Interessiert sich denn keiner für die explodierenden Heizkosten?
Eigentlich wollte ich meinen Beitrag zur Blogparade über die Wärmewende ganz anders beginnen, aber der gestrige Tag war wieder typisch. Zahlreiche Medien stürzten sich auf die Pressemitteilung des Statistischen Bundesamtes und berichteten von der Verdoppelung der Strompreise für private Haushalte seit dem Jahr 2000.
Dass dagegen im gleichen Zeitraum die Preise für Heizöl und Erdgas um fast das Dreifache angestiegen sind, wie die „Daten zur Energiepreisentwicklung“ des Statistischen Bundesamtes zeigen, hat hingegen kaum jemand bemerkt. Eine typische Situation für die Wärme in der Energiewende.
Inhalt
Energiewende ist mehr als der Ausbau von Photovoltaik und Windenergie
Dass es Zeit wird, sich mit dem Thema Wärme in der Energiewende intensiver zu befassen, habe ich hier schon häufig betont. Energiewende ist viel mehr als der Umstieg von Atom- und Kohlekraftwerken auf Steom aus erneuerbaren Energien. Diese Betrachtung, die leider fast der Normalfall ist, greift zu kurz. Unter dem Gesichtspunkt des Klimaschutzes müssen auch die Wärmeversorgung und der Verkehr in die Energiewende einbezogen werden.
Wir brauchen neben der bisher praktizierten Stromwende, als auch eine Verkehrs- und eine Wärmewende. Daher freue ich mich sehr, dass Cornelia Daniel-Gruber bei ecoquent-positions.com zu einer Blogparade über die Wärmewende aufgerufen hat. Vielleicht schaffen wir es damit dem Thema in der Öffentlichkeit zu mehr Aufmerksamkeit zu verhelfen.
Was ist eine Wärmewende?
Die Schwierigkeiten fangen aber schon bei der Definition des Begriffes „Wärmewende“ an. Geht man dies an, wie im Strombereich, und betrachtet nur die Angebotsorientierung mit dem Ziel die benötigte Wärme mit erneuerbaren Energien bereit zu stellen, dann wird man recht schnell auf Schwierigkeiten stoßen. Die Reduzierung des Wärmebedarfs von Gebäuden und die Deckung des verbliebenen Wärmebedarfs möglichst mit erneuerbaren Energien sollte das Ziel der Wärmewende sein.
Mit dem etwas fachlicheren Begriff des Wärmebedarfs habe ich das böse Wort „Dämmung“ elegant umfahren, denn es kommt auf das gesamte Gebäude an und nicht auf einzelne Bauteile. Das ist in den bisherigen Artikeln zur Blogparade von ecoquent-positions nicht deutlich genug geworden.
Was ist dann das Ziel, sollen wir alle in einem Passivhaus, in einem Plusenergiehaus oder einem Aktivhaus leben? Das sind ganz unterschiedliche Konzepte und jeder muss die eigene beste Lösung finden, je nach Ausgangslage und Bedingungen vor Ort.
Warum brauchen wir eine Wärmewende?
Den Begriff Wärmewende liest man noch sehr selten, es wird aber langsam häufiger. Dabei brauchen wir alleine aus Kostengründen eine Veränderung im Wärmesektor, denn die Preise für Öl und Gas sind in den letzten zehn Jahren deutlich stärker angestiegen als die Strompreise. Aus politischen Gründen ist eine höhere Unabhängigkeit von Öl- und Gas-Importen ebenfalls dringend notwendig. Den Klimaschutz kann ich mal hinten anstellen, der erledigt sich dann von alleine.
Das klingt doch eigentlich so überzeugend, warum passiert dann bisher so wenig? Das ist kompliziert und nicht gerade in einem Artikel zu beantworten. Ganz vorne würde ich die Angst vor Veränderungen stellen, die Wärmeversorgung funktioniert ja noch sehr gut und wer die Heizkosten nicht bezahlen kann, dreht die Heizung einfach runter, schaltet sie vielleicht ganz aus und zieht weitere Pullover an.
Natürlich ist diese Veränderung auch sehr komplex. Was ist jetzt wirtschaftlicher, nur die Heizung auszutauschen, nur einzelne Bauteile der Gebäude zu dämmen, nur die Fenster auszutauschen oder doch das gesamte Gebäude energetisch zu sanieren? Und wer soll das alles bezahlen? Die Kosten einer kompletten Sanierung sind doch erheblich.
Dann kommen noch die vielen Interessen bei den vielen einzelnen Gewerken dazu, jeder sieht sich selbst als am wichtigsten – auch wenn man gemeinsam mehr erreichen könnte. Die bewusst gestreute Verunsicherung in einigen Medien kommt noch zu dem komplexen Thema hinzu, wer auch immer ein Interesse daran hat.
Energiewende ist ein umfassendes Projekt mit Strom, Verkehr und Wärme
Eigentlich ist bei den oben genannten Argumenten klar, dass wir eine Wärmewende brauchen. Da macht es eigentlich keinen Sinn es wieder in Frage zu stellen. Wenn wir aber mal einen genauen Blick auf die Stromwende werfen, die eigentlich die Energiewende sein soll, dann sieht man einige Überschneidungen:
- Wärmeerzeugung in BHKW zum Ausgleich der fluktuierenden Erneuerbaren Energien
- Speicherung von überschüssigem Strom in Nahwärmenetzen
- Heizung und Warmwasserbereitung über Wärmepumpen mit Strom aus der PV-Anlage vom Dach
In diesen Beispielen hängen Stromwende und Wärmewende voneinander ab, es gibt sicher noch weitere Schnittpunkte. Bei einer Verkehrswende, die hier nicht das Thema ist, würden sich noch weitere Beispiele finden lassen.
Stoppt den Heizwahn!
Dennoch zeigt gerade der Anfang des Beitrags, dass es dringend Zeit wird für mehr Aufmerksamkeit für den Wärmebereich in der Energiewende. Auch wenn momentan die Preise für Heizöl niedriger sind, die Kostenbelastung bei den Heizkosten zu vernachlässigen wäre langfristig äußerst fahrlässig. Zur Zeit sind die Preise für Heizöl etwas niedriger, aber sie werden wieder steigen und die Winter werden wieder kälter.
Der Heizwahn macht arm, politisch abhängig und ist gefährlich. Ich könnte die gleichen Argumente, die gegen Wärmedämmung vorgebracht werden und unsinnig sind, auf die Heizung anwenden. Lieber wäre mir aber hier mehr positive Beispiele zu zeigen. Was meint Ihr dazu? Oder habe ich jetzt das Thema der Blogparade verfehlt?
Weitere Beiträge der Blogparade zur Wärmewende
- Ecoquent-Positions: Blogparade zur Definition der Wärmewende
- Solar-Wissen: Blogparade – Definition der Wärmewende
- Enbausa: Verteilungskämpfe behindern die Wärmewende
- Thermondo: Blogparade: Definition Wärmewende
Hallo Andreas, heute gab es tatsächlich eine Randnotiz zu dem Thema. Claudia Kemfert, die Energie-Expertin des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) geht davon aus, dass die niedrigeren Börsenpreise auch beim Verbraucher ankommen. Man wird sehen. http://relinx.de/wlc6op/
Hallo Linda, bei den Heizkosten wird das aber auch nicht helfen. Wir dürfen nicht vergessen diese sind viel höher als die Stromkosten in Privathaushalten.
Hallo,
ich vermute einmal, dass das Thema Energiewende an sich noch nicht überall richtig angekommen ist. Sie besteht ja aus zwei Elementen 1. die Energie so effizient wie möglich einzusetzen und 2. die benötigte Energie möglichst aus erneuerbaren Quellen beziehen.
Was die Wärmewende betrifft: Häufig verlassen sich die Häuslebesitzer auf einzelne Handwerker (wobei jeder für sich durchaus einen guten Job machen kann) – und vergessen damit, dass unabhängige energetische Betrachtung des Objekts vor allen Arbeiten stehen sollte. Deshalb wird oft das kein optimales Ergebnis erreicht.
Hallo Gerhard,
völlig richtig, darauf versuche ich hier auch immer wieder hinzuweisen. Aber selbst die zwei Elemente Effizienz und(!) erneuerbare Energien sind noch nicht bei allen Anhängern der Energiewende angekommen. Ersteres wird gerne vernachlässigt oder als unwichtig betrachtet.
Bei Einfamilienhäusern ist es in der Tat so, dass man sich gerne auf einzelne Handwerker verlässt, die aber nicht das gesamte Haus im Blick haben, sondern nur das eigene Gewerk. Wie soll man damit umgehen? Für unabhängige Energieberater wollen Häuslebesitzer kein Geld ausgeben und für diese lohnt sich die Arbeit zu wenig. Gibt es vielleicht lokale Zusammenschlüsse von Handwerkern mit Energieberatern?