Energiewende benötigt Durchbruch bei Effizienzmaßnahmen
Im Zuge der Kürzung der Einspeisevergütung für Photovoltaik-Strom ist oft die Rede vom Ende der Energiewende. Diese Aussage finde ich sehr merkwürdig, auch wenn ich die Kürzungen kritisiere. Denn die Energiewende besteht aus einem breiten Mix an erneuerbaren Energien und aus einer effizienten Energienutzung.
Die erneuerbaren Energien können sich bisher nicht beklagen über Zuwächse und ausreichend Unterstützung, auch wenn die Photovoltaik-Branche vor Probleme gestellt wird. Aber das viel größere Problem sind mangelnde Fortschritte bei der Energieeffizienz. Das Ziel der Bundesregierung, in Deutschland bis 2020 rund 20 Prozent des Energieverbrauchs einzusparen, wird wohl deutlich verfehlt werden.
Die vor drei Wochen zwischen Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler und Umweltminister Norbert Röttgen vereinbarte deutsche Position zur EU-Effizienzrichtlinie trage nicht dazu bei, den Energieverbrauch deutlich zu senken, betonte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger.
Nach monatelangem Streit hatten Rösler und Röttgen vereinbart, es jedem EU-Land selbst zu überlassen, wie es den Energieverbrauch senkt. Entgegen den Plänen der EU-Kommission sollen außerdem die Energieversorger nicht verpflichtet werden, bei ihren Kunden Maßnahmen zur Minderung des Energieverbrauchs um jährlich 1,5 Prozent zu fördern. „Allein in Deutschland wäre es damit möglich gewesen, pro Jahr rund sieben Milliarden Euro bei Energieimporten einzusparen“, sagte Weiger. „Dazu ist jedoch eine wirksame und mit verbindlichen Maßnahmen unterlegte Richtlinie zur Steigerung der Energieeffizienz erforderlich“, so der BUND-Vorsitzende.
Solch eine Strategie, für die es Zeit wird, hat der BUND nun vorgelegt mit seinen sieben Punkten zur Steigerung der Energieeffizienz. Das Programm soll Industrie, Gewerbe und Verbraucher motivieren, bei Neuanschaffungen die jeweils sparsamsten Geräte einzusetzen. Der Stromverbrauch der Geräte sollte über die gesamte Lebensdauer ausgewiesen werden. In Industriebetrieben sollen Stromfresser ausgetauscht und einkommensschwache Haushalte bei der Anschaffung besonders sparsamer Geräte unterstützt werden. Nach dem sogenannten „Top-Runner-Ansatz“ sollen die effizientesten Elektrogeräte zum Standard werden.
Martin Pehnt, Energieexperte vom ifeu-Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg: „Bundeskanzlerin Angela Merkel und Bundesumweltminister Norbert Röttgen betonen immer wieder die Bedeutung eines Top-Runner-Programms und bezeichnen es als Voraussetzung für eine erfolgreiche Energiewende. Zwischen dieser Rhetorik und dem politischen Handeln klafft jedoch eine riesige Lücke. Deutschland braucht endlich ein Top-Runner-Programm, das den Markt für energieeffiziente Techniken deutlich ankurbelt und den Stromverbrauch um zehn Prozent im Vergleich zu 2008 verringert. Das hat sich die Bundesregierung vorgenommen und das sollte sie auch umsetzen.
Die sieben Instrumente des BUND, die die Top-Runner-Strategie auf nationaler Ebene ergänzen und deren Pull-Wirkung verstärken sollen, im einzelnen:
1. Ein A+++-Förderprogramm „Einkommensschwache Haushalte“
Um eine Armut durch hohe Energiekosten zu vermeiden, und einkommensschwache Haushalte bei der Anschaffung sind spezielle Förderprogramme notwendig. Die erfolgreichen Stromspar-Checks müssen bundesweit fortgeführt werden und um Förderprogramme für Elektrogeräte der höchsten Effizienzklasse beinhalten.
2. „Efficiency sells“: Effizienzwettbewerb im Handel
Top-Runner Programme, die speziell die aktuell effizientesten Produkte bewerben, müssen ausreichend kommuniziert werden. Handel und Handwerk müssen in einen Wettbewerb treten, um das beste Energiespar-Engagement und entsprechend dafür belohnt werden. Dieser Wettbewerb soll ermitteln, welcher Händler die meisten Produkte höchsten Effizienzklasse verkauft und auch Marketingkonzepte für den Verkauf der effizientesten Produkte belohnen.
3. Angabe von Lebenszykluskosten: Kostentransparenz für Verbraucher
Die Angaben der Effizienzklasse und der reinen Verbrauchsdaten sagen dem Verbraucher nicht viel aus und sind, bei unterschiedlichen Gerätegrößen, schwer vergleichbar. Neben der Angabe des Kaufpreises , werden Händler auch die Folgekosten des Gerätes, bzw. der Kosten über einen langen Zeitraum angeben. Käufer erhalten somit mehr Transparenz über die wirklichen Kosten der Elektrogeräte.
4 .Das Top-Runner-Gutscheinprogramm „Neue Impulse: Bestgeräte in privaten Haushalten“
Mit einem Gutscheinprogramm soll für noch unbekannte, aber hocheffiziente, Produkte geworben werden. In zeitlich begrenzten Aktionen sollen Privathaushalte und gewerbliche Kunden über verschiedene Medien angesprochen werden und für den Kauf effizienter Produkte belohnt werden.
5. Das Top-Runner-Förderprogramm „Effizient bewegt: Motoren in Industrie und Gewerbe“
Die größten Effizienzpotentiale in der Industrie sind im Bereich Motoren und Antriebe zu finden, da elektrische Antriebe zu etwa 70 % zum Stromverbrauch der Industrie beitragen. Förderprogramme, Beratungen und Informationen sollen helfen dieses Potential zu erschließen. Gut und einfach verständlich ist auch der Vorschlag eines Produktlabels für Systeme in Analogie zu „Intel inside“: „Only high efficiency electrical components inside“.
6. „Next Generation“: Effizienzsprung durch Innovationswettbewerbe für Hersteller
In vielen Produktgruppen steckt noch weiteres Potential zur Verringerung des Stromverbrauchs. Für Hersteller muss sich die Forschung und Entwicklung in der Energieeffizienz aber lohnen. Innovationswettbewerbe, finanziert durch private Unternehmen, sollen helfen dieses Potential zu erschließen und Entwickler zu unterstützen.
7. Verbesserung der Marktüberwachung von Ökodesign und Energiekennzeichnung
Als letzter Punkt ist die Überwachung und Kontrolle der bestehenden Vorschriften zur Kennzeichnung des Energieverbrauchs und der EU Ökodesign-Richlinie. Denn was nicht kontrolliert wird, wirkt nicht. Was helfen uns die besten Vorschriften, wenn die Produkte diese nur auf dem Papier, aber nicht in der Praxis einhalten? Die Bundesländer müssen ein Marktüberwachungskonzept aufbauen, um die Einhaltung der bestehenden Vorschriften zu kontrollieren.
Die ausführliche Darstellung der sieben Punkte für ein effektives Programm zum Energiesparen des BUND gibt es auch zum Download.
Diese Punkte sind ein wichtiger Ansatz, um Fortschritte in der Energieeffizienz zu erzielen. Sie müssen nun weiter von verschiedenen Verbänden aufgegriffen und diskutiert werden. Als problematisch sehe ich vor allem, dass eine Finanzierung der verschiedenen Punkte von öffentlichen Haushalten, bzw. der Ausstattung des Energie- & Klimafonds abhängt. Nicht nur die Finanzierung, auch die Umsetzung hängt zu sehr von der Politik ab. Wir dürfen uns nicht auf die Politik verlassen, die immer wieder zeigt, dass sie kein Interesse an Energieeffizienz hat. Der BUND sollte sich z.B. mit Fachverbänden der Industrie oder des Handels zusammen setzen um einige der Punkte voran zu bringen – so bekommt Energieeffizienz eine Chance.