Intelligente Heiztechnik ist noch zu wenigen Verbrauchern ein Begriff
Ein Gastbeitrag von Thorben Frahm, Redakteur für Heizungsfinder.de.
Intelligente Heiztechnik ist ein wichtiger Baustein, damit die Wärmewende erfolgreich verläuft. „Smartes“, vernetztes Heizen war dementsprechend sehr prominent auf der ISH 2017 in Frankfurt vertreten und viele Studien gelangen zu der Erkenntnis, dass die meisten Endverbraucher eine positive Haltung zur intelligenten Heizungs- und Steuerungstechnik haben.
Zu Recht: intelligente Heizungssteuerung erlaubt per Anbindung an das Heimnetzwerk und das Internet unter anderem die exakte Kontrolle aller Heizungsparameter auch aus der Ferne und gestattet dem Nutzer, dem Hersteller oder dem zuständigen Fachmann die Analyse aus der Distanz, ermöglicht bedarfsgerechteres Heizen durch Abstimmung der Heizleistung an die derzeitige Wetterlage und öffnet Komfortfunktionen wie ein Vorheizen einer Immobilie kurz vor der Rückkehr der Bewohner, falls diese unterwegs sind. Nicht zuletzt spielen Faktoren wie Brennstoffeinsparung und Umweltschutz eine wichtige Rolle in der vernetzten Heiztechnik.
Doch wie viele Personen haben den Schritt vom Interesse zum Kauf vollzogen? Heizungsfinder.de hat in einer telefonischen Kurzumfrage knapp über 5.000 Kunden dazu befragt, die ihre Heizung modernisieren (2545 Personen), ihre Fenster austauschen (521) oder eine Photovoltaikanlage installieren lassen wollten (2019). Sie wurden gefragt, ob sie zu ihrem Bauvorhaben passende smarte Technik kaufen möchten oder dies in absehbarer Zeit als Aufwertung vorgesehen haben.
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Über 70 Prozent der Befragten haben noch klare Vorbehalte
Die Auswertung zeichnet ein skeptisches Bild. Im Falle intelligenter Heiztechnik antworteten mit 72 Prozent der Befragten (1832 Personen) fast drei Viertel aller Gesprächspartner ablehnend – zu den Gründen weiter unten mehr – und entschieden sich für herkömmliche, analoge Heiztechnik ohne Zusatzfunktionen.
19,5 Prozent unserer Interviewten (498 Befragte) zeigten ein grundsätzliches Interesse, waren sich aber unsicher und gaben an, im Vorfeld weitere Informationen über Vor- und Nachteile der Technik zu benötigen.
Nur 8 Prozent der Kunden beantworteten die Frage mit einem klaren „Ja“, während ein halbes Prozent angab, bereits intelligente Heiztechnik zu verwenden.
Fazit: Intelligente Heiztechnik hat also durchaus noch einige Hürden zu nehmen, wenn es zum neuen Standard avancieren will.
Kritikpunkte an intelligenter Heiztechnik
Woran die bislang dominante Skepsis gegenüber smarter Technik begründet liegt, hat sich Bitkom Research Anfang dieses Jahres in der Studie „Sicherheit im Smart Home“ einmal genauer angeschaut. Darin wurden unter anderem 689 Personen, die sich gegen den Kauf intelligenter Haustechnik entschieden, gebeten, ihre Ablehnung in Gründe zu fassen.
Hier handelt es sich generell um smarte Haustechnik aller Kategorien, aber man kann davon ausgehen, dass die folgenden Kritikpunkte sich ebenso auf die Unterkategorie intelligenter Heiztechnik erstrecken. Übrigens wurden in derselben Studie Personen, die intelligente Haustechnik befürworten, gefragt, welche Sparte der smarten Technik für sie am interessantesten sei. Smarte Heiztechnik nahm hat direkt nach Smart-TV und intelligenten Musikanlagen den dritten Platz ein.
Einem Kauf standen folgende Gründe entgegen (Mehrfachnennungen möglich):
- 35% bemängelten zu aufwändige Technik,
- 33% sahen keinen hinreichenden Nutzen,
- 32% empfanden die Preise als zu hoch,
- 25% kritisierten zu komplexe Bedienung,
- 22% fürchteten Angriffe von Außen,
- 19% sorgten sich um ihre Privatsphäre,
- 15% befürchteten Datenmussbrauch,
- 12% empfanden die Technik als nicht ausgereift,
- 09% sahen Kompatibilitätsprobleme und
- 30% gaben keine Gründe für ihre Ablehnung an.
Kosten für intelligente Heizungssteuerung rechnen sich mittelfristig
Bezüglich der Kaufpreise ist festzustellen, dass die Ersparnisse durch intelligente Heizungssteuerung möglicherweise noch nicht hinreichend in Betracht gezogen werden. Diesen Aspekt hat das Institut für technische Gebäudeausrüstung Dresden in einer kurzen Studie für den BDH genauer betrachtet (PDF). Durch Kombinieren verschiedener Maßnahmen lassen sich die Heizkosten durch den Einsatz intelligenter Heiztechnik demnach in einem durchschnittlichen Einfamilienhaus um 8 bis 15 Prozent reduzieren.
Die Einsparungen beliefen sich anhand des obigen Beispiels auf 1589 bis 2331 Kilowattstunden jährlich. Mit solchen Effizienzgewinnen wären die Kaufpreise durchaus in wenigen Jahren wieder hereingeholt, wenn man die gegenwärtigen Energiepreise berücksichtigt.
Der Markt für smarte Haus- und Heiztechnik muss einfacher werden
Was den Vorwurf der aufwändigen und als unsicher bezeichneten Technik angeht, ist die Kritik aber nicht vollständig von der Hand zu weisen. Intelligente Heizungssteuerung ist auf dem Heizungsmarkt – der ohnehin recht behäbig agiert – noch vergleichsweise neu und Vielen noch kein Begriff. Dazu kommt der Umstand, dass viele verschiedene Hersteller und Anbieter in diesem Bereich unterwegs sind und sich noch keine klaren Platzhirsche etabliert haben. Das sorgt für Unübersichtlichkeit und führt zu Fragen, ob das jeweilige intelligente Heizungssystem auch mit der Beleuchtungslösung eines anderen Anbieters kompatibel ist.
Plattformen wie Qivicon sind zwar schon dabei, verschiedene Aspekte des smarten Wohnens zu sammeln und zu vereinheitlichen, damit verschiedene Komponenten zentral über die jeweilige Zentrale einfach ansprechbar sind, doch der Vorwurf der Komplexität hat durchaus seine Berechtigung.
Hersteller und Anbieter müssen hier noch einige Aufklärungsarbeit leisten, um ihre Kundschaft von den Vorzügen der digitalen Heizung zu überzeugen und bestehende Kritik proaktiv anzugehen.
Die beschriebenen Probleme sind den Anbietern durchaus bewusst. Trotzdem wird wohl noch einige Zeit vergehen, bis sich dauerhaft tragfähige Lösungen durchsetzen. Bis dahin ist wohl der „Early Adopter“ noch der Hauptkunde für intelligente Heiztechnik und Haustechnik. Das Interesse ist definitiv vorhanden. Bis jetzt bleibt leider noch viel Potential ungenutzt.
Ich wünschte mir, dass die Medien mehr Fokus auf diese positiven Entwicklungen legen würden, die unsere Welt wirklich besser machen, weil unsere Ressourcen effektiver genutzt werden können.
Die Digitalisierung ist eine große Chance, wenn wir richtig damit umgehen.
Danke für den Artikel und beste Grüße
Christoph