Wärmebrücken – Bedeutung in der Planung im Neubau
Heute gibt es ein weiteres Interview zur Energieeffizienz in der Gebäudeplanung. Dieses mal geht es um Wärmebrücken und die Alternative des Gleichwertigkeitsnachweises. Das ist für Architekten, Bauingenieure und Energieberater besonders interessant. Geführt hat das Interview wieder Helmut König von der Plattform Energieberater-Weiterbildung.info. Er sprach mit Anke Schwark vom Ingenieurbüro Schwark, die sich auf dieses Thema spezialisiert hat.
Inhalt
Was sind Wärmebrücken?
Jedes Bauteil von Gebäuden hat spezifische Wärmeverluste. Der Wärmetransport geht vom höheren zum niedrigeren Niveau,, also im Winter von innen nach außen. Wie wir auch, sucht sich die Wärme dabei den Weg des geringsten Widerstandes. Daher ist es an den Außenwänden im Winter häufig kalt. An den Übergängen von einem Bauteil zu einem anderen, wie von der Wand zum Fenster oder zum Dach, ist es kälter.
Durch diese kalte Oberfläche reden viele von einer Kältebrücke. Das ist verständlich, aber physikalischer Unsinn.
Zurück zum Thema, an Wärmebrücken tritt – im Vergleich zu unmittelbar angrenzenden Flächen – ein höherer Wärmefluss als in der Fläche auf. Daher sinkt die Temperatur in diesem begrenzten Bereich. In der Regel sind das Kanten und Ecken – ist also bei Gebäuden nicht gut diese zu haben.
Die Folge sind erhöhte Wärmeverluste und eventuell ein unterschreiten der Taupunkttemperatur in diesen Bereichen. Dadurch kann es in ungünstigen Fällen zu einem Auftreten von Feuchtigkeit kommen, bis hin zur Bildung von Schimmelpilzen.
Also ist es wichtig, Wärmebrücken im Bau so weit es geht zu reduzieren.
Interview mit Anke Schwark über Wärmebrücken
Helmut König: Frau Schwark, Wärmebrücken und/oder Gleichwertigkeitsnachweise, was ist das eigentlich?
Anke Schwark: Wärmebrücken sind örtlich begrenzte Stellen, die im Vergleich zu den angrenzenden Bauteilen eine höhere Wärmestromdichte aufweisen. Die Folgen von Wärmebrücken sind erhöhte Wärmeverluste mit den einhergehenden niedrigeren Oberflächentemperaturen (Gefahr von Tauwasserbildung).
Die entsprechende Normung wird in der Definition der Wärmebrücken noch konkreter: Nach DIN EN ISO 10211 handelt es sich bei einer Wärmebrücke um einen Teil der Gebäudehülle, wo der ansonsten gleichförmige Wärmedurchlasswiderstand signifikant verändert wird durch:
- eine vollständige oder teilweise Durchdringung der Gebäudehülle durch Baustoffe mit unterschiedlicher Wärmeleitfähigkeit
- eine Änderung der Bauteildicke
- eine unterschiedliche Differenz zwischen Innen- und Außenfläche, wie sie bei der Wand-, Fußböden- und Deckenanschlüssen auftritt.
Laut EnEV werden die linearen Wärmebrücken mit bilanziert. Dies erfolgt pauschal mit 0,10 W/m²K. Der Gleichwertigkeitsnachweis ermöglicht es mir, den pauschal angesetzten Wärmebrückenzuschlagswert von 0,10 W/m²K auf 0,05 W/m²K herabzusetzen. Mit einem detaillierten Wärmebrückennachweis kann ich diesen Wert noch weiter herabsetzen. Beim Gleichwertigkeitsnachweis weise ich nach, dass alle linearen Wärmebrücken des Gebäudes denen des Beiblatts 2 der DIN 4108 entsprechen.
Nachweis von Wärmebrücken entscheidend für Effizienzhaus
Warum sollte sich ein Fachplaner mit dem Thema detaillierte Wärmebrückenberechnung beschäftigen?
Die detaillierte Wärmebrückenberechnung ist eine Planungsleistung durch die Bauschäden verhindert und Baukosten eingespart werden. Häufig kann ein höherer KfW-Effizienzhausstandard (KfW 55, 70) erreicht oder auf aufwändige Kompensationsmaßnahmen verzichtet werden. Der Wärmebrückennachweis entscheidet durch den verminderten Wärmebrückenzuschlag über das Gelingen eines gewünschten KfW Effizienzhausstandards.
Der detaillierte Wärmebrückennachweis stellt am Ende des Tages einen Wettbewerbsvorteil dar. Derjenige Energieberater bzw. Fachplaner, der diese Planungsleistung in seinen Projekten nutzt, wird seine Kundenprojekte günstiger und qualitativ hochwertiger umsetzen und erlangt hierdurch einen Marktvorteil. Der Kunde spart bares Geld oder erreicht einfacher einen höheren Tilgungszuschuss.
Wie kann eine Berechnung am einfachsten und sichersten durchgeführt werden?
Um einen ersten Einstieg in das Thema zu bekommen, bietet sich neben den relevanten Normen der Dena-Leitfaden „Wärmebrücken in der Bestandssanierung“ an. Hier werden die verschiedenen Möglichkeiten übersichtlich und anhand von Beispielen dargestellt. So wird beispielsweise das Vorgehen für den Gleichwertigkeitsnachweis über das konstruktive Grundprinzip gut beschrieben sowie das Vorgehen beim detaillierten Wärmebrückennachweis.
Um dann tatsächlich Wärmebrücken zeichnen zu können, benötigt jeder eine spezielle Software. Wie für die Energiebilanz gibt es auch eine ganze Palette an Anbietern, die es sich lohnt, alle einmal näher zu betrachten. Erste Hilfen zum Vorgehen bietet dann das Handbuch und die verschiedenen Youtube-Videos aus dem Netz. Wenn es dann aber um tiefergehende Fragen geht, und der Teufel ja bekanntlich im Detail steckt, kommt meines Erachtens keiner um einen Kurs zur Berechnung von Wärmebrücken herum.
Was kann ein Fachplaner für eine detaillierten Wärmebrückenberechnung in Rechnung stellen?
Die Kosten einer Wärmebrückenberechnung sind sehr unterschiedlich und Projekt bezogen. Am Markt haben sich Preise zwischen 60-100 Euro je Wärmebrücken etabliert. Da aber der Bauherr nicht weiß wie viele Wärmebrücken an dem konkreten Projekt zu finden sind, sind Preise je Wärmebrücke eine schlechte bzw. intransparente Kalkulationsgrundlage.
Wir als Ingenieurbüro haben hierzu einen Kalkulator https://www.deltauwb.de/waermebrueckenberechnung/ entwickelt, in dem wir unsere Erfahrungswerte abbilden. Durch Eingabe weniger Parameter wie Dachform, Anzahl der Wohneinheiten und die Art des Kellers können wir einen ersten Preis für ein Bauvorhaben ausweisen.
Erhöhte Förderung macht Berechnung von Wärmebrücken attraktiver
Wie wird sich das neue Gebäudeenergiegesetz (GEG) oder die Bundesförderung Effiziente Gebäude (BEG) auf den Wärmebrückennachweis auswirken?
Da sich sowohl das Gebäudeenergiegesetz als auch die Bundesförderung für effiziente Gebäude noch im Parlamentarischen Abstimmungsprozess befinden kann dies noch nicht zu einhundert Prozent abgesehen werden. Allerdings ist klar, je höher die Tilgungszuschüsse bei der KfW sind, desto wichtiger wird auch die detaillierte Wärmebrückenberechnung, da das Verhältnis Planungskosten zu Fördergeld sich weiter verbessert. Es macht also Sinn, hier entsprechend vorbereitet zu sein, um den zu erwartenden Bedarf befriedigen zu können.
Frau Schwark, ich danke Ihnen für dieses Gespräch.
Interview-Serie für Energieberater
Die Plattform Energieberater-Weiterbildung hat sich zur Aufgabe gemacht, Wissen in der Energie- und Ressourceneffizienz bei Privat-, Gewerbe- und Industriebauten sowie bei Gebäuden der öffentlichen Hand zu vermitteln. Dazu stehen verschiedene erfahrene Spezialisten für Seminare, Beratungen und Vorträge zur Verfügung. Energieeffizienz im denkmalgeschützten Gebäude ist ein Thema, was oft wenig Beachtung findet.
Frau Schwark, die uns für dieses Interview zur Verfügung gestanden hat, ist Mitglied in diesem Portal und bietet ein Seminar zum Thema Wärmebrückenberechnung und Gleichwertigkeitsnachweis an. Sie betreibt ein Ingenieurbüro in Thüringen und hat sich auf das Thema Wärmebrücken spezialisiert.
In dieser Reihe ist bisher erschienen:
Guten Tag, ich finde den Beitrag wirklich sehr gut gelungen, die wesentlichen auf den Punkt gebrachten Informationen haben mir weitergeholfen. Ich freue mich auch schon weitere Beiträge zu Lesen.
Beste Grüße, Klaus
Es ist gut, dass das Thema Wärmebrücke in Zukunft noch intensiver beachtet wird. Im neuen GeG §24 sind dazu nun ja auch Regelungen enthalten. In meiner beruflichen Praxis als Immobilienmakler sind Bauschäden durch Wärmebrücken bei Häusern im Bestand immer wieder Thema. Vor allem bei Häusern mit Baujahren vor 1980 ist sind Wärmebrücken im Bereich des Übergangs Wand zu Decke oder Wand zum Rollokasten eine häufige Ursache für innen seitige Tauwasser Bildung mit Schimmelgefahr.
Wärmebrücken waren aber auch schon Bestandteil der EnEV.
Sehr Gute Artikiel.
Ein großartiger Artikel für alle, die mit der Entwicklungsbranche zusammenarbeiten.
Sehr gut durchstrukturierter Beitrag, vor allem das Interview mit Anke Schwark hat mir sehr gut gefallen!
Gruß
Peter