E-World 2022 in Zeiten großer Herausforderungen
Die Energiewirtschaft steht heute vor Aufgaben, die sie in diesem Umfang bisher nicht kannte. Sie soll die Herausforderungen der Energieversorgung meistern, die Versorgung sicherstellen, für bezahlbare Energie sorgen und gleichzeitig der Weg zur Klimaneutralität beschreiten.
In diesem Umfeld großer Anforderungen von außen fand die E-World 2022 statt – der Zeitpunkt könnte nicht passender sein. Denn zu dem ursprünglich geplanten Termin Anfang Februar, wären die Herausforderungen noch andere gewesen, bei weitem nicht so kritisch und umfangreich.
Ist es möglich, das lange geplante Konzept der Messe kurzfristig zu ändern und an die neue Situation anzupassen? Wie sichtbar waren die neuen Aufgaben und Herausforderungen bei den Ausstellern?
Inhalt
Resonanz von Besuchern und Ausstellern auf der E-World 2022
Nach meinem Gefühl lagen die Aussteller- und Besucherzahlen auf der E-World 2022 in Essen unter denen der Vorjahre. Zu den Problemen der Energiewirtschaft gesellte sich schließlich noch die wieder aufkeimende Pandemie. Dennoch war an einigen Messeständen der übliche Andrang zu sehen. An anderen war aber eine sichtlich schlechte Stimmung und kaum Betrieb. Da werden die aktuellen Themen und die gegenwärtige Lage sicher eine Rolle gespielt haben.
Nach Angaben der Veranstalter waren 736 Aussteller aus 27 Nationen auf der europäischen Leitmesse für die Energiewirtschaft vertreten – immerhin fast so viele wie vor der Pandemie. 2019 erreichte die Zahl der Aussteller mit 780 einen Höchstwert.
An der Anzahl der Fachbesucher sehen wir die Auswirkungen der Krisen deutlicher. Hier bestätigt sich das Gefühl. Während die Veranstalter für dieses Jahr eine Zahl von 15.000 Fachbesucher angeben, waren es in 2019 noch über 25.000.
Die Fachbesucher kamen vor allem von Energieversorgern, Stadtwerken und Dienstleistungsunternehmen, um sich in der Messe Essen über Handel und die Erzeugung von Energie, über Dienstleistungen, Mobilität und IT-Lösungen zu informieren.
Wie entwickelt sich die Energiewirtschaft?
Aus meiner Sicht haben sich die Themen auf den Messeständen gegenüber 2019 nicht sehr verändert. Die Tendenz ging jedoch deutlich zu einem optimierten Einsatz der erneuerbaren Energien sowie zu konkreten Anwendungen der Digitalisierung. Diesen Eindruck haben mir auch einige Gesprächspartner bestätigt. Ohne dieses Angebot war es schwer, viele Besucher auf dem Messestand begrüßen zu können – wenn man nicht aus dem Stromhandel kommt.
Besonders gefragt waren konkrete Lösungen für die Energiewende. Digitalisierung spielt in diesem Bereich eine große Rolle, sie ermöglicht die intelligente Verbindung und Steuerung von Stromnetzen, Erzeugern und Verbraucher. Auch Produkte und Dienstleistungen rund um eine diversifizierte Energieerzeugung, Speicherlösungen und E-Mobilität wurden als wichtige Säulen auf dem Weg zu einer nachhaltigen Energieversorgung vorgestellt.
Auf der E-World stehen Konzepte und Lösungen eher im Vordergrund als Hardware-Produkte. Daher waren Speicher nur am Rande zu sehen, eher die Einbindung der Elektromobilität, beispielsweise von ABB, und Lösungen zur Sektorenkopplung, wie von Ampeers Energy oder Rheinenergie. Dabei brauchen wir viel mehr solch umfassender Lösungen mit Photovoltaik auf dem Dach und Integration der unterschiedlichen Verbrauchssektoren Strom, Wärme, Kälte und Mobilität. Von solchen Angeboten hätte ich mir mehr gewünscht, oder finde ich die eher auf einer anderen Messe?
Digitalisierung ist heute mehr als nur ein Schlagwort
Die Optimierung der Geschäftsprozesse und der Energieversorgung mit erneuerbaren Energien kommen nicht mehr ohne die Digitalisierung aus. Das war auf der Messe deutlich zu sehen. Daten unterschiedlichster Art spielen bei vielen Anwendungen und Prozessen eine große Rolle.
Die wichtigen Aufgaben der Digitalisierung sind
- Prozesse zu optimieren,
- die Energiewende mit Erzeugung und Verbrauch aufeinander abzustimmen,
- den Handel mit Energie zu verbessern und
- den Betrieb von Fernwärmenetzen bestmöglich zu gestalten.
Was hingegen nur eine untergeordnete Rolle spielt, sind die intelligenten Messsysteme und Smart-Meter Gateways. Nur wenige Anbieter haben sich auf der Messe damit beschäftigt. Die Unsicherheit über die weitere Entwicklung scheint auf dem Markt zu groß zu sein.
Eine ausführlichere Analyse der digitalen Energiewende auf der E-World 2022 ist im Portal technewable.com zu lesen.
Geodaten machen Verbrauch, Emissionen und Potenziale sichtbar
Eine der spannendsten Entwicklungen auf der E-World 2022 waren für mich die Anbieter, die Geodaten in Verbindung mit dem Energieverbrauch, Emissionen oder Potenzialen für erneuerbare Energien bringen. Hier habe ich gleich mehrere Unternehmen kennenlernen dürfen.
Auf diesem Weg machen die Anbieter den Verbrauch einzelner Energieträger sichtbar, sie zeigen konkret, wo Möglichkeiten für Einsparungen sind und wo die größten Verursacher von Emissionen sitzen.
Eine spannende Anwendung ist die kommunale Wärmeplanung. Sie ist ein zunehmend wichtiges Instrument für den lokalen Klimaschutz und in einigen Bundesländern für Kommunen vorgeschrieben. Die Verknüpfung von Energieverbrauch und Emissionen mit Geodaten bietet kommunalen Klimaschutzmanagern neue Einblicke und zeigt ihnen, wo sie für effektive Maßnahmen eingreifen müssen.
Mit diesem Wissen können Kommunen ihre Klimaschutzziele konkretisieren, sie wissen, wo sie für eine maximale Reduzierung der Emissionen ansetzen müssen. So erfasst und berechnet die Plattform von enersis aus der Schweiz die CO2-Emissionen von Städten und Regionen und stellt diese in einem digitalen Zwilling dar. Mit der Hilfe der Datenvisualisierung können Kommunen ihre Maßnahmenplanung, Prognosen und Umsetzungsfahrpläne für einen effektiven Klimaschutz vorantreiben und beschleunigen.
Andere Unternehmen, wie Urbio, nutzen künstliche Intelligenz, um Energiesysteme für Gebäude oder ganze Städte zu modellieren, oder wie deeper technology, um ideale Standorte für Photovoltaikanlagen zu finden.
Einsatz von Wasserstoff wird langsam konkret
In vielen Diskussionen gilt Wasserstoff als Heilsbringer der Energiewende, als Lösung für alles. Spätestens mit den aktuellen Problemen ist jetzt die Zeit für konkrete Einsätze und Anwendungen – Zeit, Farbe zu bekennen. Die Wasserstoffbranche muss zeigen, was sie leisten kann und dass Wasserstoff mehr als nur ein Schlagwort ist.
Verschiedene Aussteller haben in diesem Jahr ihre Konzepte für die Erzeugung und Speicherung von Wasserstoff präsentiert. Immerhin sorgt die aktuelle politische Lage und die Verknappung von Erdgas für eine größere Nachfrage. So hat der “hydrogen solutions” Gemeinschaftsstand auf der E-World 2022 dem Thema eine große Bühne gegeben. Im kommenden Jahr soll eine eigene Wasserstoff-Halle der gesamten Wertschöpfungskette eine gemeinsame Fläche bieten.
Fazit
Auch in einem schwierigen Marktumfeld und in extremen Zeiten bleibt die E-World energy water das wichtigste Treffen der Branche. In Halle 6 haben sich wieder viele junge, innovative Unternehmen der Fachwelt präsentiert. Im kommenden Jahr plant ein großer Teil der Aussteller und Besucher wiederzukommen.
Für 2023 würde ich mir noch mehr sichtbare Lösungen zur lokalen Energieversorgung mit erneuerbaren Energien wünschen. Es gibt bereits gute Konzepte von Stadtwerken und Angebote von Dienstleistern – eigentlich ideal für die Messe. In diesem Beitrag habe ich nur wenige Anbieter mit solchen Lösungen auf der Messe erwähnt.
Wer mit den Angeboten den Puls der Zeit trifft und Leistungen in den Bereichen erneuerbare Energien, grüner Wasserstoff und effiziente Energielösungen anzubieten hat, darf sich mit Sicherheit auch im kommenden Jahr auf großen Andrang freuen.
Warst du auch auf der E-World 2022? Was war dein Eindruck?