Agriphotovoltaik: Landwirtschaft und Photovoltaik auf einer Fläche
Aktualisierung des Beitrags vom 29. April 2021
Moderne Photovoltaikanlagen lassen sich heute an verschiedene Einsatzgebiete anpassen. Neben Parkplätzen, die mit PV-Anlagen kombiniert werden, ist die Agriphotovoltaik ein gutes Beispiel für eine Doppelnutzung der Flächen.
Agriphotovoltaik ist die Kombination aus der gleichzeitigen Nutzung einer Fläche für die Landwirtschaft und für die Stromerzeugung mit Photovoltaik. Die PV-Anlagen werden dabei an die unterschiedlichen Nutzungsarten der Landwirtschaft angepasst.
Dieser Text stellt die Technologie, ihre Möglichkeiten und Beispiele aus der Praxis vor.
Inhalt
- Ausgangslage Ausbau der Photovoltaik
- Agriphotovoltaik verbindet Stromerzeugung und landwirtschaftliche Nutzung
- Potenzial der Agriphotovoltaik in Deutschland
- So kann die Agriphotovoltaik in der Praxis aussehen
- Rechtliche Fragen der Agriphotovoltaik
- Wirtschaftlichkeit und Förderung der Verbindung von PV und Agrar
- Betreiber- und Geschäftsmodelle für Agriphotovoltaik
- Akzeptanz der Agriphotovoltaik
- Fazit
Ausgangslage Ausbau der Photovoltaik
Bislang sind in Deutschland Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von knapp 78 GW installiert. Die Zeichen für einen deutlichen Anstieg der neu installierten Anlagenleistung in den kommenden Jahren stehen günstig.
Für eine klimaneutrale Energieversorgung mit 100 Prozent erneuerbaren Energien benötigen wir mindestens die zehnfache Leistung an installierten Photovoltaikanlagen. Die Angaben in Studien schwanken zwischen 530 GW (Fraunhofer ISE Studie “Wege zu einem klimaneutralen Energiesystem”) und 800 GW (Handbuch Klimaschutz im Sonnenszenario).
Die Bundesregierung plant mit jährlichen Ausbauraten der Solaranlagen von 22 GW und einer installierten Leistung von 215 GW bis 2030.
Besonders Dachflächen sind zur Installation der Anlagen geeignet, da diese Flächen ohnehin versiegelt sind und der Weg zum Verbraucher kurz ist. Laut Handbuch Klimaschutz haben Dachflächen ein Potential von 200 GW und Fassaden von 100 GW. Die Stiftung Klimaneutralität kommt auf ein Potential von 400 GW Photovoltaik auf Dachflächen und 320 GW an Fassaden. Diese große Differenz zeigt, wie schwierig es ist, das Potential der Photovoltaik abzuschätzen. Hinzu kommt die Flächenkonkurrenz auf dem Dach mit anderen Technologien, z. B. Lüftungs- und Klimaanlagen, Mobilfunkmasten etc.
Die Zahlen für den Bedarf an Photovoltaikanlagen zeigen aber auch, dass wir uns nicht alleine auf die gebäudeintegrierten Anlagen verlassen können. Um die oben genannten Ziele zu erreichen, müssen wir auch andere Flächen für Photovoltaikanlagen nutzen.
Ohne Photovoltaik-Freiflächenanlagen wird es daher nicht gehen. Das Potenzial für Photovoltaikanlagen auf diesen Flächen liegt, nach den bereits genannten Studien, zwischen 200 und 300 GW.
Doch häufig kommt es bei der Installation auf Freiflächen zum Streit. Ein Argument: Die Flächen werden der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen und Bau- und Infrastrukturmaßnahmen beanspruchen ebenfalls viel Raum.
Aus diesem Grund fordern landwirtschaftliche Betriebe, dass die Energiewende nicht zu Lasten landwirtschaftlicher Nutzflächen gehen darf. Nur landwirtschaftlich unbedeutende und wenig Ertrag versprechende Flächen sollten für Photovoltaikanlagen genutzt werden. Dabei sind die Nutzungsmöglichkeiten der Photovoltaik inzwischen viel ausgereifter.
Agriphotovoltaik verbindet Stromerzeugung und landwirtschaftliche Nutzung
Eine neue Art der Flächennutzung verbindet die Stromerzeugung mit Photovoltaik mit der landwirtschaftlichen Nutzung auf einer Fläche. Praktisch kombiniert man hier Photovoltaik und Photosynthese. Diese Art der doppelten Nutzung wird daher Agriphotovoltaik, Agrophotovoltaik oder Agrarphotovoltaik genannt. Im folgenden Text beschränke ich mich auf den meist genutzten Begriff Agriphotovoltaik oder Agri-PV.
Die Art der Montage der Photovoltaik-Anlage passt sich dabei an die Art der landwirtschaftlichen Nutzung an. So wird eine extensive Beweidung z. B. zwischen einzelnen senkrecht stehenden Modulreihen möglich. Werden Felder intensiv bewirtschaftet, werden die einzelnen PV-Module entsprechend hoch aufgeständert.
Die Definition von Agri-PV fällt unterschiedlich aus. Hilfreich sind diese Abgrenzungsmerkmale zu konventionellen PV-Anlagen, die im Rahmen einer Publikation für eine Dissertation entstanden sind:
- Landwirtschaftliche Nutzfläche bleibt erhalten
- Schutzfunktion durch höhere Aufständerung
- Nahrungsmittelproduktion statt Extensivierung
- Beitrag zur Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel
- Steigerung der Landnutzungsrate
Vor- und Nachteile der Agriphotovoltaik
Vorteile | Nachteile |
Höhere Flächeneffizienz durch die Kombination der Nutzungen auf einer Fläche | Höherer Aufwand für Landwirte |
Schutz der Kulturen vor Witterungseinflüssen, wie Starkregen, Hagel, Frost, extremer Sonneneinstrahlung | Veränderung des Landschaftsbildes (z. B. durch sehr hohe Aufständerung) |
Geringere Verdunstung durch Schatten, dadurch weniger Austrocknung des Bodens | Mehrkosten bei höherer Aufständerung |
Zusätzliche Einnahmen durch Stromverkauf bzw. Kostenersparnis durch Eigenverbrauch des Stroms | Notwendigkeit der Änderung des Flächennutzungsplans |
Kosteneinsparung durch Wegfall von Hagelschutznetzen oder Folientunneln | Komplexere Geschäftsmodelle als bei konventionellen Freiflächenanlagen |
Eventuell Kühlung der Module durch die Pflanzen |
Potenzial der Agriphotovoltaik in Deutschland
Nachdem ich den Bedarf für die Leistung von installierten Photovoltaikanlagen angegeben habe, bleibt die Frage, welchen Anteil die Agriphotovoltaik decken kann. Das Fraunhofer ISE ist sehr optimistisch und schätzt das technische Potenzial in Deutschland alleine für hoch aufgeständerte Anlagen auf 1,7 TW. Hier ist die Stiftung Klimaneutralität mit ihrem Wert von 130 GW auf einem Prozent der landwirtschaftlichen Fläche vielleicht realistischer.
In ihrem Leitfaden zur Agri-Photovoltaik in Deutschland gibt das Fraunhofer ISE an, dass nur vier Prozent der deutschen Ackerflächen ausreichen würden, um den gesamten Strombedarf bilanziell zu decken. Dies ist aus energetischer Sicht zudem deutlich effizienter als Energiepflanzen (z. B. Raps) anzubauen. Letzteres nimmt aktuell rund 14 Prozent der Ackerflächen ein.
So kann die Agriphotovoltaik in der Praxis aussehen
Es gibt weltweit bereits zahlreiche Projekte, die ganz unterschiedlich umgesetzt sind. Auch in Deutschland hat die doppelte Flächennutzung bereits das Forschungsstadium verlassen und wird kommerziell genutzt. Im Folgenden zeige ich verschiedene Möglichkeiten, sortiert nach der Anordnung der Photovoltaikmodule.
Große Abstände zwischen Modulreihen
Die einfachste Möglichkeit: Die Abstände der Modulreihen einer Photovoltaik-Freiflächenanlage werden vergrößert, um die Flächen zwischen den Reihen extensiv bewirtschaften zu können. Als Nutzung kommen Weideflächen oder Mähwiesen infrage.
Größere Abstände erhöhen zusätzlich die Artenvielfalt auf dem Gelände. Dies hat eine Untersuchung für die Studie “Solarparks – Gewinne für die Biodiversität” ergeben. Es siedeln sich mehr Insekten, Reptilien und Brutvögel auf diesen Flächen an.
Diese Variante fällt unter die bodennahe Aufständerung nach DIN SPEC 91434, Kategorie II, mit einer Höhe von bis zu 2,10 Metern.
Aufgeständerte Modulreihen in mittleren Höhen
In Verbindung mit dem Obstbau, vor allem für Spalierobst oder Wein, bietet es sich an, die oft genutzten Folientunnel durch eine Abdeckung mit Photovoltaikmodulen zu ersetzen. So finden die Pflanzen bessere Wachstumsbedingungen vor, sind geschützt vor extremen Wetterereignissen und haben gleichzeitig ein stabiles Klima für ihr Wachstum. Dies beweisen Ergebnisse einer Untersuchung in den Niederlanden.
Weitere mögliche Varianten der Nutzung sind Acker- und Gemüsekulturen, Ackerfutter oder Wechselgrünland, die keine Bewirtschaftung durch große Maschinen benötigen.
Die Module befinden sich meist in einer Höhe von mehr als 2,10 Metern, entsprechend DIN SPEC 91434, Kategorie I.
Aufgeständerte Modulreihen in größerer Höhe
Eine optimale Nutzung der Fläche lässt sich mit aufgeständerten Modulen in größerer Höhe erzielen. Die Höhe variiert dabei, je nach Bewirtschaftung, angepflanzten Kulturen und benötigten Maschinen.
Für den Obstbau können Höhen von drei bis vier Metern ausreichen. Bei Ackerflächen ist hingegen eine Aufständerung von sechs Metern Höhe notwendig, damit genügend Raum für die landwirtschaftlichen Nutzfahrzeuge, wie Traktoren oder Mähdrescher, vorhanden ist. Es gibt auch Hopfen-Plantagen mit PV-Modulen in einer Höhe von sieben Metern.
Bei den hoch aufgeständerten Modulen nach DIN SPEC 91434, Kategorie I, befinden sich die Module mindestens in einer Höhe von 2,10 Metern über dem Boden
Bei der nahezu waagerechten oder nur leicht geneigten Anordnung der Photovoltaikmodule kommen bifaciale Solarpaneele zum Einsatz. Diese haben den Vorteil, dass sie auch die reflektierte Strahlung auf der Rückseite nutzen. Dadurch kann der Ertrag der Stromerzeugung um bis zu 25 Prozent höher ausfallen.
Senkrechte Anordnung der Module
Eine ganz neue Art der Agriphotovoltaik hat die Next2Sun GmbH entwickelt. Sie stellen die Module senkrecht auf, vergleichbar mit einem hohen Zaun. Dabei verwenden sie ebenfalls bifaciale Glas-Glas-Module, die das Sonnenlicht auf beiden Seiten der Module nutzen können. Die Module sind in einer Pfosten-Riegel Konstruktion befestigt und auf hohe statische Lasten (z. B. durch Starkwind) ausgelegt.
Zwischen den Modulreihen bleibt genügend Raum für die landwirtschaftliche Nutzung als Weidefläche, Wiese oder auch Ackerfläche. Der Zwischenraum ist breit genug für landwirtschaftliche Maschinen und die Anschlüsse der Module werden gegen Kabelbiss durch Weidetiere gesichert.
Die senkrechte Anordnung der bifacialen Module und ihre Ausrichtung nach Osten und Westen ermöglichen eine Stromerzeugung vor allem in den Morgen- und Abendstunden. Sie weisen somit ein netzdienliches Einspeiseprofil auf und können höhere Erlöse erzielen.
Für dieses innovative Konzept mit erneuerbarer Stromerzeugung und nachhaltiger Landwirtschaft hat Next2Sun den Deutschen Solarpreis 2020 erhalten.
Kombination der Landwirtschaft mit Photovoltaik
Durch die doppelte Nutzung ist es möglich, die Flächen effizienter zu nutzen als bei einzelnen Flächennutzungen. Es verringern sich zwar der Ertrag der landwirtschaftlichen Nutzung und der Photovoltaikanlage auf jeweils ca. 80 Prozent. Aber in der Summe ist die Ausnutzung bei gleich großer Fläche deutlich höher als bei der einzelnen Anwendung.
Ein weiterer Vorteil dieser Art der Agriphotovoltaik ist der Schutz der Pflanzen vor Wettereinflüssen. Denn die Module schützen vor übermäßiger Sonneneinstrahlung, vor Austrocknung des Bodens, Hagelschäden, Starkregen und Frost und können damit andere Schutzeinrichtungen, wie Hagelschutzfolien und Folienüberdachung ersetzen. Für viele Pflanzen ist das Klima unter den Modulen besser für ihr Wachstum im Vergleich zum freien Feld.
Agri-PV Anlagen werden mit einer starren Unterkonstruktion und mit ein- oder zweiachsig beweglichen Konstruktionen zur individuellen Ausrichtung errichtet.
Rechtliche Fragen der Agriphotovoltaik
Die Funktionsweise der Agriphotovoltaik klingt sehr einleuchtend und scheint einige praktische Vorteile mit sich zu bringen. Für Landwirte ist wichtig, dass die nutzbare Fläche sich durch die PV-Anlage um weniger als 15 Prozent verringert. Dann bleibt die Förderung der Landwirtschaft weiterhin erhalten.
Da die Anlagen in einem räumlich funktionalen Zusammenhang mit einem Landwirtschafts-, Forst- oder Gartenbaubetrieb stehen, ist keine Änderung des Bebauungsplans erforderlich. Die Anlage gilt nach § 35 Baugesetzbuch bis zu einer Fläche von 2,5 Hektar als privilegiertes Vorhaben. Planer müssen dennoch die Rahmenbedingungen der Raumordnung einhalten und Träger öffentlicher Belange oder Bauleitplanverfahren einbeziehen. Sie müssen sich auch um eine Baugenehmigung kümmern.
Wenn die genannten rechtlichen Hürden geklärt sind, gilt es, das Energierecht zu beachten. Dazu gehören beispielsweise die Prüfung des Netzanschlusses und die Anmeldung des Anlagenzertifikates. Diese rechtlichen Themen der Agriphotovoltaik werden im BBH-Blog vorgestellt.
Im Solarpaket 1 plant die Bundesregierung eine Duldungspflicht für den Netzanschluss einzuführen. Landwirtschaftliche Flächen liegen oft in größerer Entfernung zur nächsten Anschlussmöglichkeit an das Stromnetz. Eigentümer von Grundstücken zwischen der Agri-PV-Anlage und dem Netzanschlusspunkt müssen die Verlegung und Instandhaltung der Leitungen von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien an den Verknüpfungspunkt dulden.
Wirtschaftlichkeit und Förderung der Verbindung von PV und Agrar
Die Verbindung von Photovoltaik und landwirtschaftlicher Nutzung ist bereits heute wirtschaftlich konkurrenzfähig. Nach Angaben des Agri-PV Leitfadens der Fraunhofer ISE (Abb. 35) liegen die Stromgestehungskosten zwischen 6 und 11 Cent je KWh für Anlagen in einer Höhe von über vier Metern für darunterliegenden Ackerbau. Bei Agri-PV Anlagen im Gartenbau auf einer Höhe von ca. 2,5 m liegen sie zwischen 5 und 10 Cent je kWh und bei bodennahen Anlagen zwischen 4 und 8 Cent je kWh. Damit liegen die Kosten höher als bei normalen Freiflächenanlagen und eher im Bereich von kleinen Dachanlagen.
Betreiber erhalten eine feste Einspeisevergütung für den Solarstrom bei Anlagen bis zu einer installierten Leistung von 1 MW und bei Anlagen von Bürgerenergiegesellschaften mit einer installierten Leistung von bis zu 6 MW.
Bei größeren Anlagen muss die Vergütung durch eine Ausschreibung der Bundesnetzagentur ermittelt werden. Für aufgeständerte Anlagen mit einer lichten Höhe von mindestens 2,10 Meter erhalten die Betreiber einen Zuschlag von
- 1,2 Cent pro kWh, wenn sie den Zuschlag im Jahr 2023 erhalten haben,
- 1,0 Cent pro kWh für den Zuschlag in 2024,
- 0,7 Cent pro kWh für den Zuschlag in 2025 und
- 0,5 Cent pro kWh für den Zuschlag in den Jahren 2026 bis 2028.
Eine weitere Fördermöglichkeit bietet das Bundesprogramm zur Steigerung der Energieeffizienz und CO2-Einsparung in Landwirtschaft und Gartenbau. Es unterstützt unter anderem die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien für Landwirtschaft und Gartenbau.
Betreiber- und Geschäftsmodelle für Agriphotovoltaik
Betreiber der Agri-PV-Anlagen haben verschiedene Möglichkeiten den Strom zu nutzen:
- Eigenverbrauch: Sie können den Strom für ihren eigenen Bedarf nutzen und sparen dadurch den Bezug von Strom aus dem Netz.
- Einspeisung: Bei der Einspeisung von Strom in das Netz erhalten die Betreiber eine Einspeisevergütung nach EEG oder Erlöse aus der Direktvermarktung des Stroms an der Börse. Für größere Anlagen ab 1 MW ist die Teilnahme an einer Ausschreibung der Bundesnetzagentur vorgeschrieben.
- Liefervertrag: Alternativ kann auch ein Stromliefervertrag, auch bekannt als PPA (Power-Purchase-Agreement), attraktiv für die Vermarktung des Stroms sein.
Eine wichtige Frage für die Wirtschaftlichkeit ist die Zusammensetzung der Projektbeteiligten, die bei der Agriphotovoltaik sehr komplex sein kann.
Im Idealfall ist der landwirtschaftliche Betrieb Eigentümer der Fläche und Betreiber der PV-Anlage. Dieses Modell hat zahlreiche Vorteile, wie eine geringere Anzahl an Akteuren und die Möglichkeit zum Eigenverbrauch des erzeugten Stroms.
Andere Fälle sind aufwändiger.
- Oft ist die landwirtschaftliche Fläche gepachtet und damit muss ein Pachtvertrag mit dem Eigentümer abgeschlossen bzw. an die zusätzliche Nutzung angepasst werden.
- Größere PV-Anlagen benötigen einen externen Investor und eventuell auch einen externen Betreiber.
- Mehr beteiligte Akteure bedeuten mehr Verträge und Abstimmungsprozesse, um den Erfolg beider Produktionsebenen (Landwirtschaft und Strom) im Fokus zu behalten.
Akzeptanz der Agriphotovoltaik
Photovoltaik-Freiflächenanlagen sind oft umstritten. Sie stellen einen nicht unerheblichen Eingriff in das Landschaftsbild dar und beanspruchen in der Regel eine sehr große Fläche. In einigen Fällen geht wertvolles Ackerland verloren. Beides sind keine wünschenswerten Entwicklungen.
Für die Agriphotovoltaik spricht hingegen die Fortsetzung der Landwirtschaft auf der gleichen Fläche. Hilfreich für ihre Akzeptanz in der Bevölkerung ist es, wenn kein ortsfremder Investor das Sagen hat, sondern die Landwirte selbst die Anlage betreiben. Sie sind in der Regel vor Ort gut vernetzt und können für Unterstützung werben.
Die Einbindung der Bürger:innen und Interessengruppen in den Planungsprozess vor Ort ist auf jeden Fall notwendig. So können Konflikte frühzeitig erkannt und behoben, sowie die unterschiedlichen Anforderungen der Energieversorgung und der landwirtschaftlichen Nutzung in Einklang gebracht werden.
Der bereits erwähnte Leitfaden des Fraunhofer ISE nennt ein paar Erfolgsfaktoren, die eine Akzeptanz der Agriphotovoltaik vor Ort positiv beeinflussen können:
- Zubau-Strategie mit Priorisierung bereits versiegelter Flächen und Nutzung von Synergien.
- Produktion von Nahrungsmitteln und Energie ohne einseitige Optimierung der Stromerzeugung und Einbindung in die dezentrale Energieversorgung
- Integration in die Erholungs- und Kulturlandschaft mit Mindestabständen zu Wohngebieten und Integration in das lokale Landschaftsbild unter Berücksichtigung von Nah- und Fernerholungsangeboten
- Ökologischer Beitrag mit Erosionsschutzstreifen oder Korridorbiotopen für den Erhalt und die Verbesserung der Biodiversität in der Landwirtschaft
Hinzu kommt noch die Berücksichtigung der Bürgerinteressen und kommunaler Anliegen bei der Planung.
Als positives Beispiel für die Einbindung der Bürgerinnen und Bürger bin ich auf die Stadt Friedrichshafen am Bodensee gestoßen. Sie bietet Informationen zu Agri-PV und Beteiligungsmöglichkeiten auf einer Infoveranstaltung und im Web. Dort sucht sie aktiv nach Flächen für den kommunalen Ausbau der Solarenergie.
Wichtig ist, dass bei der Agri-PV eine orts- und regionaltypische landwirtschaftliche Hauptnutzung der jeweiligen Flächen gewährleistet bleibt. Die wirtschaftlich dominante Solarstromerzeugung erfordert Regelungen zur Stärkung der Landwirtschaft in diesem Gespann. Das wäre ein wichtiger Beitrag zur lokalen Akzeptanz dieser Technologie. Um dies sicherzustellen, arbeitet der neue Verband für nachhaltige Agri-PV (VnAP) an der Etablierung einer strengen, zielführenden und differenzierten Definition von Agri-PV und einer klaren Abgrenzung zu konventioneller Freiflächen-PV in allen relevanten Regelwerken.
Haben Sie Interesse an mehr Beiträgen zum Thema Photovoltaik? In der Kategorie „Photovoltaik“ dieses Blogs finden Sie weitere Texte und im Newsletter informiere ich jeden Monat über neue Texte.
Fazit
Wir müssen die Solarstromnutzung viel weiter ausbauen, um die gesetzten Klimaschutzziele zu erreichen. Dachflächen und Fassaden der Gebäude reichen für dieses große Ziel nicht aus. Eine Nutzung weiterer Flächen ist unbedingt notwendig. Dabei können Agri-PV Anlagen günstiger als Dachanlagen auf privaten Einfamilienhäusern realisiert werden.
Die Agriphotovoltaik bietet die Chance, das knappe Gut Fläche optimal zu nutzen und zwei verschiedene Ernten auf einer gemeinsamen Fläche “einzufahren” – mit ganz unterschiedlichen Konzepten. Solarmodule bieten zudem einen zusätzlichen Schutz der Pflanzen vor extremen Witterungseinflüssen. Die Agri-PV ist damit eine innovative Möglichkeit zur Anpassung der Landwirtschaft an den Klimawandel.
Für eine erfolgreiche Umsetzung ist es jedoch wichtig, alle Akteure frühzeitig in die Planung einzubeziehen. Dann können Projekte der Agriphotovoltaik erfolgreich umgesetzt werden.
Hallo Herr Andreas Kühl,
Können Sie mir Quellen für die Aussage, dass für viele Pflanzen das Klima unter den Modulen besser für das Wachstum im Vergleich zum freien Feld ist, geben ?
GaLiGrü
Elias
Hallo Elias, diese Aussage bezieht sich auf den Schutz bei extremem Wetter, wie starker Sonneneinstrahlung, Starkregen oder Sturm. Meine Informationen habe ich hauptsächlich aus dem Agri-PV Leitfaden des Fraunhofer ISE.
Herzliche Grüße
Andreas Kühl