Warum Kommunikation und Beteiligung der Bürger für die Wärmewende wichtig sind
Die Beteiligung der Bürger und die Kommunikation mit ihnen sind wichtige Aufgaben, die zum Erfolg der Wärmewende beitragen. Es reicht nicht, Verordnungen, Gesetze und Förderprogramme zu beschließen. Die Betroffenen wollen informiert und beteiligt werden. Dies machen zwei aktuelle Studien deutlich, die Bürgerinnen und Bürger in einer Umfrage und bei einer Konferenz befragt haben.
In diesem Beitrag stelle ich die Ergebnisse der Studien vor und zeige, dass Bürgerbeteiligung mehr als nur eine Pflichtaufgabe ist.
Inhalt
- Beteiligung der Öffentlichkeit ist eine Pflichtaufgabe der Wärmeplanung
- Was wissen die Menschen über die Wärmewende?
- Wie groß ist das Bedürfnis nach Informationen?
- Großes Interesse an Beteiligung
- Wo liegt Konfliktpotenzial bei der Wärmewende?
- Handlungsempfehlungen für Kommunen
- Bürgerkonferenz zeigt Akzeptanz und fehlendes Wissen bei Bürgern
- Fazit
Beteiligung der Öffentlichkeit ist eine Pflichtaufgabe der Wärmeplanung
Seit Jahresbeginn 2024 gilt bundesweit das Gesetz zur Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze (WPG). Es verpflichtet die Länder sicherzustellen, dass ihre Kommunen bis zu den Stichtagen Wärmepläne erstellen. Damit sollen sie den Weg zur Umstellung der Wärmeversorgung auf erneuerbare Energien und die sinnvolle Nutzung unvermeidbarer Abwärme in ihrem Gebiet skizzieren.
Eine der Vorgaben aus diesem Gesetz ist die Beteiligung der Öffentlichkeit (sowie aller Behörden und Träger öffentlicher Belange …) gemäß § 7 WPG. Dieser Paragraph bezieht sich auf § 13 WPG, der im ersten Abschnitt die einzelnen Schritte der Wärmeplanung erläutert. Der zweite Abschnitt fordert die Information der breiten Öffentlichkeit über den Beschluss zur Durchführung der Wärmeplanung und die Veröffentlichung der Ergebnisse der einzelnen Phasen.
Wie die Kommunen ihre Bürgerinnen und Bürger an der Wärmeplanung beteiligen, bzw. wie sie die Öffentlichkeit informieren, bleibt ihnen überlassen.
Was wissen die Menschen über die Wärmewende?
Wärmeplanung und Wärmewende sind Stichworte, die immer wieder in den Medien auftauchen. Sie betreffen alle Menschen – alle müssen im Winter heizen und duschen lieber mit warmem Wasser. Was sie wirklich darüber wissen und wie ihre Einstellung zur Bürgerbeteiligung in ihrem Ort ist, hat der Steinbeis Bürgerbeteiligungs-Report 2025 in einer repräsentativen Umfrage ermittelt. Die Umfrage wurde von IKOME | Steinbeis Mediation, einem Beratungsinstitut für Konfliktmanagement, durchgeführt.
Als Ergebnis hat sich herausgestellt:
- 60 % der Bevölkerung haben von der Wärmewende als wichtigem Baustein der Energiewende gehört.
- 76 % der Bevölkerung kennen das Ziel der Wärmewende, eine klimaneutrale Wärmeversorgung bis 2045.
- 58 % der Bevölkerung sind die Maßnahmen ihrer Kommune zur Umsetzung der Wärmewende nicht bekannt.
- 58 % der Menschen sind sich bewusst, dass sie von der Umsetzung der Wärmewende in ihrer Kommune betroffen sind.
- 74 % der Menschen haben in ihrer Kommune in letzter Zeit keine Aktivitäten zur Wärmewende wahrgenommen.
- 72 % der Bevölkerung fühlen sich eher schlecht oder sehr schlecht über die Planung in ihrem Wohnumfeld informiert.

Wie groß ist das Bedürfnis nach Informationen?
Es ist wichtig, dass die Information der Bürgerinnen und Bürger zum Stand der Wärmeplanung gesetzlich vorgeschrieben ist. Sonst würden die Planungen der Kommunen noch mehr in den allgemeinen Nachrichten untergehen.
Laut der Umfrage fühlen sich schon heute 72 % der Bürgerinnen und Bürger eher schlecht oder sehr schlecht über die Planung der Wärmewende in ihrem Wohnumfeld informiert. Sie wollen vor allem wissen, wie sich die Kosten der Wärmewende für sie (55 %) und für die Allgemeinheit (51 %) entwickeln. Weitere Themen betreffen die Bauphase, insbesondere mögliche Beeinträchtigungen, und Fördermittel für die Umstellung ihrer eigenen Heizung.
Die Bürgerinnen und Bürger möchten, über
- Informationsbroschüren und Internet (jeweils 46 %),
- lokale Medien (43 %) und auf
- Informationsveranstaltungen (35 %)
über den aktuellen Stand der Planungen informiert werden.
Großes Interesse an Beteiligung
Eine Beteiligung an der Wärmeplanung geht über die Verbreitung der Informationen zum aktuellen Stand hinaus. Die Beteiligung erlaubt der Öffentlichkeit, sich mit eigenen Ideen einzubringen und an dem Prozess der Wärmeplanung mitzuwirken. Kommunen haben viele unterschiedliche Möglichkeiten, die Bürgerinnen und Bürger einzubeziehen. Für eine große Mehrheit ist die Beteiligung wichtig, doch viele Bürgerinnen und Bürger sind mit dem bisherigen Angebot unzufrieden oder kennen es nicht.
- 81 % der Bürgerinnen und Bürger sind Beteiligungsmöglichkeiten bei der Umsetzung der Wärmewende in ihrem Wohnumfeld eher wichtig oder sehr wichtig.
- 38 % der Bürgerinnen und Bürger sind mit den Beteiligungsmöglichkeiten eher unzufrieden oder sehr unzufrieden.
- 34 % der Bevölkerung sind die Beteiligungsmöglichkeiten bei der Umsetzung der Wärmewende in ihrem Umfeld nicht bekannt.
Immerhin möchten 48 % der Bevölkerung in die Umsetzung der Wärmewende in ihrem Wohnumfeld bereits vor Beginn der Planungen eingebunden werden und 30 % würden an einem Beteiligungsprozess mitwirken. Wenn sie direkt betroffen sind, würden 35 % mitwirken.
Frühzeitige Informationen bilden die Grundlage für eine erfolgreiche Beteiligung (45 %), ein weiterer Baustein ist die Transparenz bei den Entscheidungsprozessen (41 %) und für 40 % eine frühe Information über den Ablauf des Planungs- und Genehmigungsverfahrens.
Die Bedeutung einer Bürgerbeteiligung wird deutlich, wenn man sich ansieht, was sie, nach Angaben der befragten Bürgerinnen und Bürger, leisten kann:
- Konflikten vorbeugen (50 %),
- Akzeptanz erhöhen (50 %),
- Kosten reduzieren (50 %),
- Planungen besser verstehen (49 %)
- Klagen vermeiden (40 %)
Nach Meinung von 47 % der Bürgerinnen und Bürger sollen die Kommunen und ihre Fachämter die Bürgerbeteiligung bei der Wärmewende in ihrem Wohnumfeld gestalten. 26 % wünschen sich neutrale Vermittler und 20 % erwarten die Beteiligung durch den Vorhabenträger.
Wo liegt Konfliktpotenzial bei der Wärmewende?
Vor allem die finanzielle Belastung der Bevölkerung birgt Potenziale für einen Konflikt bei der Wärmewende. Auch bei den Kosten für die Allgemeinheit bestehe ein großes Konfliktpotenzial.
- 68 % der Menschen schätzen das Konfliktpotenzial bei der Umsetzung der Wärmewende als eher hoch oder sehr hoch ein.
Als Konfliktpotenzial werden vor allem Eingriffe in das Landschaftsbild, Beeinträchtigungen während der Bauphase, fehlende Transparenz und mangelnde Bürgerbeteiligung gesehen.
Handlungsempfehlungen für Kommunen
Die Ergebnisse der Umfrage zeigen sehr deutlich die große Bedeutung der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger. Ohne die Zufriedenheit, Akzeptanz und Beteiligung der Bevölkerung wird es schwer, die Wärmewende erfolgreich umzusetzen.
„Der Steinbeis BürgerbeteiligungsReport belegt die Unzufriedenheit der Bürger über die Umsetzung der Wärmewende in den Kommunen. Um zu vermeiden, dass Konflikte eskalieren, sollten die Verantwortlichen vor Ort die Bevölkerung so früh wie möglich informieren und beteiligen. Ansonsten sind Proteste vorprogrammiert“, so Prof. Dr. Gernot Barth, Leiter IKOME | Steinbeis Mediation.
Bürgerbeteiligung ist ein wichtiges Mittel zur Vermeidung von Konflikten und Erhöhung der Akzeptanz. Sie verbessert das Planungsverständnis und kann auch die Kosten reduzieren. Vorhabenträger sollten die Bürgerbeteiligung daher als Chance sehen, aber sie federführend durch die Kommune gestalten.
Bürgerkonferenz zeigt Akzeptanz und fehlendes Wissen bei Bürgern
Eine weitere aktuelle Untersuchung ist ein Report des Ariadneprojektes, der von den Erfahrungen und Ergebnissen einer Bürgerkonferenz zur Wärmewende berichtet. Daran haben zufällig ausgewählte Bürgerinnen und Bürger teilgenommen, wobei Hauseigentümer überrepräsentiert waren. Die Bürgerkonferenz wurde nach dem Modell der Deliberation (Deutsch: “Beratschlagung” oder “Abwägung”) gestaltet und hatte das Ziel, einen direkten Austausch zwischen Wissenschaft und Gesellschaft zu ermöglichen. Aus den gewonnenen Erkenntnissen sollen gesellschaftlich tragfähige Politikmaßnahmen entwickelt werden.
Die teilnehmenden Personen standen dem Klimaschutz nicht gleichgültig gegenüber, auch wenn einige von ihnen die Maßnahmen für zu schnell bewerten. Sie zeigten sich offen für Veränderungen, wenn sie nachvollziehbar, fair und effektiv sind.
Die Kommunikation zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) und seine mediale Darstellung haben die Bürgerinnen und Bürger verunsichert. Auch unklares politisches Handeln sorgt bei ihnen für Planungsunsicherheit. Dabei befürworten sie die Wärmewende und auch staatliche Vorgaben wie das GEG.
Bei den Maßnahmen zur energetischen Sanierung und zum Heizungstausch stehen viele Bürgerinnen und Bürger vor der Herausforderung, die notwendigen finanziellen Mittel aufzubringen. Staatliche Förderungen verbinden sie mit hohem bürokratischen Aufwand.
Zum CO2-Preis und den Auswirkungen auf den Energiepreis wünschen sich die Bürgerinnen und Bürger mehr sachliche Informationen. Aktuell ist der CO2-Preis noch zu gering, um Änderungen zu bewirken und die langfristigen Auswirkungen sind zu wenig bekannt, um bei Entscheidungen berücksichtigt zu werden.
Fazit
Die Umfrage und das Ergebnis der Bürgerkonferenz zeigen, wie wichtig es ist, die Bürgerinnen und Bürger mit ihren Sorgen und Bedenken anzuhören. Sie sind nicht grundsätzlich gegen die Wärmewende, wollen aber die Anforderungen und Änderungen, die daraus für sie ergeben, verstehen. Ihnen ist auch wichtig, dass ihre Probleme der Kosten oder der Finanzierung berücksichtigt werden.
Kommunen, Stadtwerke und Unternehmen, die im Umfeld von Wärmeplanung und Wärmewende tätig sind, müssen sich stärker um die Vermittlung von grundlegenden Informationen bemühen. Sie müssen frühzeitig auf verschiedenen Wegen, online und offline, für Vertrauen werben. Wie wirken sich Gesetze auf die Bürgerinnen und Bürger aus? Wie funktioniert die Förderung? Welche Technologien werden angeboten? Welche Möglichkeiten zur Finanzierung gibt es?
Brauchen Sie Unterstützung für die Vermittlung von schriftlichen Informationen? Sprechen Sie mich an, ich helfe Ihnen gerne.