Eine kritische Betrachtung von Solarstrom-Batteriespeicher für Haushalte
Gastbeitrag von Christian Wiesmer, Rotokinetik UG
Mir ist das große Interesse an Solar-Batteriespeichern durchaus bewusst, wie auch das Streben vieler privater PV-Anlagenbetreiber nach höherer Unabhängigkeit vom Energieversorger. Aber die kritische Betrachtung halte ich dennoch für einen wichtigen Diskussionsbeitrag und hoffe auf eine interessante Diskussion.
Die Bundesregierung erwägt derzeit die Förderung von Batterie-Heimspeichern, auch in Verbindung mit Solaranlagen, über ein entsprechendes Förderprogramm der KfW. Bis zu 30% der Gestehungskosten sollen bezahlt werden, jedoch mit einer Obergrenze bei den maximalen Kosten je kWh Speicherkapazität.
Obwohl neueste Meldungen den bevorstehenden Stop des Programms verkünden, will ich mich hiermit dennoch zu dem Vorhaben äussern, und das sehr kritisch :
Selbst bei einer Überdimensionierung solcher Batteriespeicher können in unseren Breitengraden höchstens 80% des Eigenbedarfes über einen solchen Heimspeicher abgedeckt werden, die restlichen 20% kommen wiederum – aus dem öffentlichen Stromnetz !
Die Kosten für dieses Netz, immer noch eines der besten auf dem Planeten, werden derzeit über die Menge des verbrauchten Stroms umgelegt. Die Besitzer von Heimspeichern werden dazu in Zukunft aber nur noch zu ca. 20% beitragen, da sie den Rest des Stromes ja selbst erzeugen. Jedoch wollen sie, wenn die Sonne mal einige Tage nicht scheint, sich immer noch gerne aus diesem bedienen ! Der BDEW, Verband der Deutschen Energie- und Wasserwirtschaft, hat auf dieses Problem mehrfach explizit hingewiesen.
Inhalt
Batteriespeicher belasten Netze zu ungünstigen Zeiten
Was das Problem noch verschärfen wird, ist die Tatsache dass diese ‚Selbstversorger‘ das Netz in Zukunft auch noch just dann belasten werden, wenn es am ungünstigsten ist, nämlich dann wenn die installierten PV-Anlagen über mehrere Tage nichts oder nicht viel zu unserem Energieverbrauch beitragen können, nämlich in den Wintermonaten. Das Vorhalten der entsprechenden zusätzlich benötigten Erzeugungs- und Leitungskapazitäten, und das über das gesamte Jahr, werden aber über die wenige von den Selbstversorgern bezogene Energie niemals bezahlt, die Kosten werden also auf die Bürger und Unternehmen abgewälzt, die keine Batteriespeicher betreiben, oder betreiben können.
Daraus resultiert eine große soziale Ungerechtigkeit, die wohl nur über eine Änderung der Anschlußkosten behoben werden kann. In Zukunft sollen diese nicht mehr über den Stromverbrauch bezahlt werden, sondern als separate Leistung für jeden Stromanschluss pauschal bezahlt werden, in Abhängigkeit der maximalen Leistung für den Anschluß. Stromspeicher in Privathaushalten werden in Folge komplett unrentabel werden, jedoch muss es jedem selbst überlassen sein, ob er sich einen solchen zulegen möchte. Eine Förderung solcher Speicher kann den Bürgern aber auf keinen Fall zugemutet werden, warum sollten sie über Steuergelder etwas fördern, was in Zukunft noch weitere Kosten auf ihre Schultern laden wird ?
Kosten für Speicher übersteigen die komplette Staatsverschuldung
Deutschland wird, je nach dann vorherrschendem Szenario, zwischen 0,5 und 5 TWh an zusätzlichen Stromspeicher-Kapazitäten benötigen, wenn die gewohnte Versorgungssicherheit auch mit einem EE-Anteil von 80% und mehr aufrecht erhalten bleiben soll, und das soll ja bis spätestens 2050 erreicht werden. Heimspeicher in Form von Batterien werden auch dann keinesfalls weniger als 600,- € / kWh kosten, so dass unser Land zwischen 300 und 3.000 Milliarden Euro aufwenden müsste, um seinen Bedarf an Stromspeichern darüber zu decken. Zum Vergleich, die komplette Staatsverschuldung der BRD liegt bei ca. 2.230 Milliarden Euro, jeder mag für sich selbst überlegen wie sinnvoll das wohl wäre ?
Erschwerend kommt hinzu, dass diese Ausgaben alle 8 – 10 Jahre wiederholt werden müssten, denn solange werden die Batteriespeicher vorraussichtlich im besten Falle halten, auch wenn einige Hersteller vollmundig mehr versprechen. Eine Vertriebsgesellschaft, die langfristige Garantien auf die Haltbarkeit von Produkten gibt, ist bekanntlich schnell gegründet, und – wie im Falle von PV-Solaranlagen mittlerweile bekannt ist – auch schnell wieder liquidiert.
Übergreifendes Speicherkonzept notwendig
Was unser Land wirklich benötigt ist keine ‘Demokratisierung der Energieversorgung‘ und auch sicher keine schnellen Geschäftemacher, die sich jetzt – nachdem sie Milliarden Euro an Fördergelder für den ‚Deutschen PV-Hype‘ abgeschöpft haben – schnell die nächste Milchkuh suchen. Statt dessen benötigen wir ein kluges, zentral geplantes und regional auf unsere Bedürfnisse abgestimmtes, übergreifendes Speicherkonzept. Dieses sollte idealerweise auch die Vernetzung zwischen Stromenergie und Wärmeenergie beinhalten, denn nur so sind die tatsächlichen Speicherbedarfe kostengünstig zu erreichen.
Leider sind unsere Politiker derzeit im Wahlkampf, und damit im Ausnahmezustand. Sie verteilen lieber Wahlgeschenke an Süddeutsche Häuslebauer, anstatt über tragfähige Speicherkonzepte für das gesamte Land nachzudenken. Die kosten ja Geld, und mit solchen schlechten Nachrichten traut sich im Moment kein Politiker an die Wähler heran. Dabei erhalten die PV-Zellen im Süden heute schon 50% der Ausschüttungen aus dem EEG, tragen aber nur zu 25% zu den Erneuerbaren bei.
Gott sei Dank scheint das unselige Förderprogramm für die Batterie-Heimspeicher jetzt aber auf Eis gelegt worden zu sein. Hoffentlich kommt jetzt ein besserer, demokratisch und sozial korrekterer Vorschlag, der den mittelfristigen Zubau großer, günstiger Stromspeicher, und damit das Gelingen der Energiewende ermöglichen wird ! Mit dieser dürfen wir nicht scheitern, die ganze Welt schaut deswegen nämlich auf uns …..
Hallo Herr Kühl, es gibt eine neue Studie dazu, das Speicher die Netze entlasten, damit sind Speicher durchaus sozial 🙂
http://www.solarserver.de/solar-magazin/nachrichten/aktuelles/2013/kw04/neue-studie-solarstrom-speicher-entlasten-die-stromnetze-und-bringen-die-energiewende-voran.html
Dann dürfte ja auch keiner ein E-Auto kaufen und an der eigenen PV oder dem BHKW laden. Das wäre ja auch unsolzial ?
Oder der Solarthermiebesitzer der seine Gasrechnung reduziert, der ist ja total unsozial gegenüber denjenigen die das Gasnetz bereitstellen. Stimmts ?
Die Leute die in jegliche Speichertechnologie ob thermisch oder elektrisch investieren legen doch gerade den Grundstein für eine demokratische Energieerzeugung. Denn Ihr Speicher kann für Überschüsse sehr gut verwendet werde. Zum Beispiel Windstromüberschuß nachts in E-mobil oder in den Hausakku oder in den Heizungspufferspeicher der Smart-Grid fähigen Wärmepumpe.
Grüße
Kai
Hallo Kai,
die Studie ist mir bekannt und habe ich auch veröffentlicht. Ich wollte der kritischen Stimme dennoch den Platz bieten, da wir auch die Kosteneffizienz im Auge behalten müssen und auch die größeren Speicher betrachten sollten. Die Diskussion zu Speichern beschränkt sich nur auf Batterie-Speicher, es gibt aber noch viele andere Technologien, die durchaus günstiger sein können als in jedem Haus eine Batterie einzubauen – und auch noch zu fördern.
Verehrter Christian Wiesmer,
Ihre kritische Äußerung ist in ihrer Tiefe enttäuschend und hat wenig mit der von mir zu diesem Thema erhofften Analyse zu tun.
Natürlich könnte es kommen, wie Sie skizzieren – wird es aber nicht! Hoffentlich.
Zunächst werden Sie mir zustimmen, wenn ich behaupte, dass wir dass wir mit praktisch jeder Speichertechnologie im Moment bei Null anfangen (wenn man von den paar Speicherseen absieht). Aus Ihrer Beschäftigung mit dem Thema hier und Ihrer Unternehmensbezeichnung entnehme ich, dass Sie auch nicht völlig unbeleckt und interessenlos arbeiten.
Wir reden also über eine Technologie, die sich entwickeln soll, dabei geht es zunächst mehr um das „Speichern-können“ als um die eigentliche Speichertechnologie an sich. Einig sind wir möglicherweise sogar darüber, dass sich zur Lösung der Energiefrage der Menschheit insgesamt etwas ändern muss und wir mit einfachem Zuwarten bisher eher unerwünschte Ergebnisse erzielt haben (auch wenn unser Stromnetz an sich im Vergleich zur Rest der Welt nicht das allerschlechteste ist). Wie also soll es sich denn ändern? Nach der Meinung vieler Experten und auch nach meiner persönlichen Einschätzung besteht eine recht interessante Lösung darin, dass eine Vielfalt von Maßnahmen und Technologien, als Gegenentwurf zum seither praktizierten Zentralismus und Monopolismus, zum gewünschten Ergebnis führen wird. Es wird einige große Player und einige große technische Lösungen im Erzeugungs- und Speicherbereich geben, aber eben auch sehr viele kleine und dezentrale. Das kann man demokratisch nennen, muss man aber nicht.
Wichtig ist, dass Energie anders gedacht wird: zu allererst über Effizienz und Einsparung. Was nicht verbraucht wird, muss man nicht herstellen. Dann über eine Versorgung von „unten nach oben“ statt „top-down“, also zuerst aus dem eigenen Umfeld und dann von weiter her. Zum Schluss stellen die Netze und größeren Versorger den bilanziellen Ausgleich in größerem Kontext sicher.
Sie sprechen mit den Speicherwünschen von PV-Anlagen-Betreibern natürlich den einen wunden Punkt aller PV-Anlagen an: mit großer Sicherheit liefern diese Anlagen nachts keinen Strom und im Winterhalbjahr wenig – richtig! Aber das Konzept der Erneuerbaren Energien hat noch nie nur auf PV basiert! Es gibt auch Windkraft, es gibt auch Biomasse, es gibt zumindest die Idee von Power-to-Gas. Und mindestens beim Wind gibt es eine ganz gute Korrelation: viel Sonne – wenig Wind und umgekehrt. Nicht zu 100% aber immerhin! Wenn wir in eine Situation kommen, dass wir eher zu viel Energie über regenerative Prozesse gewinnen und die Überschüsse in Gas und Wärme umwandeln, dann spielen auch Ihre angesprochenen Probleme keine Rolle mehr, dann geht es nur noch um den Ausgleich. Aber auf viel niedrigerem Niveau als heute. Netze werden benötigt – aber nicht mit der Bandbreite. Verbraucher werden steuerbar und tun das ihre zur Vergleichmäßigung der Netzlast.
Wenn wir aber auf der Suche nach Argumenten für die Beibehaltung zentralistischer und monopolistischer Strukturen wären, dann sind meine Gedanken falsch! Aber das sind wir nicht, zumindest sind wir es hier nicht.
Stefan Krüger
Ist ja richtig, dass man mit einem Stromspeicher immer noch das Netz braucht. Aber man reduziert ja auch die EEG-Umlage (http://www.energie-experten.org/experte/meldung-anzeigen/news/speicherzuschuss-bietet-zukunftsperspektive-fuer-solarstromfoerderung-4066.html). Und die Förderung wird vermutlich kommen. Nur die Mittel sind halt noch nicht freigegeben. Ansonsten sehe ich das teilweise ähnlich. Eine kWh zu speichern kostet mit 5 bis 10 Cents schon noch eine Menge Geld. Kostensenkungspotenzial fraglich. Dass aber nun die dezentrale thermische Speicherung so wichtig wäre, wird vielfach auch bezweifelt: http://www.energie-experten.org/experte/meldung-anzeigen/news/erhoehen-nachtspeicherheizungen-und-waermepumpen-die-flexibilitaet-des-stromnetzes-4040.html Interessante Schlussfolgerung: „Durch Ausschöpfung bestehender Lastmanagement-Potenziale, Nutzung existierender Stromspeicherkapazitäten sowie von Flexibilitäten vorhandener Kraftwerke auf fossiler und Biomasse-Basis ist kurz- und mittelfristig ausreichend Flexibilität im Stromsystem vorhanden.“
Ich halte das Argument mit der Reduzierung der Umlage immer noch nicht für passend. Würde man das gleiche Geld in größere Speicher auf der Ebene der Verteilnetze investieren, könnte vielleicht ein größerer Effekt erzielt werden. Große Speicher können auch überschüssigen Windstrom aufnehmen, kleine Batteriespeicher speichern hingegen nur PV-Strom, große Speicher für Windstrom werden also zusätzlich benötigt. Der Preis für die gespeicherte kWh ist nun mal bei großen Speichern geringer, wie der Artikel aufgezeigt hat. Speicher sollten technologieoffener betrachtet werden, vor allem im Hinblick auf den Nutzen für das gesamte Netz.