Startup-Interview: Gebäude vor Schimmel schützen mit IoT-Sensoren von Rysta
Im Auftrag des VdZ, Spitzenverband der Gebäudetechnik
Über innovative Startups in der Energiewirtschaft schreibe ich häufiger. Aber Startups mit der Zielgruppe Bauwirtschaft und Gebäudetechnik sind bisher erst selten vorgekommen. Gibt es so wenig davon oder kenne ich nur so wenige? Einige Startups aus der Gebäudetechnik werde ich im März auf der Messe ISH kennen lernen. Denn dort gibt es zum ersten mal eine spezielle Standfläche für Startups und ein Startup-Speeddating für neue Kontakte. Einen ersten Eindruck der Startups im Bereich der Gebäudetechnik gab es bereits im Dezember auf der Kick-Off Veranstaltung in Berlin. Dort ging die Rysta GmbH aus Berlin als Gewinner der Standfläche hervor. Wenige Wochen vor der ISH ist es Zeit mal Rysta in einem Startup-Interview vorzustellen. Weitere Informationen zum Speeddating am 12. und 14.03. gibt es am Ende des Artikels.
IoT-Daten der Luftqualität in Gebäuden mit RYSTA
Meine Fragen hat Julia Gebert, Gründerin und Geschäftsführerin der Rysta GmbH beantwortet, dafür herzlichen Dank.
Wie ist die Idee für RYSTA entstanden? Was ist der Hintergrund?
Die Idee, die am Anfang stand, war, einen smarten vernetzten Multisensor zu entwickeln, der Unternehmen auf einfache Weise verschiedene Anwendungsfälle ermöglicht und auf smarte Weise Daten sammelt statt unendlich viele Daten unkoordiniert zu sammeln. Mit der Datenverfügbarkeit wollten – und wollen wir weiterhin – Kunden Wertschöpfungspotenziale eröffnen.
Da dieser sehr breite Ansatz anfangs schwierig zu monetarisieren war, haben wir uns auf die Lösung eines konkreten Problems, für das unsere Lösung optimal geeignet ist, fokussiert: Schimmelprävention in Wohngebäuden für Vermieter und Mieter. Als Folgeproblem der energetisch optimierten Bauweise ist Schimmel ein großes Problem, mit hohen Schäden, auch gesundheitlichen.
Außerdem wird unsere Lösung auch als digitaler Datenlogger und zum Baustellen-Monitoring eingesetzt.
Wie sieht das Angebot von RYSTA genau aus?
Wir bieten eine IoT-Daten-Monitoringlösung an, die aus drei Elementen besteht: Erstens, unserem RYSTA Multisensor, der sechs Raumparameter misst (das sind Temperatur und Feuchtigkeit, Schall, Vibration, Licht und Druck), zweitens Datenanalyse in der RYSTA Cloud, zum Beispiel Berechnung des Schimmelrisikos und drittens Zugänglichmachung der Daten auf verschiedenen Nutzeroberflächen (z.B. SchimmelGuard App, Daten-Portal). Zur Einbindung in bestehende Systeme beim Kunden bieten wir auch eine offene Schnittstelle an.
Wir kümmern uns auch um die Installation der Hardware. Neben einer Einmalzahlung zahlt der Kunde eine monatliche Gebühr, auch Mietmodelle sind möglich.
Wie können Sensoren und Algorithmen helfen Gebäude vor Schimmel zu schützen?
Unsere Sensoren messen Temperatur und Feuchtigkeit in den einzelnen Räumen. Die Daten werden an unsere Cloud gesendet und mit Außenwetterdaten korreliert. Der von uns entwickelte Algorithmus berechnet das Schimmelrisiko und warnt mittels übersichtlichem Andon-System (grün-gelb-rot-Logik) vor Raumklimabedingungen, die Schimmelwachstum begünstigen. Genauer gesagt wird man gewarnt, wenn die Luftfeuchtigkeit für einen relevant langen Zeitraum so hoch ist, dass Schimmel zu wachsen beginnen würde. Man muss wissen, dass in jedem Raum Schimmelsporen sind, die dann unweigerlich als Schimmel zu wachsen beginnen, wenn das Raumklima entsprechende Wachstumsbedingungen bietet: das ist im Klartext ein (auch von der Temperatur abhängiger) Level an Luftfeuchtigkeit.
Einsehbar sind die Daten für den Mieter über unsere SchimmelGuard App, für den Vermieter – der deutlich weniger Daten erhält – über das Vermieterportal.
Das Besondere daran ist, dass man unabhängig davon, wo man sich gerade aufhält, sehen kann, wann man lüften muss. Die Sensoren und der Algorithmus helfen, rechtzeitig richtig zu handeln. Nur mit Thermometer und Hygrometer in jedem Raum ist das viel aufwendiger, dabei aber viel weniger präzise. Ganz zu schweigen vom Vermieter, der von Schimmel erst bei einer Mietminderung oder bei Auszug des Mieters erfährt.
Wäre eine mechanische Wohnungslüftung nicht sinnvoller? Die Nutzer müssen doch immer noch aktiv werden.
Auf jeden Fall ist eine mechanische Lüftung eine weitere sinnvolle Option. Wir kooperieren diesbezüglich mit einem namhaften Fensterhersteller, und weitere Kooperationen können hier sinnvoll sein.
Man darf aber nicht vergessen, dass das alles auch eine Kostenfrage ist. Unsere Lösung wendet sich gerade auch an Unternehmen in der Wohnungswirtschaft, die im Mietwohnungsbereich aus Kostengründen weniger hochwertig bauen können. Das betrifft bereits die Lüftungen, an eine mechanische Lüftung ist in diesem Segment nicht zu denken. Abgesehen davon nehmen die Mieter Unterstützung beim richtigen Lüften durch RYSTA in der Regel sehr gern an, wir erleichtern ja gerade das Lüften von Hand. Regelt man das Lüften nur im Mietvertrag und schreibt pauschal x-mal tägliches Lüften vor, ist niemandem geholfen. Richtiges, rechtzeitiges Lüften kann man nur mit Sensorik erreichen. Die Nutzer müssen ohne mechanische Lüftung zwar immer noch aktiv werden, wissen jedoch wann sie lüften müssen, um Schimmelwachstum zu vermeiden und – auch das ist sehr wertvoll zu wissen – wann die Fenster geschlossen bleiben können.
Neben der Neubau-/Sanierungsfeuchtigkeit, die während der sog. Trockenwohnperiode entweichen muss, spielen ja auch die vom Menschen verursachte Feuchtigkeit (durch Duschen, Kochen, Wäsche Trocknen aber auch bloßes Atmen) und vor allem die Außentemperatur eine entscheidende Rolle. Da stiftet unsere Lösung großen Mehrwert, weil sie die individuellen Verhältnisse berücksichtigt.
Wer ist Eure Zielgruppe? Wer sind die Kunden und wie sprecht Ihr sie an?
Unsere Kunden sind die Wohnungswirtschaft und Bauunternehmen, sowie Unternehmen, die digitale Datenlogger einsetzen. Außerdem ist unsere Sensorik-Lösung auch für die Versicherungsbranche relevant, da die Datenverfügbarkeit Schäden abwenden oder gering halten kann.
Wir sind im Immobilienbereich mittlerweile gut vernetzt und ich spreche regelmäßig auf Proptech- und Immobilien-Veranstaltungen, wie z.B. auf der FUTURE:PropTech, dem ZIA Tag der Immobilienwirtschaft oder dem ZIA Innovationstag. Außerdem nehmen wir an Wettbewerben teil, auch das erhöht die Visibilität, auch international. Zuletzt durften wir RYSTA als Top 5 Finalist bei der CBRE Proptech Challenge in Madrid vorstellen.
Ganz klassisch sind natürlich auch Messen sehr wichtig. Im Januar haben wir auf der BAU2019 unsere ConTech Lösung gelauncht. Der direkte Austausch mit der Branche ist uns sehr wichtig und essentiell, um mit den richtigen Annahmen aus dem Markt zu arbeiten und natürlich, um wichtige Kontakte zu knüpfen. Vor allem in Kooperation entsteht Großes und persönlicher Kontakt bleibt auch in digitalen Zeiten immens wichtig. Aktuell freuen wir uns, auf der ISH weitere Kontakte an der Schnittstelle zur Lüftungsindustrie und zur Energiewirtschaft zu knüpfen, wir sehen hier viel unausgeschöpftes Potenzial.
Wo lagen bisher die größten Hindernisse und wie habt Ihr darauf reagiert?
Gerade in der florierenden Immobilienwirtschaft machen uns mitunter lange Sales-Zyklen und eine gewisse Skepsis gegenüber Innovationen zu schaffen. Insbesondere die Wohnungswirtschaft gehört definitiv zu den Slow Adoptern was Innovation betrifft. Unaufdringliche Persistenz ist da das einzige Mittel.
Bei der Vielzahl an Innovationen ist das Unterscheiden zwischen „Was bringt echten Mehrwert?“ und „Was ist Spielerei oder bringt gar mehr Probleme als es löst?“ sicher berechtigt. Dennoch bin ich der starken Überzeugung, dass nur die Unternehmen, die sich aktuell intensiv mit Innovationen auseinandersetzen, in den nächsten Jahren weiterhin oder zu den neuen Marktführern gehören werden – übrigens egal in welcher Branche.
Konnektivität ist eine weitere Herausforderung. Hier werden neuere Funkstandards wie NBIoT und LoRa, die wir entwickelt haben bzw. gerade entwickeln, helfen.
Als Start-Up ist auch die Finanzierung immer ein Thema; finanzielle Mittel und die richtigen Sparringspartner sind neben Idee, Team und Produkt einfach der Schlüssel zum Erfolg. Hier haben wir mit High Rise Ventures und Business Angels aus der Immobilienwirtschaft starke Partner mit Branchen-Know-How an Bord. Nach meiner Erfahrung ist Deutschland insgesamt aber leider sehr zurückhaltend was Venture Capital betrifft; reagieren kann man auf diesem Umstand nur, indem man es schafft, sich an diejenigen zu wenden, die unter einem Unicorn aus Deutschland kein Fabelwesen verstehen.
Was sind die nächsten Ziele für RYSTA?
Wir haben kürzlich unser zweites Produkt, unsere „ConTech Lösung“ zum Baustellenmonitoring, gelauncht und sind gerade dabei, die Lösung mit Pilotkunden weiter zu entwickeln. Weitere interessierte Pilotkunden können sich gern bei uns melden.
Gemeinsam mit innovativen Unternehmen wollen wir daneben weitere Anwendungsfälle entwickeln – überall dort, wo durch Datenverfügbarkeit Erkenntnisse über Gebäude- oder Nutzerverhalten richtige, rechtzeitige Handlungen oder Anpassungen zulassen, können wir unsere Lösung leicht kundenspezifisch anpassen.
Außerdem steht die Produktion von 1.000 Sensoren und die Entwicklung des Funkstandards LoRa auf unserer Roadmap, den wir neben WLAN, Mobilfunk und NBIoT anbieten möchten.
Warum ist die ISH für Rysta eine wichtige Messe?
Auf der ISH werden wir erstmalig konzentriert auf die Weltmarktführer im Bereich Wasser, Wärme und Klima treffen. Wir setzen auf Synergien mit diesen Unternehmen, da wir interessante Anwendungspotentiale für unsere Lösung sehen, zum Beispiel in der Verknüpfung mit Regelungstechnik. Ein herzliches Dankeschön an die ISH für die Gelegenheit, RYSTA in diesem Setting präsentieren zu dürfen.
Netzwerken mit Startups auf der ISH 2019
Die Rysta GmbH ist nur eines von 25 Startups auf der neuen Sonderfläche der ISH für junge innovative Unternehmen. In der Galeria sind die weiteren Startups vom 11.-15. März 2019 zu sehen. Auch ein abwechslungsreiches Programm mit Pitches, Vorträgen und Key Notes soll es dort geben. Daneben sorgt die Messe auch für weiteren Raum zum Austausch von Startups, etablierten Unternehmen und anderen Akteuren.
Eine gezielte Vernetzung mit den passenden Partnern findet man beim Startup-Speeddating. Dieses findet am 12. und 14.03. statt. Dort können die Startups in acht-minütigen persönlichen Gesprächen ihre Innovationen passenden Marktführern, Industriegrößen, Mittelständlern und Investoren vorstellen. Das Startup-Speeddating auf der ISH organisiert das Innovations-Netzwerk Energieloft, das auch auf vielen anderen Messen und Kongressen ein solches Netzwerk-Event organisiert. So haben Anfang Februar bei der E-World in Essen über 250 Teilnehmer beim Speeddating teilgenommen. Die Teilnahme ist kostenlos.
Weitere Termine zum Netzwerken mit Startups gibt es am 12.03. von 17 bis 19 Uhr in der VdZ Energy Lounge mit leckeren Sundowner. Und wer lieber zum Frühstück schon netzwerken möchte, kann am 14.03. von 8.30 bis 9.30 Uhr in der VdZ Energy Lounge bereits zum Frühstück kommen. Für beide Termine bittet der VdZ um eine Anmeldung an anmeldung[at]vdzev.de.