AGEEN fordert Stärkung der Energieeffizienz-Netzwerke in der Wirtschaft
Ob die deutsche Industrie ihren Beitrag zum Klimaschutz noch leisten kann, ist fraglich. Wie das Institut für Energieeffizienz in der Produktion EEP der Universität Stuttgart berichtet, ist der Energieeffizienz-Index EEI in der aktuellen Befragung auf den tiefsten Stand seit Beginn der Erhebung gesunken. Der Grund liegt in geringeren Investitionen in Energieeffizienz. Die Unternehmen steigern ihre Energieproduktivität kaum noch. In vielen Unternehmen sind die einfachen Maßnahmen bereits umgesetzt und für weitergehende Projekte fehlen häufig die Ressourcen. Hinzu kommt die gute konjunkturelle Lage und die politische Unsicherheit.
Doch positiv ist, dass sich knapp die Hälfte der Befragten von der neuen Bundesregierung verstärkte Anstrengungen zur Steigerung der Energieeffizienz wünschen. Diese Forderung passt zu einem offenen Brief der Arbeitsgemeinschaft der Energieeffizienz-Netzwerke. Sie fordert in dem Brief an die Energiesprecher der Koalitionsparteien eine intensivere Nutzung der Energieeffizienz-Netzwerke in der Wirtschaft als eine zentrale Maßnahme der Bundesregierung zur Verminderung der Lücken der Energie- und Klimaschutzziele 2020.
Energieeffizienz-Index Winter 2017/18 der deutschen Industrie
Immerhin bleibt die Einschätzung der Bedeutung von Energieeffizienz in den knapp 500 befragten Unternehmen stabil. Aber der Investitionsindex, also der Anteil von Energieeffizienz-Maßnahmen an den gesamten Investitionen hat sich im Vergleich zur letzten Erhebung halbiert. Am extremsten zeigt die Kurve nach unten, welche die erwartete Steigerung der Energieproduktivität beschreibt: Innerhalb eines halben Jahres sank dieser Wert von 1,74 auf 0,2 ab.
„Obwohl Unternehmen die Bedeutung der Energieeffizienz konstant hoch einschätzen, setzen sie deutlich weniger Energieeffizienz-Maßnahmen um. Der Grund könnte sein, dass einfache Maßnahmen häufig bereits umgesetzt sind und für die schnelle Umsetzung komplexerer Maßnahmen die Ressourcen fehlen. Die aktuelle Hochkonjunktur sowie die politische Unsicherheit im Wahljahr haben diese Effekte noch verstärkt“,
so Prof. Alexander Sauer, der Leiter des Instituts für Energieeffizienz in der Produktion EEP in Stuttgart.
Das Institut für Energieeffizienz in der Produktion EEP der Universität Stuttgart erhebt seit 2013 halbjährlich aktuelle und geplante Aktivitäten der deutschen Industrie zur Energieeffizienz. Der EEI wird in Zusammenarbeit mit der Deutschen Energie-Agentur (dena), dem Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), dem Fraunhofer IPA und dem TÜV Rheinland erstellt.
Offener Brief der AGEEN für Energieeffizienz-Netzwerke
Auf Wunsch von Prof. Jochem veröffentliche ich im folgenden den offenen Brief der Arbeitsgemeinschaft Energieeffizienz-Netzwerke Deutschland AGEEN an die Energiesprecher der Parteien in den Koalitionsverhandlungen. Die AGEEN möchte eine Stärkung des Instruments der Energieeffizienz-Netzwerke erreichen. Sie sollen eine zentrale Maßnahme der Bundesregierung zur Verminderung der Lücken der Energie- und Klimaschutzziele 2020 sein.
Energieeffizienz-Netzwerke zur Verminderung der Lücken der Energie- und Klimaschutzziele
Die auf Basis der Klimaschutzforschung basierenden energie- und klimapolitischen Ziele der Bundesregierung werden für 2020 trotz vieler engagierter Maßnahmen deutlich verfehlt. Dies gilt sowohl für die Industrie und sonstige Wirtschaftssektoren als auch für die Zivilgesellschaft. Die zentralen Elemente zur Erreichung der Ziele für 2020 und später sind bekanntermaßen die effizientere Nutzung der eingesetzten Energie und die Substitution fossiler Energieträger durch den Einsatz von Erneuerbaren Energien. Die effizientere Nutzung von Energie – einschließlich der Nutzung großer Abwärmemengen – bringt den Unternehmen unter dem Strich geringere Produktionskosten und höhere Gewinne sowie den Herstellern von energieeffizienten Lösungen mehr Umsatz und inländische Beschäftigung.
Innerhalb der Bemühungen zur mehr Energieeffizienz in Industrie und sonstiger Wirtschaft überzeugen die Energieeffizienz-Netzwerke als ein Instrument mit sehr hoher Wirksamkeit bei geringem Aufwand. Aus diesem Grund wurde im Dezember 2014 die Verbändevereinbarung zwischen Politik und Wirtschaftsverbänden zur Bildung von 500 Netzwerken im Rahmen der Initiative Effizienz-Netzwerke bis 2020“ abgeschlossen. Es geht um Energiekosteneinsparungen von rd. 1 Mrd. € jährlich ab 2021.
Bis Januar 2018 – der Halbzeit der Selbstverpflichtung der deutschen Wirtschaft – wurden rund 150 Netzwerk-Gründungen realisiert, d.h. eher zu wenige.
Energieeffiziente Produktionsstrukturen zu realisieren, bevor man ihre Digitalisierung (Industrie 4.0) vorantreibt, ist die richtige Reihenfolge.
Wir appellieren daher an die Verantwortlichen der Koalitionsverhandlungen, die energie- und klimapolitischen Absprachen für die Industrie und die sonstige Wirtschaft so klar zu formulieren, dass mehr und schneller Netzwerke mit einem wirksamen Standard und langen Laufzeiten entstehen. Hier könnte die Teilnahme an Effizienz-Netzwerken auch an Ausnahmeregelungen von der Energie- oder Stromsteuer oder der EEG-Umlage geknüpft werden – ähnlich wie in der Schweiz mit einer Befreiung von der CO2-Abgabe von derzeit 94,- CHF (80 € je Tonne) bei Teilnahme an einem Netzwerk.
Für vertiefte Erläuterungen dieses Appells steht Ihnen der Vorstand der AGEEN zur Verfügung. Es geht darum, die Chancen eines nachhaltigen Wachstums, die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit und zusätzliche Beschäftigung zu realisieren.
Unterzeichner des offenen Briefs sind Prof. Dr. Eberhard Jochem, Paul Fay, Dr. Michael Brand und Dr. Serafin von Roon.
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