Gibt es auch positive Seiten für die Energiewende im Eckpunktepapier der Bundesregierung?
Das Eckpunktepapier des neuen Wirtschaftsministers Sigmar Gabriel hat viel Kritik hervor gerufen in der Branche der erneuerbaren Energien und aus den Reihen der Unterstützer. Auch ich habe mich gefragt, was damit erreicht werden soll und habe vom neuen Bündnis Bürgerenergie berichtet, das die Interessen der Energiebürger vertreten möchte.
Den Kommentaren nach ist die Energiewende damit am Ende. Stimmt das wirklich oder ist nur die Förderung am Ende? Es gibt da einen innovativen Ökostromanbieter, einer der Top 4, die immer wieder als vertrauenswürdig empfohlen werden, der sieht das anders und kann dem Eckpunkte-Papier durchaus einige positive Seiten abgewinnen.
Lichtblick sieht positive Ansätze im EEG 2.0
Das hat mein Interesse geweckt, schließlich muss die Energiewende weiter gedacht werden und wir können uns nicht auf dem bisher erreichten ausruhen. Ich freue mich, dass Ralph Kampwirth, mir als Bereichsleiter der Unternehmenskommunikation von Lichtblick SE einige Fragen dazu beantwortet hat.
energynet.de: Lichtblick gehört zu den großen vertrauenswürdigen Ökostromanbieter. Dennoch begrüßen Sie, im Gegensatz zu dem großen Aufschrei der Ökostrombranche und ihrer Unterstützer, die Pläne der Bundesregierung des EEG zu überarbeiten. Ist das nicht ein Widerspruch?
Ralph Kampwirth (Lichtblick): Die Branche der Erneuerbaren Energien muss sich bewegen. Bei jeder Reform des EEG wurde bislang das Ende der Energiewende heraufbeschworen – doch der Ökostrom-Ausbau ging stetig munter weiter. Wir sind technologisch und wirtschaftlich mit Riesenschritten voran gekommen – es ist Zeit, dass die Erneuerbaren Energien mehr Verantwortung übernehmen, mehr Markt wagen. Die Branche sollte nicht bremsen, sondern am besten selbst Vorreiter sein und Lösungen für den neuen Energiewende-Markt anbieten. Das ist auch eine Frage der Glaubwürdigkeit.
Wo liegen die Pluspunkte der neuen Regelungen im EEG 2.0?
Wirtschaftsminister Gabriel will weniger fördern und mehr fordern. Das geht in die richtige Richtung. Wir würden an manchen Stellen aber noch mehr Mut, noch mehr Markt wünschen. Zum Beispiel bei der Direktvermarktung von Sonnenstrom. Da kann man auch kleinere PV-Anlagen schon fordern. Da können sich ganz neue Dienstleistungsprodukte herausbilden in einer Mischung aus Optimierung der Solarstromnutzung vor Ort, der Stromeinspeisung ins Netz und der Belieferung mit Ökostrom, wenn die eigene PV-Anlage nicht erzeugt.
Eigenverbrauch wird zum Motor der Energiewende
Die innovativen Ansätze von Lichtblick für den Eigenverbrauch auch in Mehrfamilienhäsuern finde ich sehr gut. Warum wird jetzt aber der Eigenverbrauch belastet und sind die Pläne von Lichtblick, Mieter an der Energiewende teilhaben zu lassen, damit gefährdet?
Mieterstrom wird vom Gesetzgeber anders behandelt als die Eigenstromnutzung durch Einfamilienhausbesitzer. Das ist ein Ungleichgewicht, das wir beseitigen müssen. Unsere Vorschlag ist, dass Strom, der lokal erzeugt und verbraucht wird, maßvoll an den Kosten der Energiewende beteiligt wird. Da müssen die gleichen Spielregeln für Mieter wie für Hausbesitzer gelten.
Der Eigenverbrauch wird zum neuen Motor der Energiewende. Wir bieten im Berlin im Gelben Viertel ZuhauseStrom für Mieter an – ein Mix auf PV-Strom vom Dach und Ökostrom von LichtBlick. Der Strom ist nicht nur preiswerter als herkömmliche Tarife, sondern entlastet auch das EEG. Allein in diesem Projekt kann die Allgemeinheit um bis zu 200.000 Euro Förderkosten pro Jahr entlastet werden. Und zugleich beteiligen sich die Mieter trotzdem noch an der Finanzierung des EEG.
Gibt es weitere Möglichkeiten für einen Stromanbieter Strom aus erneuerbaren Energien direkt, ohne das EEG, zu verkaufen? Was müsste sich am EEG für eine bessere Direktvermarktung ändern?
Bisher hat das EEG den Ökostrom gefördert, künftig muss es den Rahmen dafür schaffen, dass wir Wind- und Sonnenstrom in den Markt integrieren. Wichtig ist, dass Raum bleibt für eine Vielzahl von neuen Ökostrom-Produkten, damit echter Wettbewerb entstehen kann.
Hat Lichtblick weitere Pläne zur Direktvermarktung?
Wir haben mit dem SchwarmDirigenten die Energiewende-Plattform für dezentrale Kraftwerke, Speicher und Verbraucher entwickelt. Hier koppeln wir lokale Anlagen mit den Energiemärkten. LichtBlick wird vom reinen Ökostrom-Verkäufer zum Energiemanager der Millionen Haus-Kraftwerke, die in Deutschland entstehen. ZuhauseStrom oder Strom und Wärme aus unseren ZuhauseKraftwerken sind da nur der Anfang.
Kann das Konzept der Bundesregierung die Stromkosten reduzieren?
Die EEG-Umlage hat vielleicht sogar schon ihren Höhepunkt erreicht. Vor allem, wenn man die ungerechtfertigte Entlastung der Industrie eindämmt und Unternehmen angemessen an den Kosten der Energiewende beteiligt. Das ist längst überfällig und würde die Verbraucher entlasten.
Kann mich Hubertus Grass nur anschließen. Wirklich schön auch mal etwas positives zu hören. Das gibt Mut.
Und das die „ungerechtfertigte Entlastung der Industrie eingedämmt“ wird ist eben auch wirklich mal ein sinnvoller Schritt.
Das ist wohltuend, wenn ein Ökostrom-Anbieter in der aufgeheizten Debatte von der Politik Mut zu mehr Markt fordert. Der Weg, aus der Dagegen-Haltung heraus zu treten und selbst Verantwortung zu übernehmen, wird mehr Erfolg bringen als das Festhalten am Status quo.
Mir ist es ein Anliegen Vorreiter und Vordenker der Energiewende ein Forum zu bieten. Allerdings gibt es sehr oft unterschiedliche Definitionen von Markt in der Energiewirtschaft. Die meisten verstehen darunter ein Vertrieb über die Strombörse, was den erneuerbaren Energien sicher nicht gerecht wird und auch nicht gerecht werden kann. Die Zukunft liegt meines Erachtens eher in der direkten Vermarktung an den Verbraucher am Ort oder in der Nähe es Erzeugers.