks begonnen. 140 Wohnungen in Rostock-Reutershagen erhalten inzwischen ihre Wärme aus Wärmepumpen, die diese innovative Wärmequelle nutzen. Thermische Solaranlagen sorgen für die Regeneration des Speichers. Ein Gaskessel wird nur noch für die Spitzenlast an kalten Tagen benötigt. Diese Form der Wärmeversorgung reduziert die CO2-Emissionen um 65 Prozent.
Gemeinde Gutach
Bericht im SWR vom Mai 2022 über eine Neubausiedlung in Gutach, Baden-Württemberg.
Integrative Schule Schweich
Das Klimaschutzministerium Rheinland-Pfalz fördert den Einbau der innovativen Eisspeicher-Technologie für das “Integrative Schulprojekt Schweich” im Landkreis Trier-Saarburg. Zu dem System gehören Luft-/Wärmekollektoren, der Eisspeicher und die Wärmepumpen. Letztere nutzen unter anderem selbst erzeugten Strom aus der Photovoltaikanlage vom Dach des Schulgebäudes.
Firmengebäude der Planungsgruppe Schnepf in Nagold
Das eigene Unternehmensgebäude als Referenzprojekt – ideal für ein Planungsbüro der Energietechnik. Das Firmengebäude der Schnepf Planungsgruppe unterstreicht die praxisorientierte Einstellung des Unternehmens, das nachhaltige Energiekonzepte für die Zukunft entwickelt. Neben der PV-Anlage mit 50 kWp Leistung, sorgt ein Solar-Eisspeicher-System für eine autarke Energieversorgung. Dieses System versorgt das Gebäude im Winter mit Heizenergie und kühlt es im Sommer.
Fazit
Die Technologie des Eisspeichers ist nicht neu. Es gibt zahlreiche Projekte, die schon seit vielen Jahren fertiggestellt sind. Doch die Ausgangssituation hat sich in den letzten Jahren geändert. Der Druck, eine klimafreundliche Wärmeversorgung zu realisieren, steigt immer weiter. Hinzu kommt eine veränderte wirtschaftliche Ausgangslage, fossile Energieträger sind so teuer wie noch nie. Das alte Niveau werden wir auch in Zukunft vermutlich nicht mehr erreichen.
Der Eisspeicher löst das Problem der Wärmespeicherung aus erneuerbaren Energien und kann damit einen wichtigen Beitrag zu einer emissionsfreien Wärmeversorgung leisten.
Solche Technologien zur Wärmespeicherung und -versorgung mit niedrigen Temperaturen, wie die kalte Nahwärme bieten neue Möglichkeiten zur Heizung mit erneuerbaren Energien.
Haben Sie Interesse an mehr Beiträgen zum Thema klimaneutrale Wärme? In dieser Kategorie finden Sie weitere passende Texte aus dem Blog und im Newsletter informiere ich jeden Monat über neue Texte.