Kommunale Wärmeplanung – Herausforderungen eines Planers
Planer übernehmen die zentrale Aufgabe der kommunalen Wärmeplanung. Sie beschaffen Daten für die Bestands- und Potenzialanalyse, berechnen Szenarien und legen fest, welche Gebiete mit einem Wärmenetz versorgt werden können. Viele von ihnen haben bereits mehrere dieser Planungsprozesse durchgeführt und weitreichende Erfahrung mit der kommunalen Wärmeplanung in der Praxis.
Für diesen Beitrag habe ich Markus Euring, Geschäftsführer der Enerpipe GmbH, zu einigen Aspekten der kommunalen Wärmeplanung befragt.
Inhalt
Planungs-Dienstleister für die kommunale Wärmeplanung
Das Instrument der kommunalen Wärmeplanung wird in Deutschland erst seit 2020 eingesetzt und umfasst unterschiedliche Bereiche der Wärmeversorgung. Die Planer, die sich damit beschäftigen, kommen in der Regel aus verwandten Tätigkeitsbereichen. Daher beschäftigen sich unterschiedliche Planungs- und Ingenieursgesellschaften mit der Wärmeplanung, die bisher Wärmenetze geplant oder Versorgungskonzepte für einzelne Gebäude oder Quartiere erstellt haben. Einige schließen sich mit Software-Unternehmen, mit GIS-Experten (GIS = Geoinformationssysteme) oder anderen Spezialisten zusammen.
Im Dienstleisterverzeichnis des Kompetenzzentrums Kommunale Wärmewende (KWW) sind rund 270 Dienstleister eingetragen, die Planungsleistungen, Projektkoordination, Datenmanagement und Akteursbeteiligung bzw. Öffentlichkeitsarbeit anbieten. Wie viele sich auf die Planungsleistungen spezialisiert haben, ist schwer zu sagen.
Den Dienstleistern stehen mehr als 10.000 Kommunen gegenüber, die bis Mitte 2028 ihre Wärmeplanung erstellen müssen. Einige größere Kommunen erstellen ihre Planung mit ihrem Personal selbst, andere vergeben sie an ihre Stadtwerke, aber die meisten benötigen einen oder mehrere externe Dienstleister für diese Aufgabe.
Interview mit Markus Euring, Geschäftsführer Enerpipe GmbH
Planer haben praktische Erfahrungen mit der Wärmeplanung, ich habe nur einen theoretischen Überblick. Sie kennen die Herausforderungen, von der Datenbeschaffung bis zur Ausweisung der Wärmenetzgebiete.

Daher freue ich mich über das Interview mit einem Planer, der meinen Einblick in die Praxis erweitern wird. Ich konnte Markus Euring, Geschäftsführer der Enerpipe GmbH in Hilpoltstein gewinnen. Wir haben uns im Februar auf der E-World persönlich über die Wärmeplanung und das Potenzial der Wärmenetze ausgetauscht. Vielen Dank für die Beantwortung meiner Fragen.
Markus Euring hat praktische Erfahrungen in der Planung und im Aufbau von Wärmenetzen, auch als Gründer einer Bürgerenergiegenossenschaft. Er ist seit über 10 Jahren bei der Enerpipe GmbH tätig und seit Jahresbeginn 2025 in der Geschäftsführung zuständig für Marketing, Kommunikation, Netzwerken und Unternehmensentwicklung.
Wie stellen Sie in der kommunalen Wärmeplanung die Qualität und Vollständigkeit der Daten sicher?
Die Datenbeschaffung und vor allem die Sicherstellung der Datenqualität sind natürlich die Basis für jede KWP. Wir versuchen dabei die unterschiedlichsten Quellen anzuzapfen, prüfen sie dann auf Plausibilität, ergänzen diese ggf. über Gebäudesimulationsdaten und verschneiden diese dann zum Schluss. Wir arbeiten bei diesem Thema auch eng mit unserem Partner heatbeat zusammen, deren Mitarbeiter in diesem Bereich absolute Profis sind.
Um das anhand einer Kommune in Bayern nochmal etwas greifbarer zu machen: dort können wir auf die vom Land Bayern zur Verfügung gestellten Energiekurzgutachten zugreifen, auch die Kehrdaten fließen mit ein. Parallel dazu werden für ein Wärmenetzfokusgebiet über Erhebungsbögen genaue Energieverbräuche abgefragt. Nach der Datenaufbereitung werden dann die relevanten Energiebedarfe in den Digitalen Zwilling implementiert, in dem die Daten immer auf aktuellem Stand gehalten werden.
Welche Rolle spielt die Energieeffizienz und wie realistisch sind angenommene Entwicklungen im Energieverbrauch?
Die energetische Sanierungsquote lag in den letzten Jahren immer unter 1 %. Die angestrebten 2 % sehe ich aktuell leider nicht – auch wenn diese für die Erreichung der Klimaziele sehr hilfreich wären. In der KWP können wir mit dem digitalen Zwilling sehr unkompliziert unterschiedliche Energiebedarfsszenarien darstellen. Aber da sich der Energiebedarf, auch bedingt durch kostenintensive Sanierungen, nicht so schnell reduzieren lässt, ist es umso wichtiger, dass die Wärmeversorgung so schnell wie möglich dekarbonisiert wird. Dabei werden Wärmenetze eine entscheidende Rolle spielen, um Abwärmepotentiale oder anderer klimafreundliche Erzeuger zu integrieren.
Welche Kriterien sind bei der Abgrenzung potenzieller Wärmenetzgebiete von individuellen Versorgungslösungen ausschlaggebend?
Zu dieser Frage könnte ich wahrscheinlich einen Roman schreiben. In den gängigen Leitfäden wird oftmals die Wärmedichte in MWh/(ha*a) oder die Wärmeliniendichte in kWh/(m*a) als Haupt- oder als einziges Kriterium für die Festlegung der Gebiete herangezogen. Aber hierzu gehören noch andere Faktoren, wie das Vorhandensein preiswerter Energiequellen, die Betreiberform (eine Genossenschaft hat im Vergleich zu privatwirtschaftlichen Betreibern keine Renditeerwartung) oder die Kosten für den Rohr-/Tiefbau.
Die Erfahrung zeigt, dass der Rohr-/Tiefbau in vielen ländlichen Projekten für unter 500 € pro Trassenmeter realisiert werden kann und nicht immer ab 1.500 €/m kostet. Um die Einflüsse der jeweiligen Kriterien für Kommunalvertreter oder Bürger(-initiativen) einfacher darstellen zu können bzw. eine Entscheidungshilfe für die Gebietseinteilung zu geben, haben wir einen Wärmenetz-Rechner entwickelt.
Am Freitag, dem 04. Juli wird dieser in einem Online Seminar vorgestellt. Ich kann Sie dazu einladen, dort mal vorbeizuschauen. Anmeldung ist über unsere Website möglich.
Wie kann eine Zusammenarbeit von Kommunen, Energieversorgern und privaten Akteuren für die lokale Wärmeversorgung am besten gelingen?
Mit einer vernünftigen Kommunikation und dem Willen, dass alle an einem Strang ziehen. Zunächst einmal ist es wichtig zu prüfen, welche Akteure vor Ort sind und wie weit sie sich in diesen Prozess einbringen können und wollen. Teilweise ist die Erwartungshaltung der Bürger vorhanden, dass mit dem Anstupsen der KWP ein garantierter Wärmenetzanschluss verbunden ist.
In ländlichen Gebieten sind die Rahmenbedingungen oftmals nicht gegeben, dass ein EVU dort als Betreiber in Frage kommt. Dies muss auch offen kommuniziert werden. Aber im gleichen Atemzug muss den Bürgern vermittelt werden, dass ein Wärmenetz auch in Bürgerhand unter gewissen Rahmenbedingungen entstehen kann. Auch bei Stadtwerksprojekten können Bürger und Kommune gute Multiplikatoren für die Wärmenetzumsetzung sein. Es ist unheimlich wichtig, dass solche Projekte seitens der Kommune unterstützt werden. Es kann auch von Vorteil sein, wenn Bürger positiv von den anstehenden Wärmenetzprojekten sprechen.
Gibt es regionale Unterschiede, neben den Potenzialen erneuerbarer Energien und der Größe der Kommunen?
Ja, die gibt es. Aber ich würde nicht pauschal sagen, in Bundesland X funktioniert es gar nicht, aber dafür ist es in Bundesland Y ein Selbstläufer. Die Firma ENERPIPE hat im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen schon eine Vielzahl von Wärmenetzen umsetzen dürfen. Wärmenetze sind dort mehr als etabliert, jeder kennt jemanden, der an ein Wärmenetz angeschlossen ist und alles funktioniert.
Ich selbst wohne im Landkreis Rhön-Grabfeld, bin in meinem Heimatort auch ehrenamtlicher Vorstand einer Nahwärmegenossenschaft. Aber die notwendige Überzeugungsarbeit war dort wesentlich größer, weil es doch für viele eine neue, unbekannte Technik war.
Deswegen kann ich jeden nur ermutigen, auch in Gegenden mit wenigen Wärmenetzen das Thema anzugehen. Packen Sie ein paar motivierte Mitstreiter ins Auto, fahren Sie zu umgesetzten Projekten und sprechen Sie mit den Akteuren, wie sie das Projekt angegangen sind. Diese Erlebnisse sind oftmals entscheidend für den späteren Projekterfolg.
Fazit
Jeder Planer macht seine eigenen Erfahrungen. Aber Themen, wie die Datenqualität, Entwicklung der Sanierungen und die Abgrenzung der Versorgungsgebiete betreffen alle Kommunen. Häufig fehlt in den Kommunen das Wissen über Wärmenetze und seine (Umsetzungs-)Möglichkeiten. Damit spielt die Kommunikation eine wichtige Rolle, in der auch die Planer einbezogen oder selbst aktiv werden müssen.
Es gibt sicherlich noch andere Erfahrungen. Was sind für Sie die Herausforderungen in der Wärmeplanung?
Meine Angebote zur kommunalen Wärmeplanung
Mit meinem Infobrief “Aktuelles zur kommunalen Wärmeplanung” informiere ich Sie jeden Freitag über die Entwicklungen in den Ländern und Kommunen. Ist das für Sie interessant, können Sie den Infobrief auf LinkedIn abonnieren. Für alle, die auf LinkedIn nicht vertreten sind, gibt es die Informationen zur Wärmeplanung als E-Mail Newsletter.
Sie sind als Mitarbeitende in der kommunalen oder regionalen Verwaltung tätig, sind Planer, Energieberater, Dienstleister oder interessieren Sie sich für das Thema? Dann gibt meine Dokumentation Kommunale Wärmeplanung der Bundesländer Ihnen einen Überblick über den Stand der Wärmeplanung in den Bundesländern. Diese Zusammenstellung hilft Ihnen, alle notwendigen und wichtigen Informationen schnell zu finden. Auf 36 Seiten bietet Ihnen die Dokumentation einen Überblick für jedes Bundesland mit entsprechenden Links zu
- Gesetzen, Verordnungen und der Wärmestrategie
- Förderangeboten und
- Leitfäden, Energieatlas, Wärmebedarfskarten, Wärmekataster oder Potenzialkarten.
Noch mehr Texte zur kommunalen Wärmeplanung habe ich auf meiner Übersichtsseite zusammengestellt.