Endlich wird über die Wärmewende diskutiert!
Endlich ist die Wärmewende ein Thema. Ausgerechnet bei dem niedrigen Ölpreis kommt Schwung in die Debatte zur Wärmeversorgung von morgen. Ich lese momentan an vielen Stellen von Strategien und Gedanken zur Wärmewende. Nach dem Klimagipfel von Paris wird es Zeit auch in diesem Segment aktiv zu werden.
Ich hatte das Thema schon etwas vernachlässigt und mich mehr mit anderen Gebieten der Energiewende beschäftigt. Als der Ölpreis immer weiter angestiegen ist, hatte sich kaum jemand dafür interessiert. Heute erreicht der Preis für Heizöl laufend einen Rekord-Tiefstand und der Anteil der verkauften Öl-Brennwertheizungen steigt deutlich an. Doch es wird zumindest diskutiert, wie der Klimaschutz im Wärmemarkt vorangebracht werden kann. Ein deutlicher Fortschritt, auch wenn er sich noch nicht auf den CO2-Ausstoß auswirkt.
Inhalt
Große Bedeutung der Wärmewende für den Klimaschutz
Was ich unter der Wärmewende verstehe, hatte ich vor zwei Jahren schon deutlich gemacht. Damals hatte ich betont:
„Wenn wir ernsthaften Klimaschutz wollen, dann müssen wir uns auch mit der Wärmewende befassen.“
Nach dem positiven Abschluss der Klimakonferenz COP21 von Paris, kommt man also folgerichtig nicht am Thema Wärme vorbei. Die Kälteenergie rechne ich da mit rein, physikalisch ist Kälte ja auch eine Form der Wärme.
Im Blog ecoquent-positions erinnert Doreen Brumme an die Bedeutung des Wärme- und Kältesektors:
„Gut die Hälfte der Endenergie verbrauche der Wärme- und Kältesektor demzufolge. Davon gingen 45 Prozent für Wohngebäude, 37 Prozent für die Industrie und 18 Prozent für den Dienstleistungssektor drauf. Dem hohen Verbrauch der drei Bereiche, allen voran dem der Wohngebäude, stünde eine sehr niedrige Sanierungsquote zwischen 0,4 und 1,2 Prozent gegenüber.“
Eine Wärmewende hat also viele Seiten. Sie muss genauso die Effizienz, also den Wärme- und Kältebedarf, betrachten, wie auch „die Deckung des verbliebenen Wärmebedarfs möglichst mit erneuerbaren Energien“. Das Zitat stammt aus einem Beitrag von mir aus dem Herbst 2014.
Europäische Strategie zur Heizung und Kühlung von Gebäuden
Ein großer Anlass zur aktuellen Diskussion war der Vorschlag einer Wärme- und Kältestrategie für Europa, den die EU-Kommission Mitte Februar veröffentlicht hatte. Wie das Magazin Sonne, Wind & Wärme bereits vorab berichtet hatte, setzt die Kommission vor allem auf Informationen, Transparenz und Freiwilligkeit, um die Zahl der Sanierungen zu erhöhen. Dazu gehören die Energieausweise für Gebäude und Energieeffizienzlabel für Heizungsanlagen.
So soll das Energielabel für bestehende Heizungen, das es bisher nur in Deutschland gibt (eingeführt zum Jahresbeginn 2016), auf ganz Europa ausgedehnt werden. Alles andere ist eher vage und mehr eine Absichtserklärung. Wie die EPDB-Gebäuderichtlinie (Energy Performance of Buildings Directive) überarbeitet wird, ist noch völlig offen.
Pläne der EU-Kommission
Schön anschaulich sind die Pläne der Kommission in einer Infografik von Euractiv dargestellt. Die Wärme- und Kältestrategie der EU besteht aus diesen fünf Hauptinitiativen:
- Vereinfachung der Gebäudesanierungen
- Integration von strombasierenden Systemen mit Heizungs- und Kälte-Systemen
- Erhöhung des Anteils von erneuerbaren Energien
- Nutzung von Abwärme aus der Industrie
- Einbeziehung von Verbrauchern und Industrie
Diese Punkte sind nur eine grobe Strategie, die Umsetzung erfolgt in den Mitgliedsstaaten. Diese sind dafür verantwortlich, dass wir künftig klimaschonender Heizen und Kühlen.
Blaupause Wärmewende der Deutschen Umwelthilfe
Ein anderes aktuelles Dokument ist das Positionspapier „Blaupause Wärmewende“ der Deutsche Umwelthilfe e.V. (DUH). Darin werden Defizite bei den politischen Rahmenbedingungen identifiziert und verschiedene Handlungsoptionen aufgezeigt, um die Energiewende im Wärmebereich voranzutreiben.
Mit sieben Kernthemen liefert die „Blaupause Wärmewende“ Impulse, um die Wärmeversorgung konsequent umzustrukturieren. Dazu zählen die Weiterentwicklung der Gesetzesrahmen, die Einführung verbindlicher Sanierungsfahrpläne sowie der Ausbau staatlicher Förderprogramme. Transparenz und Planungssicherheit durch verlässliche Rahmenbedingungen müssen geschaffen werden, um Investitionsentscheidungen für klimaschonende Sanierungsmaßnamen zu fördern. Verbesserungspotential sieht die DUH bei der Kommunikation über die Vorzüge einer erneuerbaren Wärmeversorgung und der effizienten Nutzung von Endenergie. Auch die Debatte um Nachhaltigkeit und ökologische Folgen von Bau- und Sanierungsaktivitäten werde bisher vernachlässigt.
Die sieben Kernthemen der DUH zur Wärmewende
Aus dem Positionspapier der Deutschen Umwelthilfe für mehr Energieeffizienz und erneuerbare Wärme
- Das Gesamtsystem im Blick – den Wärmesektor richtig einordnen und verstehen
- Kohärenten Gesetzesrahmen schaffen – Zusammenführung, Vereinfachung und Weiterentwicklung von EnEG, EnEV und EEWärmeG
- Dekarbonisierung voranbringen – Mehr erneuerbare Energien für die Wärmeversorgung
- Bewusstsein für Energieeffizienz verbessern – Instrument des Energieausweises stärken
- Orientierung und Planbarkeit unterstützen – Gebäudeindividuelle Sanierungsfahrpläne verbindlich einführen
- Bewusstsein für den eigenen Energieverbrauch schärfen – Standardisierte und transparente Heizkostenabrechnung
- Sanierungsqualität als Schlüssel für die Wärmewende – Nachhaltig Sanieren mit ökologischen Dämmstoffen
Vergleicht man den Strom- und Wärmesektor fällt auf, dass der Anteil der erneuerbaren Energien bei der Wärmeversorgung verhältnismäßig niedrig ist.
„Es fehlen wichtige Anreize für den Umstieg auf eine erneuerbare Energieversorgung“, erläutert Peter Ahmels, Bereichsleiter Energie und Klimaschutz bei der DUH. „Gerade jetzt, wo die Energieeinsparverordnung und das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz überarbeitet werden und die Energiepreise sehr niedrig sind, ist eine günstige Gelegenheit dafür. Bevor wieder eine Festlegung für viele Jahrzehnte erfolgt und die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen noch für Jahrzehnte festgeschrieben wird.“
Kommt die Wärmewende jetzt voran?
Es ist ja schön, dass diskutiert wird, das kann der erste Schritt zur Handlung sein. Aber noch gibt es keinen Fortschritt, die Sanierungsquote ist einfach zu gering für wirksamen Klimaschutz. Die sieben Schritte des DUH können eine gute Anleitung sein, müssen aber im gesamten Paket betrachtet werden.
Jetzt kommt es auf konkrete Handlungen an, damit über die Wärmewende nicht nur diskutiert wird. Sie muss jetzt zur Realität werden – gerade bei dem niedrigen Preis für Heizöl.
Hallo Andreas,
es hilft alles nichts – nur durch eine massive Veringerung des Wärmebedarfs ist eine Wärmewende wirklich zu schaffen.
Die Reihe "Handwerker des Monats" bei ecoquent reiht für mich bezüglich Wärmewende eine Peinlichkeit an die andere.
Beim Austausch einer schrottreifen Ölheizung durch Pellet und ST "Warum bei der Umstellung von Öl auf Solar der Energieverbrauch halbiert werden kann" von 48MWh/a auf 25MWh/a für 230m² zu kommen, wobei die ST noch was dazu tut, ist ganz ehrlich für mich nur oberpeinlich.
Der Heizwärmebedarf ist unverändert vorher und nachher ~108kWh/m²a und damit viel zu viel für eine Wärmewende.
Nschdem ich keine Forschungsinstitution ins Boot bekommen konnte, mach ich mein Projekt bis heute ohne, dass eine größere Öffentlichkeit davon Nutzen hat 🙁 außer übers HTD Forum – siehe link.
Dank Iso bin ich bis jetzt von 28000kWh/a auf 7700kWh/a herunter gekommen, wobei die fälschliche Annahme, dass Wände zum Reihenhausnachbarn keine Verluste produzieren – was bei mir gänzlich falsch ist – bei mir sind 2/3 der verbliebenen Wärmeverluste eben diese Wand zum Reihenhausnachbarn.
In Zahlen bei 0°C AT sollte ich nach Berechnung 800W brauchen, tatsächlich brauche ich 2400W. Der Verlust lässt sich sogar messtechnisch/rechnerisch nachweisen. (siehe mein link)
Mit der geplanten Iso-Maßnahme bei der Zwischenwand hoffe ich, mindestens auf/unter 20kWh/m²a zu kommen, das wären dann 3600kWh/a (rechnerisch ohne Betrachtung der Zwischenwand wären es nur 1854kWh/a, bzw. 10,3 kWh/m²a).
Nur, wenn man wirklich richtig isoliert, nicht schüchterne WDVS. sondern auf U-Werte ~ 0,1, kann es wirklich eine Wärmewende geben. Und erst nachdem man den Bedarf reduziert hat, sollte man den Wärmeerzeuger anpassen – sonst tauscht man den zweimal…
LG jogi54
Hallo jogi54,
das ist ganz meine Rede, Wärmewende geht nur mit einer kompletten Betrachtung des Gebäudes und nicht mit einzelnen Maßnahmen. Der Austausch der Heizung zu egal welcher Heizung ist für mich noch keine Wärmewende, auch wenn das von der Industrie oft suggeriert wird. Natürlich ist eine ambitionierte Sanierung immer die beste Lösung, da dann kaum noch Energie hinzu gekauft werden muss. Kann sich das aber jeder leisten, die Investition und der Aufwand leider erst mal sehr hoch, um das Ziel zu erreichen.
VG,
Andy
Hallo Mareike,
jetzt muss die Diskussion am Laufen gehalten werden und alle müssen am Thema dran bleiben. Dann gelingt vielleicht mehr Eigentümern der Schritt zur aktiven Handlung. Ich finde es prima, dass Du viele solcher Beispiele im Blog zeigst Menschen die die Wärmewende leben. Solche Beispiele können auch zeigen, wie trotz niedrige Ölpreise die Wärmewende attraktiv sein kann.
Sonnige Grüße aus Berlin!
Hallo Andreas,
klasse Artikel! Finde es auch super, dass das Thema endlich vermehrt diskutiert wird. Je mehr darüber geredet und nachgedacht wird, desto mehr Menschen werden für die Wärmewende sensibilisiert – und leben sie in ihrem Zuhause. Was viele nicht wissen: Wärmepumpen können auch in der Sanierung effizient eingesetzt werden! PV dazu – schöne Lösung!
Ich berichte ja auch gerne über Menschen, die die Wärmewende leben – sind meine Lieblingsstorys im STIEBEL ELTRON Blog 🙂
Viele liebe Grüße aus Holzminden
Mareike