Transport und Speicherung von Wasserstoff – Alternativen im Vergleich
In Zusammenarbeit mit der Messe decarbXpo > Energy Storage
Für viele Akteure in Industrie und Energieversorgung gilt grüner Wasserstoff als nachhaltiger Energieträger der Zukunft. Aber neben den Fragen der Erzeugung und des Einsatzes müssen wir auch die Frage der Speicherung und des Transports von Wasserstoff beantworten. Beide sind elementare Bestandteile einer Wasserstoff-Infrastruktur, denn der Energieträger muss sicher und effizient zum Anwender transportiert werden.
In diesem Beitrag stellen wir verschiedene Speicher- und Transporttechnologien vor und erörtern ihre Vor- und Nachteile.
Inhalt
Wasserstoffwirtschaft von Erzeugung bis Nutzung
Grüner Wasserstoff ist ein wichtiger Baustein für ein nachhaltiges Energiesystem. Als Energieträger hat er Vorteile, denn er ist vielseitig einsetzbar, lässt sich speichern, transportieren und für unterschiedliche Anwendungen einsetzen. In Deutschland wird für 2050 ein Bedarf von 400 TWh pro Jahr erwartet.
Das zeigt die ganze Bandbreite einer Wasserstoffwirtschaft, die von der Erzeugung, Speicherung, dem Transport bis hin zum Einsatz reicht. Alle Bereiche sind wichtige Grundpfeiler einer völlig neuen Infrastruktur, die auf Wasserstoff ausgerichtet werden muss.
Der Transportaufwand ist abhängig vom Ort der Erzeugung, dem Anteil des importierten Wasserstoffs und dem Standort der Nutzung. Viele Fachleute gehen davon aus, dass wir in Deutschland große Mengen Wasserstoff importieren müssen – aus unseren Nachbarländern in der EU, aber teilweise auch aus Australien.
Während die Bundesregierung für die Erzeugung von grünem Wasserstoff auf große, zentrale Elektrolyseure setzt, empfiehlt das Reiner-Lemoine Institut in einer Studie, dezentrale Elektrolyse-Anlagen zu bauen. Diese nutzen dann die Überschüsse aus Wind- und Sonnenstrom mit Hilfe der Steuersignale lokaler Verteilnetzbetreiber. Sie leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Netzstabilität und Versorgungssicherheit.
“Solche Elektrolyseure können flexibel auf das fluktuierende Dargebot an Wind- und Solarstrom und Steuersignale der Verteilnetzbetreiber reagieren. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zur Netzstabilität und Versorgungssicherheit. Das Energiesystem wird so effizienter, resilienter und kostengünstiger“, erklärt RLI-Geschäftsführerin Dr. Kathrin Goldammer zur o.g. Studie.
Dezentral verteilte Elektrolyseure mit einer Spitzenleistung von bis zu 5 MW verringern den Transportaufwand für Wasserstoff und verkürzen damit die Wege zu den Anwendern in Industrie und Gewerbe.
Speichertechnologien für Wasserstoff
Wasserstoff kann theoretisch am Ort der Nutzung erzeugt werden. Das wird eher die Ausnahme und nur in wenigen Fällen ausreichend sein. Aber auch in diesem Fall wird der Wasserstoff nicht immer direkt nach seiner Erzeugung genutzt. Eine Speichertechnologie ist daher in jedem Fall notwendig.
In Anlehnung an das Leitprojekt TransHyDE stellen wir die vier Speichertechnologien für Wasserstoff vor, die seinen Transport ermöglichen.
Speicherung von gasförmigem Wasserstoff in Hochdruckbehältern
Wasserstoff lässt sich nur unter großem Aufwand in Behältern oder Tanks speichern. Die Moleküle diffundieren durch nahezu alle Kunststoffe. Für den Transport sind daher spezielle Kunststoff-Hybridtanks mit faserverstärktem Kunststoff als Last tragender Struktur notwendig. Innen sorgt ein Spezialkunststoff aus Polyamiden für die Dichtheit. Diese Druckbehälter halten normalerweise 250 bis 300 bar stand, in der Forschung wird bereits an einem Betriebsdruck von bis zu 1.000 bar gearbeitet.
Im Rahmen von TransHyDE entwickeln Forscher im “Projekt Mukran” einen Hochdruck-Kugelspeicher. Dieser soll Wasserstoff an Offshore Windenergieanlagen zwischenspeichern, um ihn testweise auf Schiffen von der Insel Rügen nach Hamburg zu transportieren.
Speicherung in flüssiger Form als Methanol oder Ammoniak
Für die Speicherung von Wasserstoff muss ein hoher Aufwand betrieben werden, der viel Energie benötigt. Als Ammoniak oder Methanol lässt sich Wasserstoff viel leichter speichern und transportieren. Beides sind sehr gebräuchliche Chemikalien, die als Grundstoff zu unterschiedlichen Produkten weiterverarbeitet werden. Sie können aber auch als Energieträger dienen. Bei ihrer Verbrennung emittieren sie nur Wasser und Stickstoff. Daher gelten sie auch als synthetische Kraftstoffe oder E-Fuels. So setzt die Schifffahrt auf Methanol als Treibstoff ihrer großen Frachtschiffe.
Im TransHyDE Projekt Campfire untersuchen die Projektpartner das Potenzial von Ammoniak als Mittel für den Transport von Wasserstoff. Sie sehen besonderen Forschungsbedarf in der Rückgewinnung von Wasserstoff aus Ammoniak. Das Projekt hat daher das Ziel, ein Verfahren zu entwickeln, mit dem sie Wasserstoff in Ammoniak für den Transport binden und anschließend wieder auslösen können. Mit dieser Technologie soll eine dezentrale und saisonale Produktion aus lokal erzeugtem Wind- und Solarstrom ermöglicht werden. Dazu gehören noch Technologien zur Erzeugung von Wasserstoff aus Ammoniak sowie für die Betankung und für Infrastruktur mit Ammoniak.
Flüssiges Ammoniak hat den Vorteil, dass es eine höhere Energiedichte als reiner Wasserstoff hat: ein Kubikmeter Ammoniak enthält 50 % mehr Energie. Ammoniak wird zudem schon bei -33° C flüssig, reiner Wasserstoff erst bei -253° C. Der Aufwand für den Transport von Wasserstoff in Form von Ammoniak ist deutlicher geringer als für reinen Wasserstoff.
Speicherung als flüssiger organischer Wasserstoff (LOHC)
Die LOHC-Technologie (Liquid Organic Hydrogan Carrier) nutzt eine organische Trägerflüssigkeit zum Speichern und Transportieren von Wasserstoff bei Umgebungstemperaturen. LOHC hat eine besonders hohe Energiedichte und nutzt ein schwer entflammbares Trägermaterial. Dadurch wird Wasserstoff einfach speicher- und transportierbar, ähnlich wie Erdöl oder Kraftstoffe.
Zur Erzeugung von LOHC wird Wasserstoff chemisch an die Trägerflüssigkeit angebunden (Hydrierung). Diese Reaktion ist exotherm, damit erhöht sich die Effizienz des Prozesses, wenn die entstehende Abwärme genutzt werden kann.
Um Wasserstoff aus dem LOHC lösen zu können (Dehydrierung), benötigt man die Zufuhr von Energie in Form von Wärme (endotherme Reaktion). Diese kann durch den herausgelösten Wasserstoff selbst erzeugt werden.
Im TransHyDE-Projekt Helgoland wird auf der Insel Helgoland Wasserstoff, der im Projekt H2-Mare direkt an Offshore-Windenergieanlagen erzeugt wurde, an die organische Trägerflüssigkeit gebunden. Über eine bestehende Infrastruktur kann das LOHC in den Hamburger Hafen transportiert werden, wo der Wasserstoff in einer Dehydrieranlage vom LOHC gelöst wird.
LOHC ermöglicht einen einfachen und sicheren Transport von Wasserstoff. Es erfordert aber den Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur zur Hydrierung und Dehydrierung auf beiden Seiten einer Transportstrecke.
Weitere Speichertechnologien
- Wasserstoff wird bei -253° Celsius flüssig und kann in speziellen kryogenen Tanks gespeichert werden. AeroDelft aus den Niederlanden arbeitet daran, diese Technologie für Tanks von Flugzeugen zu nutzen
- Nach gasförmigem und flüssigem Wasserstoff fehlt noch die Speicherung in fester Form. Daran arbeitet Green Fortress Engineering aus den USA. Sie nutzen eine patentierte Technologie mit katalytisch modifiziertem porösem Silizium als Träger, um Wasserstoff in festem Zustand speichern zu können.
Für die längere Speicherung an einem Ort bieten sich Kavernen an. Es handelt sich dabei um riesige unterirdische Hohlräume in Salzstöcken. In diesen Hohlräumen können Gase sicher gelagert werden. Der Energieversorger EWE erforscht gemeinsam mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) Institut für Vernetzte Energiesysteme einen unterirdischen Kavernenspeicher im Salzgestein.
Transportmittel für Wasserstoff
Damit der Wasserstoff zum Anwender kommt, sind geeignete Transportmittel notwendig, unabhängig davon wie er gespeichert wird. Die unterschiedlichen Transportmittel haben einige Vor- und Nachteile.
Transport in bestehenden oder neuen Gasleitungen
Für den Transport gasförmiger Energieträger bietet es sich an, existierende oder ehemalige Gasleitungen zu nutzen. In bestehenden Gasleitungen kann Wasserstoff dem Erdgas bis zu einem gewissen Anteil zugefügt werden. Der maximal zulässige Anteil von Wasserstoff im Erdgasnetz muss aber noch untersucht werden. Diese Beimischung mindert seinen Wert und sorgt für unterschiedliche Qualität des Gases in Europa. Industrielle Gasverbraucher benötigen jedoch reinen Wasserstoff, um ihre Prozesse zu dekarbonisieren.
Für die Entwicklung von Normen, Sicherheitsvorschriften und Überwachungsstandards arbeiten Forscher im Rahmen des TransHyDE-Projektes Get-H2 an einem Test- und Demonstrationsfeld mit einer Versuchspipeline.
Alternativ zur Nutzung von bestehenden oder ehemaligen Gasleitungen testen die Mitnetz Gas AG und ihre Partner im Wasserstoffdorf des Chemieparks Bitterfeld-Wolfen dichte Metall-Kunststoff-Verbundrohre und Polyethylen-Rohre auf ihre Tauglichkeit für den Wasserstoff-Transport.
Bislang existieren nur drei reine Wasserstoff-Pipelines in Deutschland: im Ruhrgebiet, in Leuna (Sachsen-Anhalt) und Höchst bei Frankfurt. Die Betreiber der Erdgasnetze planen die Wasserstoffnetze bis 2025 auf eine Länge von 500 Kilometer auszubauen.
Vorteile:
- Pipelines können viele Verbraucher mit Wasserstoff versorgen
- Nutzung von ehemaligen Erdgasleitungen möglich
- Gasförmiger Transport möglich
- Günstigster Transport innerhalb von Deutschland und Europa
- Geringe Verluste und geringer Transportaufwand
- Geringe laufende Kosten
Nachteile:
- Erzeuger und Verbraucher müssen an das Leitungsnetz angeschlossen sein
- bisher nur geringes Leitungsnetz vorhanden
- Hoher Investitionsaufwand für den Ausbau der Transportleitungen
- Lange Planungs- und Genehmigungsverfahren sowie Bauzeiten für neue Pipelines
- hoher Aufwand für Anschluss an Leitungsnetz
- Aufwendung von elektrischer Energie, um den Transportdruck aufrechtzuerhalten (höher als im Erdgasnetz)
Transport per Schiff
Für den Import aus fernen Ländern, über weiter Strecken oder bei Elektrolyse in Offshore Windanlagen transportieren Schiffe den Wasserstoff.
Vorteile:
- Geeignete Transportmöglichkeit für größere Entfernungen, zum Beispiel zwischen Kontinenten
- Transport in flüssiger Form verringert den Aufwand und nutzt höhere Energiedichte
- Besonders günstig bei Transport in Form von Ammoniak
- Nachhaltiger Transport bei Schiffen mit Wasserstoff als Antriebsenergie
Nachteile:
- Energieaufwand für Umwandlung in flüssigen Wasserstoff und umgekehrt
- Verluste durch Umwandlung in flüssigen Wasserstoff
- Energieaufwand für Transport
- Treibhausgasemissionen bei Frachtschiffen mit Dieselmotor
- Sehr lange Transportdauer (je nach Strecke)
Transport per LKW
Auf dem letzten Abschnitt zum Verbraucher übernehmen LKW den Transport des Wasserstoffs, wenn der Nutzer nicht an eine Pipeline angeschlossen ist.
Vorteile:
- Flexibler Transport zum Verbraucher, wenn keine Leitung vorhanden ist
- Einsatz unterschiedlicher Speicher, Druckbehälter für gasförmigen Wasserstoff und Tanks für flüssigen Wasserstoff
- Bereits erprobte Technologie
Nachteile:
- Relativ hoher Transportaufwand
- Transport nur in geringen Mengen möglich
- Nachhaltiger Transport nur mit E-LKW oder wasserstoffgetriebenen LKW möglich
Fazit
Wasserstoff kann die fossilen Energieträger in der Zukunft sicherlich in sehr vielen Anwendungen ersetzen. Der Aufwand für die Erzeugung in großem Maßstab, Speicherung und Transport ist nicht zu unterschätzen und muss in die Betrachtung einbezogen werden. Wasserstoff zu transportieren und speichern ist deutlich schwieriger als Erdgas. Es stehen bereits erprobte Transportmittel zur Verfügung und an neuen Möglichkeiten wird geforscht.
Welche Form der Speicherung und des Transports in Zukunft zum Einsatz kommen werden, ist von der Entfernung und vom Einsatzzweck abhängig.
Wasserstoff auf der Expo for decarbonised Industries > Energy Storage 2022
Vom 20. – 22. September 2022 findet in Düsseldorf die Messe decarbXpo als Fortführung und Erweiterung der ENERGY STORAGE EUROPE statt. Sie verbindet in einem Event das umfassende Angebot von Energiespeichersystemen mit Lösungen für die industrielle und gewerbliche Dekarbonisierung. Parallel findet eine Konferenz zur Dekarbonisierung in ausgewählten Industrie- und Gewerbesegmenten statt.
Die industrielle Anwendung von Wasserstoff-Technologien und Dienstleistungen ist ein weiteres Fokusthema der Messe. Hier sind neben den Angeboten der Aussteller auch Projekte aus Forschung und Entwicklung zu sehen.
Dass bei der Verbrennung von Methanol nur Stickstoff und Wasser entstehen, das dürfte wohl nicht richtig sein.
Alles sehr schön-aber wieviel Energie sind notwendig um 1 Kw Wasserstoffherzustellen?
Weiter: wieviel Energie brauche ich für das Haber-Bosch-Verfahren um die Menge Wasserstoff,die 1 KW entsprechen-in NH3 zu speichern?
3.Wieviel Energie brauche ich ,um diese 1KW aus dem NH3 zurückzugewinnen?
Ein sehr guter Beitrag über die verschiedenen Speicher- und Transporttechnologien. Vielen Dank, dass Sie die Vor- und Nachteile hier zusammengefasst haben. Es stimmt, dass die Form der Speicherung und des Transports von der Entfernung und vom Einsatzzweck abhängig ist.
Vielen Dank für den Beitrag!
Viele Grüße
Sascha Stephan