Serie Smart Country: Energieeffizienz als Chance für Haushalt und Handwerk
Viel ist zu lesen über “Smart Homes” und die Stadt von morgen – doch die Energiewende findet auf dem Land statt: Dort steht der Großteil der Erneuerbare-Energien-Anlagen, dort müssen die Verteilnetze “intelligent” werden.
Im Rahmen der Initiative “Smart Country” des Internet & Gesellschaft Collaboratory e.V.hat eine Expertengruppe untersucht, wie die intelligente Energiezukunft auf dem Land aussieht, was ihre Schlüsselfaktoren sind und wo es schon gute Ansätze gibt. Die Ergebnisse stellen wir in dieser Serie vor.
Die Autoren des Berichts sind: Jan Schoenmakers (EWE), Dr. Christian Chudoba(Lumenaza), Torsten Cymanek (Entemo), Andreas Kühl (energynet).
Energieeffizienz – Chance für Haushalt und Handwerk
Der Energieverbrauch kommunaler Liegenschaften ist häufig einer der größten Posten im Haushalt. Hier liegt großes Einsparpotenzial. Zugleich werden die Richtlinien zunehmend strenger: bei Um- oder Ausbaumaßnahmen müssen Gebäude fast immer auch energetisch saniert werden, die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf effizientere Technik ist ebenfalls politisch vorgeschrieben.
Contracting erleichtert Finanzierung teurer Technik
Die Anfangsinvestitionen für mehr Energieeffizienz sind jedoch oft hoch, besonders bei Wärmetechnik und Gebäudesanierung. Bei knapper Haushaltslage sind Lösungen gefragt, die mit weniger Liquidität auskommen. Chancen bietet hier Contracting, eine Sonderform der Wärmelieferung, bei der der Anbieter die Technik finanziert, installiert und wartet und dafür im Vertragszeitraum einen Aufpreis auf die Energielieferung verlangt. Es gibt bereits Modelle – sogenanntes Einsparcontracting – wo diese Prämien des Anbieters aus den realisierten Energieeinsparungen gezahilt werden. Allerdings ist die Vergabe von Contracting-Verträgen nicht für alle Kommunen rechtlich möglich, und in jedem Fall müssen auch die Infrastruktur-Unterhaltungskosten und der Restwert nach Übernahme der Contractinglösung beachtet werden.
Wichtige Hebel in nicht- und geringinvestiven Maßnahmen
Viele Einsparungen lassen sich mit geringen bzw. ohne Investitionen realisieren: alleine durch Änderungen am Verhalten der Nutzer kann der Energieverbrauch um 10 bis 20% reduziert werden. Energetische Analysen der Gebäude und Prozesse sowie Schulungen zum Energiesparen amortisieren sich damit meist schnell – und mit den erzielten Einsparungen können die nächsten Schritte finanziert werden.
Um Institutionen und Akteure vor Ort zu motivieren, bieten sich Anreize wie im 50:50-Programm an, bei dem die Institution eine Zeit lang 50% der eingesparten Kosten “behalten” darf. Dies wurde bereits an zahlreichen Schulen mit großem Erfolg durchgeführt – die Nutzer der Gebäude sind motiviert, ihre Ideen einzureichen, ohne dass Kosten für Beratung anfallen.
Mess- und Steuertechnik schafft Transparenz – und spart
Um nachhaltig zu wirken, benötigt ein kommunales Energiemanagement Transparenz über Verbräuche und deren Muster. Intelligente Zähler – oder Apps / Software, die die regelmäßig abgelesenen Zählerstände konventioneller Geräte verwaltet – liefern die Grundlage, um den Erfolg laufend bewerten und Abweichungen, die z.B. auf Schäden hindeuten, früh zu erkennen. Zugleich bietet internetfähige Mess- und Steuertechnik günstige Möglichkeiten, ohne Investitionen in neue Licht- oder Heiztechnik erheblich Energie zu sparen – mit WLAN-verbundenen, intelligenten Heizungsthermostaten oder intelligenten Steckerleisten lässt sich die Steuerung so verbessern, dass bis zu 20% Energie gespart werden.
Energietechnik als „Förderprogramm“ für das lokale Handwerk
Weitere Chancen ergeben sich für Kommunen in dem Potential für lokale Unternehmen wie Handwerksbetriebe – Energieanalysen, die notwendigen Maßnahmen für energetische Sanierung sowie die Installation und Wartung von Energietechnik bringen spezialisierten Betrieben gute Aufträge. Werden diese lokal vergeben, bleibt die Wertschöpfung vor Ort, qualifizierte Arbeit und Steuereinnahmen werden in der Region gehalten.
Notwendig ist dafür eine laufende Weiterbildung insbesondere der Handwerksbetriebe, um mit dem technischen Fortschritt mithalten zu können. Schulungen hingegen kosten Geld und Zeit – kostbare Güter für Handwerksbetriebe – insbesondere in dünnbesiedelten Regionen, in denen der Weg zum nächsten Demonstrationszentrum weit sein kann.. Hier bieten sich mobile Schulungen und Vorführungen an, die z.B. durch die Kammern vor Ort organisiert werden. Alternativ können Gemeinden lokale Betriebe dabei unterstützen, regionale Kooperationen einzugehn, um sich jeweils auf unterschiedliche Energie-Technologien zu spezialisieren und Ressourcen für Weiterbildungsmaßnahmen zu bündeln. Somit bleiben die Kosten überschaubar und die Akquise kann geteilt werden. Kooperationen der Handwerksbetriebe können auch Grundlage sein für lokale Energie-Messen, einen Energie-Gewerbepark oder für ein Informationszentrum.
Weiterführende Links
- Projektbeispiel Wildpoltsried – kommunale Effizienzberatung
- Projektbeispiel Dormagen – Effiziente Straßenbeleuchtung trotz knapper Kassen
- Projektbeispiel Aachen – Energieeffizienzkonzept der Stadt Aachen
- Green Music Intitiative – niederschwelige konkrete Effizienzlösungen, auch für Stadtfeste und lokale Events
Serie zur Energiewende auf dem Land
Weitere Beiträge werden in den kommenden Wochen jeweils Dienstags hier erscheinen. Wer besonders neugierig ist, kann sich bei der Initiative “Smart Country” bereits in die Texte einlesen, dort sind die Ergebnisse der Expertengruppe im Herbst 2014 erschienen.
Teil 1: Die Energiewende – eine Schönheit vom Lande
Teil 2: Ein verlässlicher Energiemix aus lokalen Ressourcen
Teil 3: Zukunftsfähige, aber nicht überdimensionierte Netze
Teil 4: Eine profitable Abnehmerstruktur für Anlagen und Netze
Teil 6: Pragmatische Lösungen für nachhaltige Mobilität
Teil 7: Die Bürger aufklären und beteiligen – auch unternehmerisch
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