Die Rahmenbedingungen des Marktes müssen an die Energiewende angepasst werden, nicht umgekehrt!
Gastbeitrag von Bürgermeister Michael Richter-Plettenberg, zuerst erschienen im Blog von Herrn Richter-Plettenberg am 16.02.2013 (Kontakt: Twitter, Facebook, Google+)
Michael Richter-Plettenberg ist Bürgermeister der hessischen Stadt Amöneburg und kandidiert für das Amt des Landrats im Kreis Marburg-Biedenkopf. In seiner Stadt setzt er die Energiewende konkret um, z.B. mit einem Windpark, an dem sich die Stadt beteiligen wird. Die Praxis der Energiewende vor Ort zeigt: Projekte dieser Art können landauf landab nur umgesetzt werden, wenn die von den Ministern Altmaier und Rösler geplanten drastischen EEG-Kürzungen nicht Wirklichkeit werden. Die Kommunen im ländlichen Raum sind vielfach die Vorreiter der Energiewende. Der Autor zeigt, dass dieses Engagement mit den vielfältigen wirtschaftlichen Chancen für die Regionen in Deutschland nur fortgesetzt werden kann, wenn das EEG mit Bedacht weiter entwickelt wird.
Der Titel dieses Beitrags stammt nicht von mir, sondern von dem von der Bundesregierung eingesetzten Nachhaltigkeitsrat, der zeitgleich am 14. Februar 2013 mit dem Altmaier/Rösler-Papier ein eigenes Positionspapier veröffentlicht hat. Ich möchte das aber voll und ganz unterschreiben.
In diesem Papier setzt sich der Rat kritisch mit der aktuellen Strompreisdebatte auseinander, und kritisiert deren fehlende Nachhaltigkeit, denn die Märkte reagieren kurzfristig, während die Energiewende langfristig wirkt.
Die in Gang gekommene Energiewende führt zu mehr Marktteilnehmern und damit zu einer Demokratisierung der Energieversorgung. Dieser Effekt ist nicht zu vernachlässigen. Der populistische Blick auf die Strompreisentwicklung und die Entwicklung der EEG-Umlage ist zu kurz gegriffen, wenn die Stromkosten für Endverbraucher in Deutschland nur etwa 20% der Energiekosten ausmachen.. Die Energy Road Map 2050 der EU-Kommission zeigt klar auf, dass die Energiewende für die Beteiligten und die Letztverbraucher kostengünstiger ist als ein „Weiter so“!
Wenn Bundesumweltminister Peter Altmaier heute beim Neujahrsempfang der CDU Marburg-Biedenkopf in einer sehr launigen und engagierten Rede forderte, das Thema aus dem Wahlkampf herauszuhalten, fragt man sich wirklich, ob man dem Mann, der ansonsten so erdig und authentisch wirkt Glauben schenken kann.
Sicher, das EEG muss man, nachdem fast 25% Stromanteil aus Erneuerbaren Energien am Markt erreicht sind, strategisch weiter entwickeln, aber doch nicht so, wie das Rösler und Altmaier am 14. Februar reflexartig gefordert haben. Der Titel des Papiers lautet: Dämpfung der Kosten der Energiewende, in Wirklichkeit aber müsste es heißen Dämpfung der Energiewende. Und nach den Ausführungen Altmaiers ist das auch tatsächlich die Motivation der Bundesregierung, die Energiewende, die für unser Land so viele Chancen mit sich bringt, abzudämpfen. Das ist schade, und man sollte keine Gelegenheit versäumen darauf hinzuweisen, dass eine nachhaltige Strategie mit dieser Haltung nicht verbunden ist.
Ein wesentlicher Preistreiber für die EEG-Umlage sind auch die niedrigeren Einnahmen am Spotmarkt, und es bleibt weiter ungerecht, dass Endverbraucher dafür zahlen, dass immer mehr Industriebetriebe von der EEG-Umlage befreit sind. Das muss steuerfinanziert werden, wenn es gerechtfertigt ist. Während die Industrie 18% Strom verbraucht, zahlt sie nur 0,3 % der EEG-Umlage. Zudem resultieren allein 0,67 Cent der diesjährigen Umlagenerhöhung aus einer Nachberechnung auf Grund einer falschen Prognose für 2012, und in 2012 war die Umlage gegenüber dem Vorjahr nahezu konstant.
Also bitte liebe Bundesregierung, bitte lieber Bundesumweltminister Altmaier, entwickeln Sie eine ganzheitliche und nachhaltige Strategie zur Weiterentwicklung der Energiewende in Form des EEG und des Energiewirtschaftsgesetzes, und zwar durch kritsiche Überprüfung aller Elemente.
Die Umsetzung des Regierungspapiers zerstört ein weiteres Mal Vertrauen und bringt viele in Planung befindliche Projekte ins wirtschaftliche Aus. Und viele davon sind kommunal und bürgerschaftlich getragen. Kontraproduktiv und schädlich für die Energiewende!
Position des Nachhaltigkeitsrats vom 14.02.2013
@RichterPletten
Das Problem, das wir derzeit haben, resultiert aus der verlorenen Wahl in Niedersachsen:
Eine vermeintlich wiedererstarkte FDP, die in Wahrheit nur Geschenke von CDU-Wählern erhalten hat, aber sofort die Klappe weit aufreissen (Rösler) und sich als ‚Sieger‘ feiern. Das muss ich als Unternehmer und treuer liberaler Wähler seit Jahren feststellen (wo ist uns‘ Genschman, wenn möglich mit Frischzellenkur) 🙁 ….
Und die CDU/CSU, die vor nichts mehr Panik haben als in einem Kopf-an-Kopf-Rennen mit wenigen Stimmen gegen Rot/Grün zu verlieren. In so einer Situation setzt bei allen Politikern der Verstand aus, jetzt wird nur noch Wahlkampf betrieben, und koste es die Energiewende.
Seltsamerweise bringt der derzeit praktizierte Unsinn zur Energiewenden Schwarz/Gelb überhaupt keine Sympathien beim Wähler, im Gegenteil, trotz höchster EE-Umlage ever bekommt diese immer noch vollen Rückenwind von den Wählern, weil mittlerweile jeder im Land kapiert hat, dass die Energiewende
– Arbeitsplätze bringt (Technologie-Export)
– hilft, das Klima zu erhalten, also für unsere Kindes-Kinder gut ist
– politische Stabilität im Nahen Osten bringt, das das blöde Öl immer unwichtiger wird
Was soll also der ganze Unsinn ? Das einzige, was gebremst gehört, sind die exorbitanten Förderungen von PV. Diese erhalten 50% der Ausschüttungen aus dem EEG, und tragen zu 25% des EE-Stroms bei, und das OHNE jede Perspektive auf weitere Kostenminderungen. Im Gegenteil, die Kosten für PV-Zellen MÜSSEN wieder nach oben gehen, da alle Hersteller derselben derzeit Milliardenverluste schreiben, die Zellen also mit Verlust verkaufen. Alle Experten wissen dass weitere Kostenreduzierungen erst möglich werden, wenn eine ganz neue Generation von Solarzellen den Markt übernehmen wird, z.B. flexible Zellen auf organischer Basis, oder mit geringerem Silizium-Anteil (siehe Fraunhofer ISE).
Es wäre eine Schande wenn der weitere Zubau von wichtigen Onshore-Windanlagen jetzt wegen eines Wahlkampfes gebremst würde, und völlig sinnlos, weil das gar nicht den gewünschten Effekt bringt.
mfG
C. Wiesner
ROTOKINETIK UG