Bürokratische Hürden: Photovoltaik auf gewerblich genutzten Gebäuden
In Zusammenarbeit mit Certflow
Photovoltaikanlagen auf Dächern gewerblich genutzter Immobilien erleben keinen so großen Boom wie solche auf Dächern privater Einfamilienhäuser. Vor allem einige bürokratische Hürden machen es den Unternehmen und ihren Dienstleistern schwer, PV-Anlagen in Betrieb zu nehmen. Dabei hat die Energie der Sonne das Potenzial, die Stromkosten in Industrie und Gewerbe deutlich zu reduzieren.
In diesem Beitrag zeigen wir das Potenzial der Photovoltaik auf Firmengebäuden, die technischen und bürokratischen Vorgaben sowie die Voraussetzungen für die Zertifizierung der Anlagen und die geplanten Vereinfachungen.
Inhalt
PV-Potenzial für Industrie und Gewerbe
Die Dächer auf Büro- und Gewerbeimmobilien bieten große Flächen für den Ausbau der Photovoltaik. Für Aufdachanlagen mit einer Leistung von mehr als 125 kWp hat die Stiftung Klimaneutralität in einer Literaturrecherche ein wirtschaftliches Potenzial von 30 GW ermittelt. Bisher wird nur ein kleiner Teil davon genutzt. Nach Auswertungen des Fraunhofer-Instituts für solare Energiesysteme (ISE) liegt der Anteil von Anlagen mit einer Leistung über 100 kWp bei maximal 4 Prozent. In der Betrachtung des Zubaus bezogen auf die Leistung erreichten Anlagen zwischen 30 und 750 kWp 2019 ihren höchsten Anteil von 52,6 Prozent.
Sinkende Preise für Photovoltaikanlagen, steigende Strompreise und höhere Anforderungen an das Engagement der Unternehmen in Sachen Nachhaltigkeit sind wesentliche Gründe für dieses Wachstum.
Insbesondere die Differenz zwischen dem Strompreis für Gewerbe- und Industriekunden, der zwischen 22 und 26 Cent pro kWh liegt, und dem Preis für Strom aus PV-Anlagen, rund 10 Cent pro kWh für den Eigenverbrauch, macht eine PV-Anlage für Unternehmen wirtschaftlich attraktiv.
Der Bundesverband Solarwirtschaft e.V. (BSW) hat eine Bereitschaft bei Unternehmen ermittelt, in PV-Anlagen auf dem eigenen Firmendach zu investieren. 37 Prozent der befragten Unternehmen wollen in den nächsten drei Jahren eine PV-Anlage errichten.
Der Nachholbedarf ist sehr hoch, denn mehr als 90 Prozent der geeigneten Dächer der Gewerbe- und Industriebetriebe werden noch nicht für die Energiewende genutzt, so der BSW.
Ausbau der Photovoltaik trifft auf Hindernisse
Doch der Bau und Betrieb der Photovoltaikanlagen auf den Dächern von Unternehmen ist komplexer als auf dem privaten Eigenheim. Es gibt technische und bürokratische Hürden, die Unternehmen überwinden müssen, bevor sie günstigen und klimafreundlichen Strom vom eigenen Dach nutzen können.
Große Lagerhallen bieten scheinbar viel Platz für die Errichtung der PV-Anlagen. Doch häufig werden sie aus Kostengründen in Leichtbauweise gebaut. Die statischen Anforderungen reichen dann nicht für eine Montage von PV-Modulen mit Unterkonstruktion und nötiger Beschwerung.
Die Dächer gewerblich genutzter Gebäude werden in vielen Fällen für Anlagen der Klima- und Lüftungstechnik genutzt. Diese können den zur Verfügung stehenden Platz für Solarmodule deutlich einschränken.
Auch wenn Solarmodule immer günstiger werden, steigen die Kosten für die Kapitalbeschaffung und Löhne der Monteure. Aus diesem Grund können Projekte, die vor kurzem noch als profitabel galten, unwirtschaftlich werden. Daher fordert der BSW eine Nachjustierung der anzulegenden Förderbeträge für neue PV-Anlagen mittlerer Leistung.
Durch die Direktstromlieferung für Gewerbemieter müssen die Unternehmen Pflichten und Fristen eines Energieversorgers einhalten. Diesen Aufwand können sie nur mit der Hilfe spezialisierter Dienstleister erfüllen.
Weitere große Hürden für PV-Anlagen in dieser Größe sind der Zugang zum Stromnetz und die Bedingungen der Verteilnetzbetreiber für den Anschluss an das Mittelspannungsnetz.
Die Netzbetreiber prüfen die Kompatibilität der Anlage mit dem Netz, damit sie keine Störungen verursacht und die Netzkapazität vor Ort für einen Anschluss ausreicht. Eventuell ist eine technische Studie zur Netzintegration vorzulegen. Erst nach einer positiven Netzverträglichkeitsprüfung durch den Netzbetreiber erteilt dieser die Einspeisezusage. Sie regelt unter anderem den Einspeisepunkt und eventuell eine maximal zulässige Einspeiseleistung.
Die Prüfung der Netzbetreiber kann drei Monate in Anspruch nehmen. Diese Zeit sollte schon bei der Planung berücksichtigt werden, damit das Projekt nicht verzögert wird.
Als größte bürokratische Hürde für größere PV-Anlagen hat sich jedoch das erforderliche Anlagenzertifikat B nach VDE-AR-N 4110 herausgestellt. Es ist nach der Verordnung für den Nachweis elektrotechnischer Eigenschaften von Energieanlagen (NELEV) für Erzeugungsanlagen und Speicher mit einer Anschlussleistung zwischen 135 kW und 950 kW erforderlich.
Anlagenzertifikat für Netzanschluss
Das Zertifikat für den Anschluss von PV-Anlagen mit einer Leistung über 135 kW an das Mittelspannungsnetz bestätigt eine regelkonforme Planung der Erzeugungsanlage. Damit wird gewährleistet, dass die Anlagen alle Anforderungen der Netzbetreiber einhalten und die Sicherheit des Stromnetzes nicht gefährdet ist. Mit dem Zertifikat bestätigen die Anlagenbetreiber dem Netzbetreiber die Einhaltung der technischen Anforderungen.
Mit der Erstellung des Zertifikats wird idealerweise bereits in der Planungsphase begonnen. So kann sichergestellt werden, dass die erforderlichen Nachweise fristgerecht vorliegen und sich die Inbetriebnahme nicht verzögert.
Sind bestimmte Mindestanforderungen erfüllt, ist eine vorläufige Inbetriebnahme der Anlagen möglich. Der vollständige Nachweis muss spätestens nach 18 Monaten vorliegen.
Die Zusammenstellung aller Unterlagen für das Zertifikat und die Konformitätserklärung zur Bestätigung der Daten sind sehr aufwändig. Es kostet Zeit und Geld, die viele Anlagen deutlich später als geplant ans Netz gehen lässt.
Geplante Vereinfachungen sollen Marktbarriere beseitigen
Die Bundesregierung hat die Zertifizierung als größtes Hindernis beim Zubau der PV-Anlagen erkannt und plant einige wichtige Änderungen.
Laut Photovoltaik Strategie des BMWK, verabschiedet vom Bundeskabinett Mitte August 2023, soll ein Anlagenzertifikat künftig erst ab einer Einspeiseleistung von 270 kW oder einer installierten Leistung von 500 kW notwendig sein. Bei kleineren Anlagen soll ein einfacher Nachweis über die Niederspannungsrichtlinie VDE-AR-N 4105 ausreichen. Dies gilt unabhängig von der Spannungsebene des Anschlusses.
Mit digitalen Tools schneller zum Anlagenzertifikat B
Für einen Teil der Anlagen wird der Zertifizierungsprozess vereinfacht, bei größeren Anlagen bleibt der Aufwand jedoch bestehen.
Doch der steinige Weg zum Anlagenzertifikat B lässt sich verkürzen: mit der automatisierten Plattform certflow, die Fach- und Installationsbetriebe sowie Anlagenbetreiber effizient bei der Bewältigung des VDE 4110 Verfahrens zum Netzanschluss größerer Photovoltaikanlagen an das Mittelspannungsnetz unterstützt. Auch Plausibilitätsprüfung und Konformitätserklärung sind in den Prozess integriert.
Die digitale Plattform ermöglicht einen klaren und strukturierten Ablauf, der die Nutzer durch das komplexe Verfahren führt. Dadurch können Zertifizierungen deutlich schneller abgeschlossen werden, und die Anlagen früher ans Netz gehen – das spart nicht nur Zeit, sondern auch Geld. Das große Potenzial für Photovoltaikanlagen auf den Dächern der Gewerbe- und Industrieunternehmen kann auf diese Weise leichter und schneller erschlossen werden.
Die Analyse der Herausforderungen und Potenziale von Photovoltaikanlagen auf gewerblichen Immobilien ist äußerst wichtig und treffend. Es ist beeindruckend, wie detailliert die bürokratischen Hürden und der wirtschaftliche Nutzen aufgezeigt werden. Die Idee, die Nutzung der Sonnenenergie in der Industrie voranzutreiben, könnte entscheidend zur Energiewende beitragen!