Neuer Markt für direkten Handel von Ökostrom zwischen Erzeuger und Verbraucher
Wird der Traum der Energiewende mit einem direkten Handel von Ökostrom zwischen Erzeugern und Verbrauchern wahr? Vielleicht sogar schneller als gedacht? Es gibt seit kurzem schon zwei Anbieter auf dem Markt die einen solchen direkten Handel anbieten, auch wenn mir noch nicht klar ist wie das technisch und rechtlich funktioniert. Beide Anbieter, enyway, eine Ausgründung von Lichtblick, und die Stadtwerke Wuppertal, bieten sehr unterschiedliche Marktplätze für den sogenannten Peer-to-Peer Handel. Das Bündnis Bürgerenergie hat hingegen erst mal von Energy Brainpool untersuchen lassen welche rechtlichen und energiewirtschaftlichen Maßnahmen notwendig sind, damit ein solcher Markt mit großem Effekt für die Energiewende möglich wird. Dies sind die Themen in diesem Beitrag.
Inhalt
Der Peer-to-Peer Handel von Ökostrom
Die Idee des Peer-to-Peer Handels von Strom ist es den nicht benötigten Strom an die Mitmenschen zu verkaufen. Klingt einfach nach einer marktwirtschaftlichen Lösung. Betreiber eines BHKW, einer PV-Anlage oder vielleicht auch eines Windrades können den Strom nicht immer komplett selbst nutzen. Warum den überschüssigen Strom dann nicht an die Nachbarn verkaufen, die keinen eigenen Strom produzieren? Was sich zunächst einfach anhört, ist praktisch und regulatorisch kompliziert.
Durch die Digitalisierung ist es heute einfacher praktische Lösungen zu entwickeln für einen Peer-to-Peer Stromhandel. Das Trendthema heißt heute Blockchain. Mit Blockchain wird die Abrechnung zwischen verschiedenen Lieferanten und Kunden auch bei kleinen Liefermengen einfacher. Ein Beispiel ist das bekannte Brooklyn Microgrid mit der ersten Lieferung und Abrechnung von Strom zwischen Nachbarn. In Perth, Australien, soll so in wenigen Jahren eine ganze Stadt mit Strom versorgt werden. Auch in Deutschland gibt es bereits entsprechende Projekte in Zusammenarbeit mit LO3Energy, einem der Unternehmen hinter dem Brooklyn Microgrid.
Ist der Markt vorbereitet für den direkten Handel von Ökostrom?
Das Modell scheint eine große Zukunft zu haben. Doch eine Studie des Forschungsinstituts ewi Energy Research & Scenarios (ewi ER&S) aus dem Sommer 2017 dämpft die Euphorie etwas. Zwar sieht sie gute Möglichkeiten die Finanzierung der Erneuerbaren effizienter zu gestalten, aber die Blockchain-Technologie soll keine disruptive Wirkung haben. Das Problem sind die aktuellen Regelungen für Steuern und Umlagen, die den P2P-Strom teurer machen. Hinzu kommen noch fehlende Informationsschnittstellen für die Übertragungsnetzbetreiber, wie Studienautor Christian Tode in einem Interview mit dem energate messenger ergänzt. Er sieht den Peer-to-Peer Handel dennoch grundsätzlich positiv.
Einen Zugang zur Marktkommunikation frei von Diskrimierung verspricht sich Throrsten Zoerner, Blogger bei stromhaltig.org und einer der Gründer des StromDAO. Über MSCONS soll eine Marktkkommunikation gemäß den Anfiorderungen der heutigen Energiewirtschaft möglich sein, so Thorsten Zoerner. Dies ist ein elektronisches Nachrichtenformat zur standardisierten Übertragung von Lastprofil- und Zählerdaten, das auf dem Standard EDIFACT beruht, so die Wikipedia-Seite von MSCONS.
Das Thema Marktkommunikation scheint im Papier des Bündnis Bürgerenergie zu fehlen. Dies kritisierte der Rechtsanwalt Chistoph Gerner in einem Tweet. Er befürchtet Ausnahmeregelungen, die nur für Prosumer gelten sollen.
Stadtwerke Wuppertal: Tal.Markt für lokalen Ökostrom-Handel in Wuppertal
Neben den verschiedenen Test-Projekten mit Blockchain, die derzeit laufen und durch die Medien getragen werden, haben die Stadtwerke Wuppertal einen ersten Blockchain-basierten Handelsplatz für Ökostrom gestartet. Auf dem Handelsplatz „Tal.Markt“ können interessierte Kunden ihren Energiemix von lokalen Ökostrom-Produzenten selbst zusammen stellen. Durch die Blockchain-Technologie wird jede Transaktion fälschungssicher ausgeführt und es ist sichergestellt, dass jede Kilowattstunde nur einmal verkauft werden kann. Als Betreiber der Plattform übernehmen die. Stadtwerke Wuppertal die energiewirtschaftliche Abwicklung.
WSW-Vorstandsvorsitzender Andreas Feicht:
„Über unser Modell eröffnen wir Windmüllern und Solaranlagenbetreibern die Möglichkeit, ihre Anlagen direkt beim Endkunden zu vermarkten und so kostendeckende Erlöse zu erzielen“.
Unterstützung erhalten die Stadtwerke Wuppertal von der Schweizer Energiehändlerin Axpo. Sie hat das Konzept und die IT-Infrastruktur entwickelt und betreibt diese für die Stadtwerke Wuppertal.
Diese Plattform macht es erstmals möglich, dass Verbraucher selbständig die Anlagen zur Stromerzeugung auswählen können und damit auch einen Herkunftsnachweis für den Strom erhalten. Zu Beginn funktioniert die Plattform mit dem Konzept „Ökostrom direkt vom Erzeuger“ nur für Wuppertal und das Bergische Land. So sind im Angebot, laut Pressemitteilung, derzeit Strom aus einer privaten PV-Anlage, vom ersten Windrad in Wuppertal, betrieben von Bürgerwind Wuppertal-Cronenberg und von einer Wasserturbine der Herbringhauser Talsperre.
Investoren bekommen mit der Plattform die Möglichkeit neue Anlagen ohne Förderung zu realisieren, indem sie bilaterale Verträge mit Endkunden abschließen. Genauso interessant ist das Konzept, wenn Anlagen demnächst keine Einspeisevergütung mehr nach dem EEG erhalten. Die Vermarktung über die Strombörse ist dann nicht notwendig, wenn die Betreiber den Strom direkt an die Verbraucher verkaufen können.
Enyway: Marktplatz für privaten Stromhandel
Nicht viel anders als in Wuppertal ist der neue Online-Marktplatz enyway für den privaten Handel von Ökostrom – nur ohne Blockchain. Mit der neuen Ausgründung aus dem Energie- und IT-Unternehmen LichtBlick kann Ökostrom direkt von Mensch zu Mensch gehandelt werden.
Eigentümer von Anlagen zur Stromerzeugung aus Wind, Sonne, Wasser oder Biomasse können ihren Strom mit diesem Marktplatz direkt an Haushalte verkaufen. Die Verbraucher können im Gegenzug auf dem Online-Marktplatz per Mausklick ihren persönlichen Stromversorger nach Sympathie, Preis, Region und Stromart auswählen. Der Wechsel ist einfach, wie bei jedem anderen Stromversorger. Damit es so einfach ist kümmert sich enyway um alle Formalitäten, tritt aber selbst nicht Versorger auf.
Heiko von Tschischwitz (49), Gründer von enyway:
„Künftig wird es hunderttausende kleiner, privater Stromverkäufer geben, die ihre selbst erzeugte Energie ohne Umweg über einen Energieversorger direkt an ihre Nachbarn, Freunde und andere Menschen verkaufen.“
Aber anders als beim Energieversorger wissen die Kunden genau von wem sie ihren Strom kaufen. Sie sehen im Profil des Anbieters genau wer dahinter steckt, über die Beschreibung, Fotos und ein Video. Somit macht enyway die Menschen und ihre Motivation sichtbar und transparent. Die Käufer wissen also genau von wem ihr Strom kommt. Produziert die Anlage gerade keinen Strom, dann sorgt enyway für eine Lieferung von Ökostrom vom Markt um die Versorgungssiherheit zu gewährleisten.
Für die Stromkäufer fällt für die Nutzung des Marktplatzes eine kleine monatliche Gebühr an. Diese verringert sich oder entfällt, wenn sie Freunde von enyway überzeugen können und damit dazu beitragen den Marktplatz zu vergrößern.
Interessant wird der Marktplatz auch durch die Möglichkeit in die Solar- oder Windkraftanlage des ausgewählten Stromverkäufers zu investieren, ähnlich wie beim Crowdinvesting. Wenn ich es richtig verstehe, werden die Kunden damit auch zu Anteilseignern der Anlagen. Dadurch erhalten sie eine hoffentlich attraktive Verzinsung und können auch ohne eigenes Dach oder Grundstück zu Selbstversorgern werden.
Wächst jetzt ein Markt für den direkten Handel von Ökostrom?
Es entstehen gerade viele neue Angebote auf dem Markt für den direkten Handel von Ökostrom zwischen Erzeuger und Verbraucher. Es scheint rechtlich doch möglich zu sein, nur wie und warum kann ich nicht beurteilen. Braucht es dann noch Studien? Oder brauchen wir nur die Macher von solchen Plattformen?
Ich glaube wir werden noch weitere Plattformen für den direkten Handel sehen auf dem Markt. Ob mit Blockchain oder ohne. Es wird sicher spannend wie sich diese Plattformen entwickeln und welche davon sich durchsetzen können. Wie seht Ihr diese Entwicklung?
Dieser Artikel über den direkten Handel von Ökostrom zwischen Erzeuger und Verbraucher wirft ein neues Licht auf die Energiewende. Die vorgestellten Plattformen wie Tal.Markt und enyway bieten innovative Ansätze, aber es bleiben Fragen hinsichtlich der technischen und rechtlichen Umsetzung. Besonders interessant finde ich die Integration von Blockchain-Technologie in solche Handelsplattformen. Sie erhöht nicht nur die Transparenz, sondern auch die Sicherheit der Transaktionen. Die Parallelen zu Elektroinstallationen und Smart Home-Lösungen sind unverkennbar. Beide Bereiche profitieren von technologischer Innovation und einem zunehmenden Fokus auf Nachhaltigkeit.
Mich würde interessieren, wie der Autor die Zukunft des direkten Ökostromhandels sieht. Glaubt er, dass sich solche Plattformen durchsetzen werden? Und inwiefern könnten Anbieter die auf Smart Home und nachhaltige Elektroinstallationen spezialisiert sind, diesen Trend beeinflussen? Eure Meinungen hierzu würden mich auch interessieren!
Schwierig, ich war davon überzeugt, dass solche Plattformen sich durchsetzen werden. Doch inzwischen gibt es diese Angebote nicht mehr. Ich kann nicht beurteilen, ob es an der Regulierung oder rechtlichen Fragen liegt oder an technischen und wirtschaftlichen Hindernissen. Aber in der Theorie können solche Ansätze des direkten Handels, wie es heute bei Energiegemeinschaften oder beim Energy-Sharing angedacht ist, das Stromnetz stabilisieren und für Verbraucher die Strompreise reduzieren. Ich bin gespannt, wie sich die Verbindungen von Energiemanagement im Smart-Home und Solaranlage plus Direktvermarktung und dynamischem Stromtarif, die es heute von einigen Anbietern gibt, durchsetzen werden.
Ich denke, dass es noch einiges an politischen Willen bedarf um rechtliche und steuerliche Hürden zu beseitigen. Wenn die Rahmenbedingungen passen, werden sicher sehr schnell die passenden Produkte entstehen und sich auch durchsetzen. Die Technik ist jedenfalls vorhanden um Kunden den dezentralen Einkauf sehr komfortabel zu ermöglichen.
Um die Hürden zu beseitigen muss meines Erachtens der Druck aus dem Markt steigen. Erst dann wird die Notwendigkeit erkannt die Rahmenbedingungen entsprechend anzupassen. Aber diese Beispiele zeigen, dass es auch unter den heutigen Bedingungen funktionieren kann. Daher bin ich optimistisch was die weitere Entwicklung betrifft.
Ich frage mich dabei, was die Stromkunden auf solche Marktplätze lockt. Ausgangslage ist doch, dass die Masse seine Stromrechnung einfach nur bequem per Abbuchung vom Stromanbieter verwalten lässt. Bereitschaft haben vielleicht solche Leute, die selbst häufige Anbieterwechsel vornehmen. Zahlen habe ich zu denen noch nicht. Ich vermute, dass wenige den Mehraufwand von sich aus suchen. Also muss massiver Aufwand für das Plattform-Marketing betrieben werden.
Zuerst wird man mit solchen Angeboten nur diejenigen erreichen, die sich für das Thema interessieren und denen es wichtig ist zu wissen woher ihr Strom kommt und von wem. Das wird aber nur eine Minderheit bleiben, danach geht es um den Preis. Die Plattformen stehen damit im Wettbewerb mit allen anderen Anbietern. Zukunft haben daher vor allem lokale Projekte, wenn die Kunden die Lieferanten persönlich kennen oder die Anlagen täglich sehen,