Energie-Projekte: Gute Kommunikation schafft Transparenz und Klarheit
Kommunikation spielt bei Energie-Projekten oft keine große Rolle oder findet nicht statt. Doch der dezentrale Ausbau der erneuerbaren Energien und der Bau neuer Stromleitungen sind keine Selbstläufer. Die Menschen vor Ort möchten wissen, was auf sie zukommt und wollen informiert werden. Wer zu spät, intransparent oder gar nicht kommuniziert, erhöht den Widerstand der Bevölkerung gegen das Projekt.
In diesem Beitrag zeige ich, warum Energie-Projekte zunehmend auf Widerstand treffen, welche die Ursachen dafür sein können und was sich an der Kommunikation ändern sollte.
Inhalt
Energie-Projekte treffen zunehmend auf Widerstand vor Ort
Energieversorger, Stadtwerke und Projektentwickler investieren sehr viel Geld in den Aus- und Umbau der Energieversorgung. Sie bauen neue Anlagen zur Strom- und Wärmeerzeugung sowie neue Strom- und Wärmenetze. Es geht bei ihren Projekten immer um eine sichere, zukunftsfähige, klimaneutrale Energieversorgung.

Doch diese Maßnahmen treffen immer häufiger auf Widerstand in der Bevölkerung. Die Menschen sorgen sich vor allem um die Eingriffe in das Landschaftsbild, daher sind besonders gut sichtbare Wind- und Solarparks sowie Stromleitungen und -masten umstritten.
Der Aus- und Umbau der Energie-Infrastruktur wird als “von oben aufgedrückt” empfunden. Die Bürgerinnen und Bürger fühlen sich nicht oder zu spät informiert, viele haben Ängste und Vorbehalte gegenüber den Projekten. Dadurch fehlt oft das Vertrauen in die beteiligten Akteure.
Bei vielen dieser Projekte geht es um komplizierte technische und wirtschaftliche Detailfragen. Für Laien sind sie schwer verständlich und kaum nachvollziehbar. Nur wenige Unternehmen und Kommunen machen sich die Mühe, Laien die Technologien und wirtschaftlichen sowie rechtlichen Zusammenhänge verständlich zu erklären. Dadurch kommt es zu Missverständnissen und Fehlinformationen, die wiederum Skepsis und Widerstand verstärken.
Auch wenn Umfrageergebnisse zur Akzeptanz der Energiewende und der erneuerbaren Energien überwiegend positive Ergebnisse zeigen, gibt es vor Ort und wenn es konkret wird, immer wieder kritische Stimmen. Die Technologien sind für viele Menschen neu und sie wollen verstehen, was auf sie zukommt. Gerade bei Technologien, die in der Allgemeinheit noch unbekannt sind, bestehen viele Unklarheiten über ihre Fähigkeiten und Auswirkungen.

Im hörenswerten Energiezone Podcast “Energiepolitik und Kommunikation der Energiewende: Emotionalisierung statt Fakten” fiel sinngemäß der passende Satz “Veränderung erzeugt Verunsicherung und Verunsicherung sorgt für Widerstand”.
Mit Widerstand sind nicht die gut vernetzten und überregional tätigen Organisationen gemeint, die grundsätzlich gegen erneuerbare Energien und neue Stromleitungen sind. Ihr oftmals lautstark geäußerter Protest verstärkt die lokale Kritik und übertönt die leisen Skeptiker vor Ort. Es geht vor allem darum, die Menschen zu informieren, die sich Gedanken über ihre Umgebung machen und wissen wollen, was auf sie zukommt.
Energiewende in den Medien
Wie wird in den Medien über die Energiewende und über Projekte zum Ausbau der Energie-Infrastruktur berichtet? Hat die Berichterstattung vielleicht Einfluss darauf, wie die Menschen darüber denken?
In den Medien findet sich häufig eine deutliche Lagerbildung von skeptischen und befürwortenden Berichten, die beide ihre Positionen teilweise überzeichnen und auf die andere Seite nicht eingehen. Die Studie “Vom Winde verdreht” der Otto-Brenner Stiftung hat die gegensätzlichen Narrativen bei der Windenergie gut beschrieben. Sie sagt, “viele Medienberichte über die Windenergie sind unterschwellig durchzogen von soziokulturellen Mentalitäten sowie tief verwurzelten Denkmustern und Moralvorstellungen. Einem romantisch verklärten Landschaftsbild des deutschen Waldes stehen nüchternen Fakten zum Wald und der Windenergie gegenüber.”
Für die Studie wurden Berichte über Windkraft in auflagenstarken Medien aus den letzten zehn Jahren untersucht. Im Ergebnis waren weit über 60 Prozent der Berichte negativ. Es wird vor allem in konservativen Medien viel über Unfälle, Vögel und Fledermäuse als Opfer der Windenergie und über höhere Preise berichtet. Zeitungen aus dem Mitte-Links-Spektrum konzentrieren sich dagegen stärker auf Berichte zum Thema Kohle. Generell konzentrieren sich die Medien auf Themen, zu denen sie eine kritische Position beziehen können.
Wahrnehmung und Bewertung der Energiewende
Wer sich wenig mit der Energiewende beschäftigt, bezieht das Wissen nur aus den Medien, die er/sie konsumiert. Auch wenn eine positive Grundeinstellung verbreitet ist, kommen bei den Bürgerinnen und Bürgern zahlreiche negative Aspekte an. Die Energiewende wird als eher teuer, chaotisch, bürgerfern und ungerecht bewertet, wie eine bundesweite Befragung 2021 ergab. Entsprechend negativ fällt die Bewertung aus, wenn vor Ort Projekte geplant werden.
Demgegenüber steht die Notwendigkeit der Akzeptanz erneuerbarer Energien in der Öffentlichkeit. Energieerzeugung ist nicht mehr anonym und weit entfernt, sie ist über das ganze Land verteilt. Dadurch leben mehr Menschen im unmittelbaren Umfeld von Solar- und Windenergieanlagen. Das bedeutet, Projektentwickler und Anlagenbetreiber benötigen die Akzeptanz der Menschen in der Umgebung der Anlagen.
Kommunikation der Projektverantwortlichen heute
Nach meinem Eindruck wird in der Regel eher zögerlich kommuniziert und nur im gesetzlich geforderten Umfang. Kommunikation wird als Zeit- und Kostenfaktor betrachtet und gestrichen, auch wenn die anschließenden Proteste teurer werden können.
Wird kommuniziert, geschieht es meistens einseitig und bezieht sich nur auf die Vermittlung von Informationen. Dieser Punkt ist sehr wichtig und sollte über alle Medien die Projekte verständlich erklären. Bei neuen Technologien beantwortet diese Art der Kommunikation aber nicht die vielen Fragen der Bürgerinnen und Bürger. Sie wollen nicht nur geschriebene Informationen, sondern die Funktionen und Wirkungen der Projekte einschätzen und verstehen. Aus diesem Grund ist auch aktives Zuhören von großer Bedeutung. Nur so erkennen Projektleiter, Energieversorger und Stadtwerke die Fragen und Gründe für die Skepsis der Bevölkerung und können auch auf sie eingehen. Wer das Gespräch sucht und anderen zuhört, zeigt auch, dass er/sie die Gesprächspartner ernst nimmt.
Einen guten Einblick in die Reaktion auf Energie-Projekte und ihre Kommunikation, zeigt die hervorragende Keynote von Prof. Dr. Gernot Barth, Leiter des Steinbeis-Beratungszentrum Wirtschaftsmediation, bei den Super Impact Days 2025 in Lübeck.
Die Präsentation von Prof. Dr. Gernot Barth aus dem Video zeigt zahlreiche interessante Schaubilder, zusammengestellt aus zahlreichen Untersuchungen und seinen Erfahrungen bei Windenergie- und Stromtrassen-Projekten.
Verunsicherung anerkennen und zuhören

In der heutigen Zeit stehen sich, besonders bei Projekten der Energiewende, zwei scheinbar unversöhnliche Lager gegenüber. Aus diesem Grund ist eine offene Kommunikation miteinander besonders wichtig. Es gilt, die Verunsicherung der Menschen anzuerkennen und ernstzunehmen. Projektverantwortliche müssen das Gespräch mit den Menschen vor Ort suchen, sie als Gesprächspartner akzeptieren und Verständnis für ihre Interessen entwickeln.
Nur wenn Projektverantwortliche mit den Menschen vor Ort auf Augenhöhe sprechen, sich die Sorgen anhören und darauf eingehen, erreichen sie eine Haltung, die nicht mehr ablehnend ist und im besten Fall dem Projekt positiv gegenübersteht.
Wege der Kommunikation von Energie-Projekten

Eine frühzeitige Beteiligung, die Vertrauen aufbaut, reduziert den Konflikt, beschleunigt den Prozess und senkt die Kosten. Eine offene und verständliche Kommunikation sollte zu einem bedeutenden Teil des Projektablaufs werden.
Oft bilden sich Bürgerinitiativen, um ihre Interessen zu bündeln und öffentlichkeitswirksam zu vertreten. Sie sollten als wichtiger Multiplikator ernstgenommen und gleichwertig zu kommunalen Vertretern behandelt werden.
Die Bürgerinnen und Bürger sollten auf unterschiedlichen Wegen über das Projekt und den aktuellen Stand informiert werden. Es reicht nicht aus, lediglich eine Projektwebsite und eine Pressemitteilung zu erstellen. Weitere Möglichkeiten sind Präsentationen oder Angebote bei Veranstaltungen und Vereinen. Pressemitteilungen sollten nicht nur an die lokalen Medien gehen, sondern zur Information auch an Vereine und Bürgerinitiativen.
Informationsveranstaltungen sollten so gestaltet sein, dass alle interessierten Bürgerinnen und Bürger ihre Fragen stellen und Sorgen loswerden können. Wichtig sind offene Gespräche und Diskussionen auf Augenhöhe. Die übliche Theaterbestuhlung mit einem Podium ist dafür nicht förderlich. Besser sind verschiedene Tafeln zu einzelnen Themen mit jeweils passendem Gesprächsangebot. Dadurch können mehr Menschen ihre Sorgen und Fragen loswerden.
Unterschiedliche kreative Veranstaltungsformate bieten die Möglichkeit, Bürgerinnen und Bürger in Projekte einzubinden. Das können Zukunftswerkstätten oder -konferenzen sein, dort erarbeiten alle gemeinsam kreative Ideen und Lösungsvorschläge zu den verschiedenen Problemen.

In einem vorhabenbezogenen Bürgerbüro können sich Bürgerinnen und Bürger gezielt über das Projekt und die Beteiligungsmöglichkeiten informieren. Dieses Büro ist temporär eingerichtet und befasst sich nur mit Anfragen und Angelegenheiten zu dem spezifischen Projekt. (Quelle: Energieportal Mittelhessen)
Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger muss sich nicht auf die Kommunikation beschränken, ihre Teilhabe kann auch durch eine Zusammenarbeit mit einer Energiegenossenschaft erfolgen. In Energiegenossenschaften engagieren sich interessierte Bürgerinnen und Bürger mit großem Einsatz für den Ausbau erneuerbarer Energien. Sie sind vor Ort gut vernetzt und werben innerhalb der Ortschaften für die Projekte.
Allein, die Bürgerinnen und Bürger mit attraktiven Konditionen finanziell an Projekten zu beteiligen, kann ein Schritt zu mehr Vertrauen und Akzeptanz sein. Stadtwerke erhalten damit die Möglichkeit, ihre Projekte zu finanzieren. Ein aktuelles Beispiel ist das Investitionsangebot in den Ausbau der Fernwärme der Stadtwerke Karlsruhe.
Weitere kreative Ideen könnten die Liste ergänzen. Beispiele finden sich in einer Liste der Heinrich-Böll-Stiftung und in einer aktuellen Broschüre des Umweltbundesamtes zur gesellschaftlichen Beteiligung in der kommunalen Wärmewende.
Fazit
Es gibt kein pauschales Rezept für die Kommunikation von Energie-Projekten. Grundsätzlich ist eine frühzeitige und transparente Information der lokalen Bevölkerung wichtig. Hilfreich ist es auch, ein offenes Ohr für die Fragen und Sorgen zu haben.
Kommunikation hat die wichtige Aufgabe, für Transparenz und Klarheit bei Bürgern zu sorgen, sie muss Vertrauen schaffen. Das ist eine sehr große Herausforderung, besonders wenn Stadtwerke und Kommunen in unsicheren Zeiten selbst keine politische Planungssicherheit haben.
Wie gehen Sie mit den Herausforderungen der Kommunikation um?