Warum das Nutzerverhalten in Häusern mit geringem Energieverbrauch wichtig ist
Energetische Anforderungen an Gebäude werden weiter verschärft. Ab 2021 dürfen in der EU nur noch Fast-Nullenergiehäuser gebaut werden. Dazu kommt der Trend zu Plusenergiehäusern, die von der KfW ab 01.04.2016 gefördert werden und mehr Energie erzeugen als sie verbrauchen. Doch je weniger Energie verbraucht wird, um so mehr steigt der Einfluss der Nutzer auf den Energieverbrauch, besonders für die Heizenergie.
Vom Nutzerverhalten hängt es ab, ob die errechneten Werte für den Verbrauch erreicht werden oder nicht. Das betrifft den Energieverbrauch für Strom, Heizung und Warmwasser.
Inhalt
- Ludmilla-Wohnpark mit Plusenergie-Konzept
- Unsachgemäßes Nutzerverhalten führt zu höherem Energieverbrauch
- Höhe der Nebenkosten interessanter als der Verbrauch
- Möglichkeiten zur Energieeinsparung werden fast nur im Stromverbrauch gesehen
- Wichtig Nutzer für das eigene Verhalten in energieeffizienten Gebäuden zu sensibilisieren
Ludmilla-Wohnpark mit Plusenergie-Konzept
Eine im bayrischen Landshut neu errichtete Wohnsiedlung wurde nach dem Plusenergiehaus-Standard gebaut und anschließend wissenschaftlich begleitet. Das BINE-Projektinfo „Plusenergie-Konzept in Siedlungen getestet“ (01/2016) (pdf-Datei) hat mich auf dieses Projekt aufmerksam gemacht. Es zeigt erste Ergebnisse des Monitorings, der Bewohnerumfrage und der Betriebsoptimierung der Gebäudetechnik.
Die Siedlung umfasst 180 Wohneinheiten verteilt auf 13 Ein- und Zweifamilienhäuser sowie acht Mehrfamilienhäuser. Neben sehr gut gedämmten Gebäudehüllen setzten die Planer auf innovative Gebäudetechnik, um den Plusenergie-Standard zu erfüllen. Die Wärmeversorgung beruht je nach Gebäudegröße auf einem Wärmenetz mit Blockheizkraftwerk und 10.000 Liter fassendem Pufferspeicher oder erdgekoppelten Wärmepumpen in Verbindung mit Fußbodenheizungen. Die Gebäude verfügen über Lüftungsanlagen mit Wärmerückgewinnung. Die Dächer sind größtenteils mit Photovoltaikanlagen bestückt und der vor Ort nicht benötigte Stromüberschuss wird eingespeist.
Im Rahmen des Monitorings untersuchten die Wissenschaftler das Bewohnerverhalten im Umgang mit der innovativen Technik und ermittelten die Einstellungen zum Energiesparen. Zusätzlich boten sie eine Online-Plattform zur Visualisierung der Verbrauchswerte an.
Unsachgemäßes Nutzerverhalten führt zu höherem Energieverbrauch
Das Monitoring der Energieverbräuche zeigt deutlich, dass energieeffiziente Gebäude ihr Potential nur bei richtiger Nutzung ausschöpfen können. Bei einem unsachgemäßen Verhalten der Bewohner wird deutlich mehr Energie verbraucht als geplant. Dies betrifft den Verbrauch von elektrischer Energie und Wärmeenergie.
Gründe für unsachgemäßes Nutzerverhalten, das zu einem höheren Energieverbrauch führt:
- Nutzung der Fenster zur Lüftung anstelle der mechanischen Wohnungslüftung
- zu hohe Temperaturen im Wohnraum
- zu komplexe Bedienung der Heizung und der Lüftungsanlage
Wie die Messungen und Befragungen der Bewohner ergeben hat, wird der Einfluss des eigenen Verhaltens auf den Energieverbrauch als gering eingeschätzt. In der Praxis ist das Verhalten jedoch nicht unerheblich für den Energieverbrauch.
Höhe der Nebenkosten interessanter als der Verbrauch
Der Energieverbrauch ist eigentlich auch relativ uninteressant für die Bewohner, viel wichtiger sind die Nebenkosten insgesamt. Woher die Nebenkosten ist dabei weniger wichtig, nur wenige der Bewohner haben eine Verbindung zwischen Heizkosten und den gesamten Nebenkosten gesehen. Das kann bedeuten, dass auch Erwartungen an niedrige Stromkosten gestellt werden.
Es ist den meisten Bewohnern bewusst, wie die Befragung ergeben hat, dass zu geringen Energiekosten auch ein bewusstes Verhalten gehört. Sie wissen, dass bei falscher Nutzung, Niedrigenergiehäuser den gleichen Verbrauch haben können wie normale Häuser.
Möglichkeiten zur Energieeinsparung werden fast nur im Stromverbrauch gesehen
Doch richtig interessant wird es bei der Frage wo die Bewohner Einsparmöglichkeiten im Energieverbrauch sehen. Die Antworten haben sich fast nur auf den Stromverbrauch bezogen, wie die Reduzierung des Standby-Verbrauchs oder der Kauf von effizienten Elektrogeräten. Energieeffizientes Nutzerverhalten bezieht sich scheinbar nur auf den Stromverbrauch, nicht aber auf die Reduzierung der Heizenergie.
Möglichkeiten zu effizientem Heiz-Verhalten sind vielen Menschen kaum bewusst. Es herrscht der Glaube, dass die gute Dämmung und Haustechnik ausreiche. Auch der Energieeinsatz für die Trinkwasser-Erwärmung wird als unrelevant oder kaum beeinflussbarer Faktor wahrgenommen.
Wichtig Nutzer für das eigene Verhalten in energieeffizienten Gebäuden zu sensibilisieren
Es ist also sehr wichtig die Nutzer für das eigene Verhalten in energieeffizienten Gebäuden mehr zu sensibilisieren. Die energetischen Ziele der Gebäude dürfen nicht durch verschwenderisches oder falsches Verhalten der Bewohner gefährdet werden. Die Technik muss gleichzeitig so gewählt werden, dass es für die Nutzer einfach ist diese zu bedienen.
Nutzer sollten auch die Folgen ihres Verhaltens auf den Energieverbrauch sehen können, z.B. durch Visualisierung. Leider ist dieser Aufwand wieder mit Mehrkosten verbunden, die häufig nicht geleistet werden können.
Wie wird in anderen Projekten der Einfluss der Nutzer minimiert und kann überhaupt Einfluss auf die Nutzer genommen werden?
Sehr geehrter Herr Kühl,
bereits Mitte der 1990er Jahre hat die BASF AG durch eine ihrer ehemaligen Wohnungsgesellschaften (LUWOGE) eine Häuserzeile mit Mietwohnungen sanieren und auf Passivhaus-Standard umrüsten lassen.
Die Spannung war groß wie die Auswertung der ersten Heizperiode ausfallen würde. Das Ergebnis:
rund 15 % der (ca. 50) Wohnungen erreichte den angestrebten Jahresverbrauch von ca. 15 KWh/m².
Die weitere Verteilung erinnere ich nicht mehr, jedoch ganz genau den seinerzeitigen Spitzenreiter, der es vermochte, 352 KW/h/m² pa zu verbrauchen.
Die von Ihnen hier angesprochene Erkenntnis ist also schon sehr alt, und wie von einem Vorredner gesagt, leider nur höchst oberflächlich angerissen. Da bleibt noch Luft nach oben.
Freundliche Grüße
Sehr geehrter Herr Caire,
dass das Thema nicht neu ist glaube ich und ich weiß, dass es bereits ältere Untersuchungen dazu gegeben hat. Doch welche Folgerungen wurden daraus gezogen und was hat sich seitdem verändert? Wie kann man es den Nutzern einfacher machen und das Verhalten in die Planung einbeziehen? Mir ist nicht bekannt, dass es üblich ist das Nutzerverhalten in die Planung einzubeziehen. Ich nehme gerne die Kritik an, dass der Beitrag zu oberflächlich ist und befasse mich intensiver mit dem Thema. Den Zweck der Aufmerksamkeit und Diskussion hat der Beitrag zumindest erfüllt, jetzt weiß ich auch dass Bedarf da ist an einer weiter gehenden Betrachtung.
Freundliche Grüße,
Andreas Kühl
Ein wichtiges Thema, dass die Bemühungen um Energieeinsparungen bei Gebäuden in einem anderen Licht erscheinen lässt. Da ist noch viel Erziehungsarbeit, ähnlich wie seinerzeit beim Thema Mülltrennung, zu leisten. Bloß ob sich die Leute erziehen lassen, ist die Frage. Ich hatte erst kürzlich bei einem Bürogebäude wieder die Diskussion, über öffenbare Fenster. Es wurde letztendlich entschieden Welche einzubauen. Die Leitung wollte vermeiden, dass die Mitarbeiter deswegen zum Betriebsrat laufen.
Meiner Meinung nach sollten die Konzepte noch einmal grundsätzlich überdacht werden. Technik sollte dem Menschen dienen und nicht umgekehrt. In Sachen Haustechnik im Privatbereich sehe ich da Vereinfachungsbedarf. Die meisten Leute, die ich kenne sind schon mit der Programmierung der Zeitschaltuhr ihrer Heizungssteuerung überfordert.
Die Frage mit der Erziehung hatte ich mir auch gestellt als ich den Artikel geschrieben habe. Ich glaube der Versuch die Menschen zu erziehen könnte auch nach hinten losgehen und sich negativ auf die Akzeptanz auswirken. Die Technik sollte so einfach sein, dass sie möglichst viele Menschen verstehen und gerne nutzen, aber auch so, dass sie nur wenig aktiv genutzt werden muss. Die Menschen müssen in den Mittelpunkt gerückt werden, für sie ist der Wohnraum da und nicht für die Technik.
Hallo Herr Zankl,
leider vollständige Zustimmung zu allem, was Sie schreiben.
Mir fällt in diesem Zusammenhang die Studie "Auswirkungen der verbrauchsabhängigen Abrechnung in Abhängigkeit von der energetischen Gebäudequalität" von Clemens Felsmann und Juliane Schmidt aus dem Jahr 2013 ein (findet man online zum Download). Dort heißt es ebenfalls: "Aus den Simulationen lässt sich ableiten, dass mit verbessertem baulichen Wärmeschutz und damit sinkenden Energiebedarfskennwerten die Verschwendungsneigung der Nutzer steigt." Insofern wird die These, dass dass Nutzerverhalten in Gebäuden mit geringem Energieverbrauch besonders wichtig ist, auch von dieser Studie untermauert.
Danke für den Hinweis auf die Studie, kommt in meine Quellenliste für weitere Beiträge zu dem Thema.
Ihr Bericht schneidet das wichtigste Thema im Zusammenhang mit dem Thema "Niedrigenergiehäuser" – das Nutzerverhalten- an.
Leider bleiben Sie zu sehr an der Oberfläche des Problems.
Eine tiefergehende Betrachtung scheint mir hier in Zukunft angeraten.
Also, bitte bleiben Sie weiter dran.
Es freut mich, dass auch andere das Thema für so wichtig halten. Ich wollte erst mal nur auf das Problem aufmerksam machen und ich denke das habe ich erreicht. Ich kann das Thema gerne vertiefen, es gibt noch weitere Untersuchungen zum Einfluss der Bewohner auf den Energieverbrauch des Hauses bei Sanierungen, bei Niedrigenergie- und Passivhäusern.
Vielen Dank für die Veröffentlichung unserer Nr. 1 in diesem Jahr. Ein schönes Thema, wie wir finden.
Sehr gerne. Ich finde auch das Thema Nutzerverhalten ist wichtig und sollte verstärkt einbezogen werden, damit der Reboundeffekt minimiert oder vermieden werden kann.