Bürger wollen als Marktführer und Treiber die Energiewende mitgestalten
Die Geschwindigkeit der Energiewende im Strombereich hat viele Beteiligte überrascht und vielen geht sie auch zu schnell. Daher unternimmt die Politik immer wieder Versuche die Energiewende auszubremsen. Doch den großen Treiber der Energiewende, die Bürger vor Ort in den Kommunen und Regionen, hat das bisher nicht gestört oder gehindert weiter in Erneuerbare Energien zu investieren. Die neuesten Reformpläne der Bundesregierung könnten jedoch das Aus für viele Bürgerenergie-Projekte bedeuten. Eine neue Initiative, das Bündnis Bürgerenergie e.V., möchte nun in der Politik dem Energiebürger eine Stimme geben.
Inhalt
Bedeutende Rolle der Bürger in der Energiewende
Das EEG mit dem Einspeisevorrang für Erneuerbare Energien und der sicheren Einspeisevergütung hat den Energiemarkt ganz schön verändert. Viele neue Akteure sind auf dem Markt hinzu gekommen. Einzelne Bürger mit ihrer eigenen Dachanlage, auch Kommunen, Landwirte, Genossenschaften und kleine Unternehmen haben viel Geld investiert in Anlagen zur Erzeugung von Strom aus Sonne, Wind und Bioenergie.
Die Bürger sind mit ihren Investitionen zum Motor der Energiewende geworden. So haben alleine im Jahr 2012 Bürger über fünf Milliarden Euro in Erneuerbare Energien investiert. Mittlerweile kommt fast jede zweite Kilowattstunde Ökostrom aus Anlagen, die Bürgern gehören.
Und die Energieversorger? Den großen Energieversorgern gehören gerade mal drei Prozent der Photovoltaik-Anlagen und zehn Prozent der Windenergie-Anlagen.
Bürger sind die Marktführer der Energiewende dürfen aber nicht mitreden
Doch von der Politik werden nur die großen Energieversorger und deren Verbände angehört, nur diese haben Einfluss auf die künftige Gestaltung der Förderung und des Strommarktdesigns. Die Interessen der Bürger haben bisher keine Stimme.
Das neu gegründete Bündnis Bürgerenergie e.V. soll dies nun ändern und alle bisherigen Bemühungen, die engagierten Bürger in der Politik zu vertreten, bündeln. Zur Gründung am 28.01. standen bereits elf Organisationen hinter dem Bündnis, dazu gehören die Netzkauf EWS eG, die Stiftung Neue Energie, die GLS Bank Stiftung, die 100 prozent erneuerbar Stiftung, die Haleakala-Stiftung, BürgerEnergie Thüringen e.V., das Landesnetzwerk Bürgerenergiegenossenschaften Rheinland-Pfalz e.V., Netzwerk Energiewende Jetzt, Naturstrom AG, der Bundesverband Erneuerbare Energie e.V. (BEE) und die Agentur für Erneuerbare Energien.
Weitere Interessierte Organisationen, die mit den Zielen der von Bürgern getragenen Energiewende können dem Bündnis beitreten. Zahlreiche partizipative Elemente in der Satzung verdeutlichen den Willen zur Beteiligung der Bürger.
Dieses breite Bündnis wird die Interessen der Bürgerenergie bündeln und die „Kultur der Bürgerenergie“ in der Politik und der Öffentlichkeit vertreten und stärken. Darüber hinaus soll die Bürgerenergie-Gemeinschaft durch eine bessere Vernetzung gestärkt werden.
Bürger wollen mitgestalten
Dass die Bürger mitreden und Verantwortung übernehmen wollen und nicht nur investieren, zeigen die vielen lokalen Projekte, Organisationen und Genossenschaften, die alle von einzelnen Bürgern aufgebaut und und betreut werden.
Der Vorsitzende des Aufsichtsrates und Vertreter von „Energiewende Jetzt“, Dietmar Freiherr von Blittersdorf, erklärte dazu:
„Die Bundesregierung hat noch nicht erkannt, dass vor allem die Bürgerinnen und Bürger vor Ort mehr Nachhaltigkeit in die Energieversorgung bringen. Ohne sie wäre die Energiewende noch weit von den politisch erklärten Zielen entfernt.
Die aktuelle Trägerin des Deutschen Umweltpreises, Ursula Sladek, ergänzt als eine der Initiatorinnen des Bündnisses:
„Unser Ziel ist es der Bürgerenergie im politischen Berlin eine kraftvolle Stimme zu verleihen. Die von der großen Koalition vorgeschlagenen Reformpläne sind ein Schlag in das Gesicht der Millionen Bürger, die sich für eine dezentrale Bürgerenergiewende einsetzen. Ein Schlag in das Gesicht der Millionen Menschen, die sich für aktiven Klimaschutz vor Ort, die Aufwertung ihrer Region, Generationengerechtigkeit, politische Teilhabe und langfristige Stabilität der Energiepreise engagieren.“
Scharfe Kritik am Kurs der Bundesregierung
Die bisherige Entwicklung der Energiewende von unten sieht das Bündnis durch die Pläne der Bundesregierung als akut gefährdet an. Durch die verpflichtende Direktvernarktung und die geplanten Ausschreibungen werden Einschnitte kommen, die nur die Interessen der großen Marktakteure bedienen, so Hermann Falk vom BEE. Das wird Energiewende radikal ausbremsen und deren Akzeptanz gefährden. Politische und wirtschaftliche Teilhabe, wie bisher, wird für kleine Akteure deutlich erschwert.
Daher appelliert das Bündnis an die Bundesregierung die Bürgerbeteiligung nicht zu einer Frage von Ausnahmeregelungen und Bagatellgrenzen verkommen zu lassen. Das Engagement der Bürgerenergiegenossenschaften, Bürgerwindparks, Solarfördervereine, der Landwirte und der Eigentümer von Hausdächern müsse weiter gefördert und unterstützt werden.
Zur frühen Öffentlichkeitsbeteiligung bei Industrie- und Infrastrukturprojekten sei auch auf die VDI Richtlinie 7000 verwiesen, die zur Zeit in der Erstellung ist. Unter http://www.oliver-dittmann.de/expertenforum-zur-oeffentlichkeitsbeteiligung/ können Sie einen interessanten Artikel über das vor kurzem in Berlin einberufene Expertenforum zur Richtlinie abrufen.