The Smarter E 2024 – die Top-Themen der Solarmesse
Die Erinnerungen an die Solarmesse The smarter E 2024 Ende Juni in München sind noch frisch, also noch genau richtig für einen Rückblick. Ich war im Juni zwei Tage auf der Messe, bin durch alle 18 Hallen gelaufen, habe viel gesehen und einige Gespräche geführt.
Zu meinen Eindrücken und Top-Themen gehören:
- die Optimierung der Energieversorgung mit Energiemanagementsystemen und dynamischen Tarifen fürs Eigenheim,
- das Energiemanagement für Gewerbeanlagen,
- Batteriespeicher für Balkonkraftwerke,
- das Elektroauto als Speicher für das Haus und
- Nachhaltigkeit in der Modulproduktion.
Volle Hallen auf der The Smarter E 2024
Vom 19. bis 21. Juni 2024 haben sich 3.008 Aussteller aus 55 Ländern auf alle 18 Hallen und das Freigelände der Messe München verteilt. Auf einer Fläche von 206.000 Quadratmetern haben sie ihre Produkte, Anwendungen und Lösungen für erneuerbare Energieversorgung, die rund um die Uhr zuverlässig Energie liefern, vorgestellt. Rund 110.000 Fachbesucher aus 176 Ländern haben sich für das innovative Angebot interessiert.
Die Messe ist längst nicht mehr nur die “Intersolar”, wie es früher mal war. Heute sind die vier Fachmessen Intersolar Europe, electrical energy storage (ees) Europe, Power2Drive Europe und EM-Power Europe als Messe-Allianz unter dem Dach der The Smarter E Europe vereint. Als Besucher merkt man den Übergang zwischen den Fachmessen nur durch andersfarbige Beschilderung, sonst fällt es kaum auf. Das ist auch sinnvoll, denn manche Themen lassen sich schwer einordnen oder trennen. Vielleicht sollten die Messen noch mehr zusammenwachsen, eine große Fachmesse wird sicher von den Besuchern besser angenommen als viele kleine.
Einige der Hallen waren sehr voll, es gab kaum ein Durchkommen. Da hat man die große Nachfrage und die hohe Anzahl an Besuchern deutlich gemerkt. Das war besonders bei den großen und bekannten Herstellern von Modulen und Batteriespeichern der Fall. Bei weniger bekannten Firmen aus Asien hatte man hingegen genug Ruhe und Platz.
Meine fünf Top-Themen der größten Solarmesse
Die Messe bot viele spannende Themen. Jeder Besucher hat andere Schwerpunkte und entsprechend unterschiedlich fallen die Berichte aus. Meine wichtigsten Themen der Messe möchte ich anhand einiger Beispiele vorstellen.
Optimierung der Energieversorgung
Die Optimierung der Energieversorgung im Eigenheim mit PV-Anlage, Speicher und, falls vorhanden, Wallbox und Wärmepumpe mit der Hilfe eines Heimenergiemanagementsystems (HEMS) gehört schon länger zu den Themen der Messe. Das Ziel ist ein wirtschaftlich optimierter Betrieb mit hohem Eigenverbrauch an Solarstrom. Jetzt kommt noch ein neuer Faktor hinzu, der weiteres Potenzial zur Einsparung bietet – die dynamischen Stromtarife.
Bei diesen variablen Tarifen ändert sich der Strompreis je nach Angebot stündlich oder sogar viertelstündlich. Der Vorteil: Jeder Stromanbieter muss ab 2025 einen solchen Tarif anbieten. Die Software erhält Informationen zu den aktuellen Preisen und steuert die Speicherung und den Verbrauch. Ohne diese spezielle Software wird es künftig schwieriger, den idealen Zeitpunkt für Strombezug aus dem Netz oder vom Dach zu finden.
Nutzer können ihren Verbrauch dann in Zeiten mit einem hohen Angebot an Solarstrom vom Dach oder zu günstigen Preisen aus dem Netz verlegen. Ihren Speicher beladen sie dann für die Zeiten teuren Stroms. Sie entscheiden in der Software selbst, was ihnen wichtig ist, ob das Elektroauto Priorität hat, der Speicher oder die Wärmepumpe.
Ein spannendes Beispiel, das mir die begeisterte Produktmanagerin vorgeführt hat, ist die Energiemanagement-Plattform SolarEdge One. Das System analysiert Erzeugung und Verbrauch und erstellt daraus für den folgenden Tag einen Plan für den Energieverbrauch. Es berücksichtigt in seinen Algorithmen auch externe Wetterdaten und Strompreise. Nutzer können ihre Präferenzen, z. B. das Laden des Speichers und des Elektrofahrzeugs oder die Heizung angeben. Bei Abweichungen (besseres/schlechteres Wetter oder frühere Heimkehr nach der Arbeit) passt sich das System in Echtzeit an und stellt sich auf die neuen Bedingungen ein.
Energiemanagement für Gewerbeanlagen
Gleiches Prinzip wie für das Eigenheim lässt sich auch für Gewerbe und Industrie anwenden, nur mit ganz anderer Größenordnung. Die Nachfrage nach Photovoltaikanlagen in diesem Segment wächst besonders stark. Laut Bundesverband Solarwirtschaft interessiert sich jedes zweite Unternehmen in Deutschland für die Installation einer Solaranlage.
Bei Gewerbe und Industrie spielt das Energiemanagementsystem in vielen Fällen ohnehin schon eine wichtige Rolle und ist als System im Unternehmen etabliert. Mit einer eigenen Stromversorgung und der zunehmenden Elektrifizierung kommen noch weitere wichtige Aufgaben dazu. Es soll den Eigenverbrauch optimieren und für ein perfektes Zusammenspiel der großen Verbraucher im Betrieb, der Ladestationen, der Heizung und dem Energiespeicher sowie der Photovoltaikanlage sorgen.
Ein gutes Beispiel für die Aufgaben des Energiemanagements ist die Lastspitzenkappung mit der Hilfe eines Batteriespeichers. Das optimierte Laden der Elektrofahrzeuge aus dem Fuhrpark oder der Mitarbeiter ist eine weitere Funktion.
Auf der Messe habe ich mir den “Building-as-a-Grid”-Ansatz von Eaton zeigen lassen. Mit seiner Energiemanagement-Software betrachtet der Anbieter einzelne Unternehmensgebäude oder ganze -standorte als ein eigenes Stromnetz mit Erzeugungsanlagen, Leitungen, Speichern und Verbrauchern. Sie optimiert die Nutzung des selbst erzeugten Stroms, schützt vor teuren Lastspitzen und bindet Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge ein. Um ein solches internes Netz aufzubauen und Anlagen zu dimensionieren, simulieren sie vorher den Betrieb mit den jeweiligen Verbrauchs- und Erzeugungsanlagen.
Batteriespeicher für Balkonkraftwerke
Bei privaten Solaranlagen sind Batteriespeicher heute Standard. Für Firmen gibt es durch verschiedene neue Anwendungen noch mehr Argumente, auf Batteriespeicher zu setzen. Nach Angaben des Bundesverbandes Solarwirtschaft ist die Nachfrage nach Batteriespeichern 2023 um mehr als 150 Prozent gestiegen.
Mir ist die Vielfalt an unterschiedlichen Speichersystemen in den Messehallen der electrical energy storage aufgefallen. Die große Anzahl an Ausstellern mit Batteriespeichern für Balkonkraftwerke stach dabei heraus. Da immer mehr Hürden für die Mini PV-Anlagen fallen, wird der Markt auch für entsprechende Speicher interessant.
Die Idee dahinter klingt einleuchtend, man ist tagsüber nicht zuhause und kann den erzeugten Strom nicht vollständig verbrauchen. Lediglich der Kühlschrank, der Router und andere Geräte, die dauerhaft Strom verbrauchen, können den Strom des Balkonkraftwerks nutzen. Wenn der Strom ins Netz geht, hat man nichts davon.
Speicher für Balkonkraftwerke werden sowohl als AC- als auch als DC-Variante und mit unterschiedlichen Kapazitäten angeboten. Sie fangen meist an bei 800 bis 1.000 Wh und durch steckbare Erweiterungen sind sogar bis zu 10 kWh möglich. Über diese Kapazität verfügt kaum eine der deutlich größeren PV-Anlagen auf dem Dach. Anders als bei den Solaranlagen auf dem Dach, gibt es für die Balkonanlagen für die Einspeisung ins Netz keine Vergütung. Daher ist das Interesse höher, den Strom vollständig selbst zu verbrauchen.
Die Aussteller haben Systeme vorgestellt, die der Endkunde leicht selbst zusammenbauen kann, was auch der Gedanke der kleinen Balkonanlagen ist. Ein Beispiel ist die Solarbank von Anker Solix, die ich mir auf der Messe angeschaut habe. Ihr System verkaufen sie direkt über einen Onlineshop. Eine Einheit der Solarbank hat eine Kapazität von 1,6 kWh und kann auf maximal 9,6 kWh erweitert werden. Das System ist wetterfest (wasserdicht und temperaturresistent von -20 bis +55 °C) und kann damit im Freien aufgestellt werden.
Bidirektionales Laden mit Auto als Speicher
Noch waren sie nur an einzelnen Messeständen zu sehen, aber Lösungen für bidirektionales Laden gehört die Zukunft. Im ersten Schritt kann das Elektroauto eine erweiterte Batterie für das Haus sein und helfen, den Eigenverbrauch aus der Solaranlage weiter zu erhöhen. Da die Fahrzeuge mit Gleichstrom arbeiten, ist es sinnvoll, dieses über eine geeignete Wallbox direkt mit Strom zu versorgen. Bei Bedarf geht der Strom in den Speicher, dessen Wechselrichter das Auto als weitere Stromquelle neben der PV-Anlage nutzt.
Voraussetzung für diese Funktion ist, dass das Energiemanagement des Speichers über die bidirektionale Wallbox mit dem Fahrzeug kommunizieren kann. Ein Beispiel, das ich auf der Messe gesehen habe, ist die Zusammenarbeit des Speicher-Spezialisten E3/DC mit der Volkswagen AG. Als Aufhänger stand an ihrem Stand ein VW ID. Buzz, verbunden mit ihrer bidirektionalen Ladelösung V2H. Die Ladelösung besteht aus einer bidirektionalen Ladestation und einem DC/DC-Wandler. Diese Kombination ist bereits lieferbar und funktioniert nur in Verbindung mit dem passenden E3/DC-Hauskraftwerk, dem Speicher mit Hybrid-Wechselrichter und Energiemanagement sowie mit einem geeigneten Elektroauto von VW.
Die Modelle von VW benötigen eine Hochvoltbatterie mit 77 kWh und mindestens die Version 3.5 der ID. Software. Dann können sie den stationären Stromspeicher im Haushalt ergänzen und für eine bessere Ausnutzung des Solarstroms vom Dach sorgen.
Spannend ist die Verbindung mit dem Energiemanagement mit dynamischen Stromtarifen, dem ersten Punkt meines Messeberichts. So kann das Fahrzeug bei günstigem Netzstrom geladen werden und dieser Strom steht dann dem Haus zur Verfügung, wenn die PV-Anlage nicht genug Strom liefern kann. Die Besitzer können ihre Stromkosten senken und zur gleichen Zeit einen Beitrag zur Stabilität der Netze leisten.
Nachhaltigkeit in der Modulproduktion
Bei der großen Zahl neu installierter Leistung der Photovoltaikanlagen darf nicht vergessen werden, dass entsprechend viele Ressourcen für die Produktion notwendig sind. Hinzu kommt, dass der globale Wachstumsmarkt auch Unternehmen mit schlechten Arbeitsbedingungen anzieht. Es gibt zunehmend Meldungen über asiatische Unternehmen, die ihre Arbeiter zwangsverpflichten.
Unternehmen und Produkte, die das Ziel haben, die Nachhaltigkeit zu erhöhen, müssen sich selbst daran messen lassen. Daher spielt die Nachhaltigkeit der Solarmodule eine wichtige Rolle. Wie hoch ist der Ressourcen- und Energieverbrauch für die Produktion? Wie steht es um die Recyclingfähigkeit und werden die Lieferketten kontrolliert? Und wie sehen die Arbeitsbedingungen aus und werden Menschenrechte in den Betrieben eingehalten? Die Kunden fragen immer öfter explizit nach der Nachhaltigkeit der Produkte und die Hersteller müssen sich den Fragen stellen.
An einigen Ständen haben die Aussteller mit Aussagen geworben, wie “Reduktion der CO2-Emissionen in der Produktion um x Prozent” oder gar mit Zero Carbon Manufacturing (der Aufkleber “bis 2050” war nur am ersten Tag da).
Positiv hervorheben kann ich die SunPower Maxeon Solarmodule, die eine Cradle-to-Cradle Zertifizierung in Silber Standard besitzen. Das bedeutet, dass sie sich einer strengen Prüfung der Unbedenklichkeit und Wiederverwendbarkeit der Materialien unterzogen haben. Neben einem jährlichen ESG-Report haben sie im Nachhaltigkeits-Bereich auf ihrer Website auch eine Erklärung ihrer Umsetzung der Kreislaufwirtschaft vorgestellt.
Einer strengen Prüfung hat sich auch die norwegische REC Group unterzogen, die ihre Module in Singapur und Norwegen produziert. Das Ratingunternehmen Ecovadis hat die Aspekte
- Umwelt,
- Arbeits- und Menschenrechte,
- Ethik und
- Nachhaltige Beschaffung
untersucht und eine Silbermedaille an die REC Group vergeben. Diese Bewertung soll, so wurde mir im Gespräch mitgeteilt, weltweit für Vertrauen bei den Kunden sorgen. Denn sie bekommen seit Jahren immer mehr Anfragen von potenziellen Kunden zur Nachhaltigkeit ihrer Produkte.
Auf ihrer Webseite zur Nachhaltigkeit zeigen sie die wichtigsten Fakten aus ihrem letzten ESG-Report. Wir sehen auf einen Blick, wie viel Wasser eingespart werden konnte, wie hoch der eigene Energieverbrauch ist, wie viel Abfall reduziert werden konnte und wie es um die sozialen Standards und die Unternehmensführung steht.
Fazit
Die Messe The smarter E 2024 war mit 18 Hallen sehr groß, hat den Ausstellern viel Platz geboten und ich kann hier nur einen kleinen Eindruck der aktuellen Entwicklungen und zahlreichen Themen wiedergeben. Für mich hat sich die Reise gelohnt. Ich bin mit vielen interessanten Eindrücken und Erfahrungen zurückgekommen.
Die angesprochenen Themen konnte ich nur anreißen, viele Inhalte wären sicher noch einen eigenen Beitrag wert. Was interessiert Dich besonders?