KfW gibt dem Plusenergiehaus statt dem Passivhaus eine Zukunft
Über viele Jahre war das Passivhaus die effizienteste Form eines Gebäudes. Es war weltweit anerkannt, es gibt ein eigenes Forschungsinstitut für den Standard des Passivhauses und es wird von der KfW gfördert. Doch so richtig durchgesetzt auf dem Markt hatte es sich bislang nie, trotz einzelner bemerkenswerten Erfolge – in Frankfurt am Main setzt das städtische Wohnungsunternehmen ABG auf den Passivhaus-Standard. Seit wenigen Jahren steht das Passivhaus im Schatten des Plusenergie- oder Aktivhauses. Im kommenden Jahr soll dann das Passivhaus aus der KfW-Förderung fallen, wie in den letzten Tagen bekannt wurde. Hat das Passivhaus noch eine Zukunft?
Inhalt
Was ist eigentlich ein Passivhaus?
Wer sich nicht genau auskennt, fragt sich jetzt, was macht ein Haus zum Passivhaus? Eigentlich war die Idee mal ganz einfach. Das Passivhaus hat so wenig Wärmeverluste, dass die internen Wärmegewinne durch die Personen und Abwärme der elektrischen Geräte ausreicht, um das Haus warm zu halten. Damit sollte die übliche Heizung eingespart und die Mehrkosten der Gebäudehülle finanziert werden. Doch mittlerweile haben Passivhäuser meistens doch eine Heizung.
Ebenfalls anschaulich ist die Bezeichnung 1,5-Liter Haus – also ein Verbrauch von 1,5 Liter Heizöl (als Vergleichswert) pro Quadratmeter Wohnfläche im Jahr. Ein Neubau nach dem Standard der Energieeinsparverordung liegt vielleicht bei 8 – 9 Liter je m² und Jahr.
Ein Passivhaus zeichnet sich durch eine lückenlose hochwirksame Wärmedämmung aus, sowie durch eine luftdichte Gebäudehülle. Somit hat man hohe Oberflächentemperaturen an den Außenbauteilen und eine geringe Differenz zur Raumlufttemperatur, was für eine thermische Behaglichkeit sorgt. Durch die hocheffiziente Lüftungsanlage hat man stets frische Luft ohne Zugerscheinungen.
Planungstool Passivhaus-Projektierungspaket
Durch die besonderen Eigenschaften und Anforderungen des Passivhauses ist vom Passivhaus-Institut ein Passivhaus-Projektierungspaket (PHPP) entwickelt worden. Es ist als ein Energiebilanzierungs- und Planungstool für effiziente Gebäude und Modernisierungen gedacht und unterscheidet sich von den sonst verwendeten Normen, enthält aber auch einen vereinfachten Nachweis nach der Energieeinsparverordnung (EnEV).
Auf die genauen Inhalte kann ich mal, wenn gewünscht, in einem eigenen Beitrag eingehen. Seit 1998 wurde das Tool stets weiter entwickelt und ist auch anerkannt für den Nachweis von Passivhäusern als KfW-Effizienzhaus 40 und 55.
Neue Förderstandards der KfW ab 2016 ohne Passivhaus
Ab April 2016 wird sich einiges ändern, denn die KfW wird ihr Förderangebot im Programm „Energieeffizient Bauen“ erneuern. Der Grund sind die erhöhten Anforderungen nach der Energieeinsparverordnung (EnEV) ab dem 01.01.2016. Damit wird das seit 2009 von der KfW geförderte Effizienzhaus 70 dem gesetzlichen Mindeststandard bei Wohnungsneubauten entsprechen und entsprechend nicht mehr gefördert – nach einer Übergangsfrist von drei Monaten?
Damit werden im Neubau ab dem 01.04.2016 folgende Effizienzhäuser gefördert:
- KfW-Effizienzhaus 55
- KfW-Effizienzhaus 40
- KfW-Effizienzhaus 40 Plus
Das KfW Effizienzhaus 40 Plus wird neu eingeführt und zeichnet sich dadurch aus, dass „ein wesentlicher Teil des Energiebedarfs unmittelbar am Gebäude erzeugt und gespeichert wird“. Das ist also ein deutlicher Schritt zum Plusenergiehaus.
Für das KfW Effizienzhaus 55 wird es ein vereinfachtes Nachweisverfahren geben, das „KfW-Effizienzhaus 55 nach Referenzwerten“. Bei diesem Effizienzhausstandard können die Sachverständigen aus standardisierten Maßnahmenpaketen für Gebäudehülle und Anlagetechnik wählen.
Die KfW möchte damit „die besonders energieeffizienten Neubauten stärker fördern und verbesserte Anreize für das Erreichen hoher energetischer Standards schaffen“.
Was wird nun aus dem Passivhaus?
Besonders energieeffiziente Neubauten gibt es ja bereits mit dem Passivhaus, auch mit einem eigens entwickelten Rechenverfahren. Für Passivhäuser gilt für die Förderung künftig der Nachweis nach den Bilanzierungsvorschriften für die KfW-Effizienzhäuser. Als eigenständiger Haustyp fällt das Passivhaus aus der Förderung heraus
Es war abzusehen, dass die Bundesregierung das Plusenergiehaus favorisiert. Es gab viel Unterstützung in den letzten Jahren für diesen Haustyp und die Entwicklung wurde weiter voran gebracht. Zielrichtung des KfW Effizienzhaus 40 Plus ist das Plusenergiehaus, auch wenn noch keine Energiebilanz gefordert wird – aber die Bestandteile, wie Stromerzeugung, Speicher und Energiemanagement sind bereits enthalten. Dies ist ein mutiger und logischer Schritt, konsequent im Sinne der Energiewende.
Auch für Passivhäuser gibt es mittlerweile unterschiedliche Typen, wie z.B. das Passivhaus Plus oder Premium. Aber diese sind zu spät eingeführt worden und im deutschen Markt nicht ausreichend kommuniziert. Das Plusenergiehaus ist längst weiter und wesentlich etablierter. Da hätte die Passivhaus-Gemeinde früher aufspringen müssen und sagen, das Passivhaus ist die ideale Grundlage für ein Plusenergiehaus.
Man muss es leider so drastisch ausdrücken, wie der erfahrende Passivhaus-Planer Johannes Laible, die KfW bringt das Passivhaus um. Aber ob Lobby- und Netzwerkarbeit jetzt noch helfen?
Ich selbst wohne in einem sehr gut Isolierten Haus, kann die Begeisterung von solchen Energiehäusern aber nicht verstehen. Es muss immer peinlichst darauf geachtet werden genug zu lüften da sich sonst überall Schimmel bildet zudem steht Nachts bei mir jetzt immer das Fenster auf Kipp da es einfach so ist als würde man in einer Tupperdose schlafen. Deshalb frage ich mich ob es wirklich so sinnvoll ist unsere Häuser so stark zu isolieren oder ob wir nicht lieber in bessere Heizungsanlagen investieren sollten. Oder besser noch Erneuerbare Energien noch weiter ausbauen so dass der Verbrauch egal wird.
Grüße
Es ist ein weit verbreiteter Irrtum, dass die Feuchtigkeit etwas mit der Dämmung zu tun hat. Liegt vielleicht am Gefühl, aber faktisch ist es nicht die Dämmung, die für eine dichte Hülle sorgt. Früher waren die Fenster und andere Anschluss-Fugen in der Gebäudehülle lange nicht so dicht, wie heute. Da war automatisch immer etwas Lüftung, auch ohne unser zutun. Die dichten Anschlüsse und dichten Fenster sollen den Verlust der Wärme verhindern. Dafür muss aber auch ausreichend gelüftet werden, entweder manuell (was schwierig ist) oder über eine mechanische Lüftungsanlage. Sonst bringt eine bessere Heizung nichts, wenn sie die höheren Wärmeverluste auffangen muss.
Lüften ist ein aktuelles Thema und nicht nur gut gegen Schimmel, wie wir gerade täglich gesagt bekommen. Seit mehr als 10 Jahren verwende ich in meinem renovierten Bad eine dezentrale Lüftung mit Wärmerückgewinnung. Das Schuhkarton große Gerät kostete 400 €, läuft 24h am Tag 365 Tage im Jahr mit zwei leisen 80mm Lüftern mit je zwei Watt Leistung. Zwei 50mm Rohre führen Fortluft weg und Frischluft rein. Die Fenster wurden seit dem nur zum Reinigen geöffnet und zwei Stunden nach dem Duschen ist die feuchte Luft draußen. Zur Wartung werden zwei Staubfilter mit Seifenwasser ausgewaschen. Diese Lösung wäre für jedes Klassenzimmer geeignet.
Lüften ist nicht nur für das Bad wichtig, auch für den gesamten Wohnraum. Nur im Bad merkt man die höhere Feuchtigkeit sofort durch einen beschlagenen Spiegel.
Sehr spannender Kommentar. Als Immobilienmakler kenne ich mich besonders mit Bestandsobjekten aus. Unsere Kunden fragen in der Tat häufiger nach einer PVA als nach den kfw Regelungen.
Kann allerdings auch an der Lobby-Arbeit hängen.
Sonnige Grüße aus Leipzig
Ich habe 2 Häuser gebaut mit jew. 80 qm Wfl., beide KfW 70, außen voll mineralisch Quickmix Hydrocon/Gasbeton/Lehmputz (Raumklimaverbesserung ggü. Gips), innen Kalksandstein (Wärme-Kühlespeicher!) , 3-fach-Verglasung/warme Kante/3-fach-Dichtung, kein Keller/Lüftungsanlage/Kamin/Dachfenster/thermische Solar/ Heizkörper, Luftwasserwärmepumpe-Fußbodenheizung, Großdachüberstand-Pultdächer-PVA mit 25! bzw. 27! kwp. Real 5-6-fach-Plusenergiehaus bezogen auf Gesamtenergieverbrauch Haus incl. Heizung/Haushalt/Backen, Eigenverbrauchanteil ca. 60 % OHNE Speicher. LW-Wp kühlt DIREKT die Außenluft ab. Dächer sammeln über Fallrohrfilter direkt Regenwasser in Zisternen für WC, Nutzgarten und Waschmaschine. Imho ist alles unter KFW70-Wärmeschutz nicht sinnvoll da die Sonne den x-fachen Gesamtenergiebedarf der Menschheit liefert und die LW-Wp der Außenluft Wärme entziehen. Das ggü. <KFW70 gesparte Geld imho in PVA und Zisternen (Kanalisations-Puffer bei Starkregen!) sinnvoller investiert. Die unsinnig übertriebene EnEV gehört geändert in max. KFW70 und Aufdach-PVA-Pflicht.
https://www.pv-magazine.de/2018/09/10/waiblingen-setzt-schon-lange-auf-solarpflicht/
Die heutige EnEV entspricht übrigens dem früheren KfW70 Standard, eine weitere Verschärfung wird es künftig wohl nicht geben. Dafür soll in Zukunft der Strom einer PV-Anlage stärker angerechnet werden können. Hilfreich für mehr PV-Anlagen wäre aber auch die Abschaffung der EEG-Umlage für selbst erzeugten Strom, damit würden sich Solaranlagen noch mehr lohnen als heute, sowohl auf Ein- oder Zweifamilien, als auch auf Mehrfamilienhäuser.