Mit Windgas zur Verbindung von Stromerzeugung mit Wärme und Mobilität
Der Strombereich wird in der Energiewende bisher meist für sich betrachtet und nicht übergreifend in Verbindung mit Wärme und Mobilität. Aber für eine erfolgreiche Umsetzung müssen wir jedoch alle Bereiche möglichst effektiv verbinden – das habe ich auch in der vergangenen Woche in einem Gastbeitrag für den Blog von Milk the Sun geschrieben. Ich befürchte jedoch, dass der Strombereich, weil zu wichtig, nur für sich betrachtet wird.
In der Speicherung bietet sich eine gute Chance diese Bereiche zu verbinden, denn da haben wir viele Technologien – mehr als nur Batterien. Den aktuellen Stand der Speicher-Technologien habe ich in einem weiteren Gastbeitrag im Blog der Windwärts Energie GmbH in der vorletzten Woche aufgelistet. Zu den momentan am weitesten fortgeschrittenen Technologien gehört die Power-to-Gas Technik, also die Speicherung des Stroms als Wasserstoff und anschließende Nutzung für die Mobilität oder für die Heizung. Interessant war in diesem Zusammenhang die Podcast-Ausgabe mit Jörg Müller, CEO der Enertrag AG, zu diesem Thema.
Inhalt
Erster Spatenstich für Einspeisung von Windgas
Die Enertrag AG hat jetzt den nächsten Schritt gemacht und gemeinsam mit Greenpeace Energy den ersten Spatenstich für den Anschluss an das nationale Gasnetz gemacht. Ab dem Jahr 2014 soll über eine kurze Stichleitung Wasserstoff aus dem Hybridkraftwerk Prenzlau ins Erdgasnetz eingespeist werden. Der Wasserstoff wird aus Windenergie hergestellt, ist also CO2-neutral.
Damit betreibt das Windenergie-Unternehmen Enertrag in Prenzlau (Brandenburg) das weltweit erste Kraftwerk, welches neben Strom und Wärme auch Windgas erzeugt. In diesem Hybridkraftwerk wird Wasser mittels Elektrolyse in Wasserstoff und Sauerstoff aufspaltet. Mit dem so entstandenen Wind-Wasserstoff – dem Windgas – wird der Energieversorger Greenpeace Energy seine aktuell knapp 8.000 Gaskunden versorgen, sobald der Anschluss an das Gasnetz fertig gestellt ist.
Für Mitte 2012 war die Einspeisung bereits vorgesehen, sie hatte sich aber verzögert, da eine solche Einspeisung Neuland für die Energiewirtschaft darstellt. Greenpeace Energy und Enertrag konnten sich nunmehr erfolgreich dafür einsetzen, dass die offenen regulatorischen Fragen geklärt wurden und das Hybridkraftwerk nun ans Erdgasnetz angeschlossen wird.
„Windgas ist einer der wichtigsten Bausteine für das Gelingen der Energiewende in Deutschland“, sagt Jörg Müller, Vorstandsvorsitzender von Enertrag.
Speicher als Baustein der Energiewende
Ohne geeignete Speicher kann Deutschland sich nicht zu 100 Prozent mit erneuerbaren Energien versorgen. Mit zunehmendem Ausbau der erneuerbaren Energien steht der möglichen Stromproduktion nicht immer zeitgleich Strombedarf gegenüber. Diese wertvollen Energien können und müssen zum Heizen und Tanken genutzt werden – dort sind die höchsten Energiekosten und der Bedarf ist heute dreimal so hoch wie im Stromsektor. Windgas lässt sich in das herkömmliche Gasnetz einspeisen und wie gewohnt zum Heizen oder Kochen, aber auch als Treibstoff für Autos verwenden. Darüber hinaus ist es möglich, daraus wieder Strom zu machen, um wind- und sonnenarme Zeiten zu überbrücken – eine Aufgabe, die umso wichtiger wird, je höher der Anteil erneuerbarer Energien in Deutschland ist.
Bis zu 400.000 Kubikmeter Wasserstoff wird Enertrag dann jährlich in das Gasnetz einspeisen, der aus rund 1,8 Millionen kWh Windstrom gewonnen wird
Verkauf von Windgas über Greenpeace Energy
Das Windgas von Greenpeace Energy, als Abnehmer des eingespeisten Windgases, hat eine besonders hohe ökologische Qualität. Denn der Enertrag-Elektrolyseur arbeitet mit Windstrom aus drei Windenergieanlagen in unmittelbarer Nähe, mit denen er über eine Direktleitung verbunden ist. Darüber hinaus richtet sich die Windgas-Produktion nach dem Windangebot. Je mehr Gas aus Windenergie eingespeist wird, um so weniger fossiles Erdgas muss aus anderen Ländern hinzu gekauft werden.
„Der Einsatz von Elektrolyseuren ist besonders dann sinnvoll, wenn viel Wind weht und wenig Stromnachfrage besteht“, erklärt Susanne Grabler, Vorstand von Greenpeace Energy.
Greenpeace Energy bietet seit Oktober 2011 den Tarif proWindgas an. Dabei zahlen die Kunden pro Kilowattstunde Erdgas einen Aufschlag von 0,4 Cent, der in den Ausbau der Windgas-Technologie fließt. Neben dem Kauf von regenerativ erzeugtem Wasserstoff plant die Hamburger Energie-Genossenschaft auch den Bau eigener Elektrolyse-Anlagen, um den Windgas-Anteil sukzessive zu steigern.
Aufbau und Funktion des Enetrag – Hybridkraftwerks
Das ENERTRAG Hybridkraftwerk produziert Strom und Wasserstoff ausschließlich aus erneuerbaren Energiequellen. Seine Hauptbestandteile sind
- drei Windenergieanlagen mit insgesamt 6,9 MW Leistung, die Strom erzeugen,
- ein Elektrolyseur mit 600 kW Leistung zur Wasserstoffproduktion (Wirkungsgrad von 80%) sowie
- zwei Blockheizkraftwerke, die mit Biogas und Wasserstoff im Mischbetrieb betrieben werden können.
Der Wasserstoff aus dem Hybridkraftwerk wird weiterhin als Kraftstoff für eine CO2-freie Mobilität eingesetzt. Mit einem Kilogramm Wasserstoff für derzeit 9 Euro kann ein modernes Brennstoffzellenauto rund 100 km fahren. Darüber hinaus wird der Wasserstoff dem Biogas beigemischt, um in den Blockheizkraftwerken wieder in Strom und Wärme umgewandelt werden zu können.