Energiewende anders betrachtet
Heute konnte ich im Tagesspiegel einen wunderbares Essay zur Energiepolitik der USA, angesichts der Ölpest im Golf von Mexiko. Wir Deutsche wundern uns ja oft über die Energiepolitik der USA und über eine klimapolitische Ignoranz der Regierung. Auch bei der Explosion der Bohrinsel (da fällt einem spontan der Ausspruch von Sarah Palin „Drill Baby Drill“ ein) und dem seit mehreren Tagen auslaufenden Bohrloch sieht man keine Änderung in der Energiepolitik der USA – im Gegenteil das Unglück verzögert die Verabschiedung eines neuen Energiegesetzes im Kongress. Wir Deutsche denken, da müsste man doch jetzt erst recht aktiv werden und für eine neue Energiepolitik sorgen. Aber diese Sichtweise haben die Amerikaner nun einmal nicht, sie denken da völlig anders.
Das heißt aber nicht, dass es in den USA keine Energiewende geben wird, und gerade das finde ich faszinierend und sollten wir uns auch einmal anschauen. Staatliche Unterstützung für Energieeffizienz und erneuerbare Energien gibt es in den USA nur für die Forschung, nicht für den Betrieb. Eine Einspeisevergütung und Zielvorgaben für den Stromanteil von erneuerbaren Energien gibt es nur lokal in einzelnen Regionen oder Bundesstaaten. Aber dennoch stehen die USA vor einer Energiewende, die Windenergie-Branche boomt als derzeit weltgrößten Markt und auch die Photovoltaik-Branche weist große Wachstumsraten auf als – gefühlt -weltgrößtem Markt. Einige Beispiele listet der Artikel auf.
Die Sichtweise auf die neue Energiepolitik ist völlig anders in weiten Teilen der USA. Erneuerbare Energien werden nicht oder nur selten als Mittel für Klimaschutz betrachtet, wie hier in Deutschland, sondern mehr als Wirtschaftszweig Cleantech oder Greentech mit rosigen Zukunftsaussichten, der viele Arbeitsplätze schafft. Und dies zu einer Zeit der Wirtschaftskrise, in der viele Arbeitsplätze abgebaut und Firmen geschlossen werden.
Überraschenderweise sieht die deutsche Politik und Wirtschaft das völlig anders, sie beharrt – aus Angst vor der Krise – auf der bestehenden Energiewirtschaft wirkt ängstlich vor der neuen Cleantech-Branche. Man liest kaum etwas über große Firmen, die ihren Strombedarf mit erneuerbaren Energien bedecken – vielleicht fällt es auch nicht mehr auf. Ich sehe aber weder in der Politik, noch in der deutschen Wirtschaft einen Ansatz, die Energiewende als wirtschaftlichen Chance zu betrachten – obwohl es doch heute kaum eine Branche mit solch positiven Zukunftaussichten gibt.
Sehe ich das falsch oder haben Sie, lieber Leser oder liebe Leserin, eine andere Meinung?
Bei Cleanthinking haben wir kürzlich Kai Schlegelmilch (http://www.cleanthinking.de/hintergrund-fos-oekologische-steuerreform/5395/) interviewt, der mit seiner Organisation der Befürworter einer klaren ökologischen Steuerreform ist. Würde bedeuten: Energiesteuern rauf, um eine deutliche Lenkungswirkung zu entfachen und gleichzeitig im Idealfall Arbeitskosten senken. Das Konzept ist eines, das ich mir als „visionäres“ Projekt einer inhaltslos gewordenen Bundesregierung gut vorstellen könnte. Dies wäre ein guter Schritt, um den Umbau zu einer nachhaltigen Wirtschaft zu fördern und zu beginnen.
Ansonsten sehe ich durchaus auch Impulse in der Wirtschaft, sich verstärkt mit dem Thema zu beschäftigen: Siemens etwa setzt stark auf die grünen Technologien, dazu hat EON gerade seinen Vorstand umgebaut und will stark in Erneuerbare Energien investieren. Hinzu kommen viele Hundert kleine und junge Firmen mit tollen Ideen.
Aber: Es fehlt aus der Wirtschaft irgendwo ein Gesamtanreiz, sich stärker auf Cleantech zu fokussieren, da gebe ich Dir recht.
Gerade im Bereich Energieeffizienz von Gebäuden könnte meiner Meinung nach viel mehr getan werden in Form von Anreizen.
Ein gelungenes Zusammenspiel aus Wirtschaft und Politik und Gesellschaft wäre dringend notwendig, um Cleantech als zu erwartende riesige ZUkunftsbranche zu etablieren – ein New Deal, eine ökologische Steuerreform etc. Die Konzepte liegen vor – nur der Mut fehlt bislang…