Nachhaltiges Bauen – Eine Aufgabe für innovative Köpfe
Mittlerweile steht der Immobiliensektor besonders im Fokus der Nachhaltigkeitsbetrachtung. Nicht nur die Nutzungsphase von Gebäuden, sondern bereits der Bau und die eingesetzten Materialien verursachen CO2-Emissionen. Hinzu kommt der große Ressourcenbedarf der Baubranche. Daher ist nachhaltiges Bauen zunehmend wichtig. Um aktuelle Innovationen, Geschäftsmodelle und Forschungsprojekte für nachhaltiges Bauen zu fördern, hat die Deutsche Gesellschaft für nachhaltiges Bauen e.V. (DGNB) die Sustainability Challenge 2021 veranstaltet.
Dieser Beitrag zeigt die Bedeutung von Nachhaltigkeit in der Baubranche, stellt die Sustainability Challenge und die 9 Finalisten vor.
Inhalt
Nachhaltigkeit in der Baubranche
Gebäude tragen zu einem wesentlichen Teil zu den Treibhausgasemissionen in Deutschland bei. Doch damit betrachten wir nur die Nutzungsphase der Gebäude. Inzwischen ist uns bewusst, dass wir auch den Materialbedarf und den energetischen Aufwand, der in Bauprodukten steckt, betrachten müssen.
Das VDI Zentrum Ressourceneffizienz verdeutlicht, dass 90 Prozent der mineralischen Rohstoffe in Deutschland in die Baustoffherstellung gehen. Die Verarbeitung dieser Rohstoffe verbraucht sehr viel Energie. Laut VDI Zentrum Ressourceneffizienz stammen rund 54 Prozent des gesamten Abfallaufkommens in Deutschland aus dem Bausektor. Der Bausektor hat also ein großes Potential für die Reduzierung der Abfallmenge.
Viele Produkte, die heute verbaut werden, benötigen für die Herstellung große Energiemengen, die sogenannte graue Energie. Sie muss für die Herstellung, den Transport und die Entsorgung der Bauprodukte aufgewendet werden. Je mehr Produkte verbaut werden, desto höher steigt der Energieaufwand für ihre Herstellung. Daher müssen wir bei hocheffizienten Gebäuden darauf achten, dass diese die Energie zur Herstellung und Entsorgung ihrer Baumaterialien in der Lebensphase einsparen können – hier eine gute Beschreibung der Rolle des Primärenergiegehalts von Baustoffen.
Für klimaneutrales Bauen oder besser klimapositives Bauen, sollte daher der gesamte Lebenszyklus der Gebäude betrachtet werden – von der Entstehung bis zum Abriss.
DGNB Sustainability Challenge
Innovationen für die Energiewende oder die Digitalisierung standen oder stehen schon seit vielen Jahren im Fokus diverser Wettbewerbe. Für nachhaltige Innovationen im Bausektor gibt es nur wenige Möglichkeiten, auf sich aufmerksam zu machen.
Die Sustainability Challenge der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen DGNB e.V. ist ein Wettbewerb, der nachhaltige Lösungen für die Bau- und Immobilienwirtschaft sucht und ihnen eine Bühne bietet. Es geht dabei nicht nur um die Aufmerksamkeit für die Innovationen, die besten erhalten eine Auszeichnung, mit der sie werben können.
„Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt in der Baubranche enorm an Bedeutung – auch seit Corona unsere Welt auf den Kopf gestellt hat“, sagt Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand der DGNB. „Immer mehr etablierte Unternehmen beschäftigen sich auf innovative Weise mit neuen, nachhaltigen Lösungen. Die Start-up-Community rund um das Thema wächst, und auch im Forschungsumfeld bewegt sich zunehmend etwas. Mit unserer Sustainability Challenge suchen wir die jeweils spannendsten und wegweisendsten von diesen.“
Die DGNB Sustainability Challenge zeichnet nachhaltige Projekte in den Kategorien Startup, Innovation und Forschung aus.
Finalisten der Kategorie Startup
In der Kategorie „Start-up“ hat die DGNB nach innovativen, nachhaltigen Geschäftsmodellen gesucht, die den Wandel der Bau- und Immobilienbranche beschleunigen.
carbonauten GmbH
Die carbonauten GmbH aus Giengen, Baden-Württemberg, hat eine Technologie entwickelt, mit der sie aus Biomasseresten spezifizierte Biokohlenstoffe, hochwertige Öle und viele weitere Materialien herstellen. Im Prozess der Karbonisierung entsteht Strom und Wärme, die weiter genutzt werden können. Die Technologie bindet CO2 aus der Atmosphäre und sorgt somit für eine Reduzierung des CO2-Gehalts. Eine Tonne Biokohlenstoff speichert dauerhaft bis zu 3,3 Tonnen CO2. Damit gehört seine Herstellung zu den Technologien mit negativen Emissionen.
concular UG
Eine Wiederverwendung von Baustoffen spart Ressourcen und verringert den ökologischen Fußabdruck von Gebäuden. Die concular UG aus Stuttgart erfasst die Materialien und Bauteile im Bestand, erstellt daraus Materialpässe für den Rückbau und verfügt über eine Datenbank mit wiederverwendbaren Bauteilen. Damit ermöglichen sie ein Recycling von Baustoffen, verringern die Kosten für den Rückbau, reduzieren das Abfallaufkommen und die CO2-Emissionen.
ecoworks GmbH
Industrielle Sanierung von Wohngebäuden ist machbar, das hat die ecoworks GmbH aus Berlin bereits mit einem ersten Projekt demonstriert. Sie hat einen digitalisierten Prozess entwickelt, der eine industrielle Vorfertigung von Bauteilen mit einer modularen Bauweise ermöglicht. Auf diesem Weg können Mehrfamilienhäuser in kurzer Zeit, zu geringeren Kosten und mit weniger störendem Eingriff für die Mieter:innen energetisch saniert werden. Das Ziel eines klimaneutralen Gebäudebestandes kann mit dieser Methode deutlich schneller und attraktiver erreicht werden, als mit der klassischen Sanierung.
Finalisten der Kategorie Innovation
Unternehmen mit einer Produkt- oder Serviceinnovation, die einen Beitrag zum Klimaschutz oder zur Circular Economy leisten, konnten sich für die Kategorie „Innovation“ bewerben.
Ampeers Energy GmbH
Auf Unternehmen der Immobilienwirtschaft kommen neue Aufgaben mit der Energieversorgung ihrer Gebäude und Quartiere zu. Die Ampeers Energy GmbH ist eine Ausgründung aus der Fraunhofer Gesellschaft und bietet softwarebasierte Dienstleistungen, die dazu beitragen, den CO2-Fußabdruck von Gebäuden zu reduzieren. Mit dieser Software können die Immobilienunternehmen und Energiedienstleister Projekte zur dezentralen Energieversorgung (z. B. Mieterstrom) umsetzen und mit weiteren Leistungen in anderen Sektoren verbinden.
Interface
Interface Inc. ist ein Hersteller von modularen Teppichfliesen aus Krefeld. Die innovative Besonderheit ist die Verwendung von biobasierten und recycelten Füllstoffen für die Rückenkonstruktion. Damit speichert diese Kollektion von Teppichfliesen mehr CO2 als sie von der Rohstoffgewinnung bis zum Verkauf emittieren. Sie ist damit CO2-negativ und reduziert den ökologischen Fußabdruck der Innenräume.
Terran
Bei den Dachziegeln Terran Generon sind die Photovoltaikzellen direkt in die Oberfläche der einzelnen Ziegel integriert. Einmal montiert, sind sie optisch kaum von herkömmlichen Dachsteinen zu unterscheiden. Damit ist die ökologischen Stromerzeugung unauffällig und ästhetisch in die Schutzfunktion des Daches integriert. Diese Kombination verringert den Energieverbrauch und die Umweltbelastung bei der Herstellung.
Finalisten der Kategorie Forschung
Für die Kategorie “Forschung” hat die DGNB nach laufenden oder bereits abgeschlossenen Forschungsprojekten für eine nachhaltigere Bau- und Immobilienwirtschaft gesucht.
“Einfach bauen“ der Technischen Universität München
Das Projekt “Einfach bauen” der TU München verfolgt das Ziel, die Komplexität des modernen Bauens zu reduzieren. Mit einer neuen Baukultur der Vereinfachung wollen sie mit möglichst wenig Technik eine langfristig nachhaltigere Lösung entwickeln. Sie setzen dabei nicht auf technische Lösungen, sondern nutzen die Mittel der Architektur.
“Ge3TEX – Gewebt, gewirkt, geschäumt: 3D-Textilien für die Gebäudehülle“
Im Projekt ge3TEX des Frankfurter Forschungsinstituts für Architektur, Bauingenieurwesen und Geomatik der Frankfurt University of Applied Sciences werden Verbundbauteile aus Schaum- und Fasermaterial für den Wand- und Dachbereich entwickelt. Diese Bauteile sollen neben guten Recyclingeigenschaften auch statisch und bauphysikalisch optimiert werden.
„Urban Mining Index“ der Bergischen Universität Wuppertal
Der Urban Mining Index verfolgt das Ziel, Baustoffe in möglichst geschlossenen Kreisläufen zu führen, um Ressourcen zu sparen und die Umweltbelastung zu verringern. Im Neubau werden Potentiale von Bauteilen und Materialien für die Kreislaufwirtschaft ermittelt. Bei geplanten Abrissen wird hingegen die Wirtschaftlichkeit eines selektiven Rückbaus ermittelt.
Verschiedene Sichtweisen des nachhaltigen Bauens
Nachhaltiges Bauen hat ganz unterschiedliche Facetten – von Energiekonzepten mit Sektorkopplung bis zur Kreislaufwirtschaft von Baumaterial gehört vieles dazu. Neue Initiativen, Forschungsgruppen und Startups zeigen die vielen Ideen und Möglichkeiten in diesem Bereich. Jetzt kommt es bei der Umsetzung darauf an, Partner für die Praxis zu finden.
Die Liste habe ich mit Absicht vor der Verkündung des Gewinners der DGNB Sustainability Challenge 2021 zusammengestellt. So bekommen alle Finalisten die Aufmerksamkeit und werden zu Gewinnern. Wer am Ende in den Kategorien gewonnen hat, wird auf der Projektseite der DGNB veröffentlicht.
Welches sind deine Favoriten?
Guten Tag, klasse Beitrag! Mir hat besonders gut die klare Formulierung gefallen, so konnte ich komprimiert die wesentlichen Informationen für mich mitnehmen. Ich werde auch weitere Beiträge von euch Lesen.
Grüße, Lukas