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ReStainability-Studie: Untersuchung der Top 30 Stadtwerke hinsichtlich Planet People Profit

ReStainability-Studie: Untersuchung der Top 30 Stadtwerke

Ein Gastbeitrag von Prof. Dr. habil. Frank Keuper und Dr. Claus Hartmann

Die Energiewende ist nicht nur eine technologische Herausforderung, sondern auch eine Management-Wende, weil sie auch soziale und gesellschaftliche Veränderungen erfordert. Eine aktuelle Studie von Weissman & Cie untersucht, wie die 30 größten Stadtwerke in Deutschland diese Herausforderung angehen und inwiefern Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung bereits Teil ihrer Strategie sind.

Hintergrund

Die Energiewende zielt darauf ab, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu verringern und den Übergang zu erneuerbaren Energien zu vollziehen. Dies erfordert den Ausbau von erneuerbaren Energiequellen wie Sonne, Wind und Wasser, aber auch den Umbau bzw. Rückbau von vorhandenen Erzeugungsstrukturen und ganzen Wirtschaftszweigen. Damit geht ein Mindset Shift einher: Aus dem Energieversorger wird ein Zukunftsentwickler für Gesellschaft und Wirtschaft, der mit vielen Unternehmen anderer Branchen um dieselbe Zielgruppe buhlen wird. Zukunftsplanung, Strategie und Change-Management werden hierfür entscheidend sein.

Diese Transformation hat Einfluss auf Preise, Geschäftsmodelle, Finanzierung, Investitionen, Strategie, Innovationsfähigkeit, Branding und die Zukunftsfähigkeit von Stadtwerken. Sie betrifft uns alle und hat Auswirkungen auf unser tägliches Leben, denn wir werden in Zukunft nicht nur anders Strom erzeugen, sondern auch ganz anders Strom verbrauchen.

Was bedeutet ReStainability?

ReStainability ist ein Handlungsprinzip zum Umgang mit Menschen (Re_sponsibility) und zur nachhaltigen Nutzung von Ressourcen (Su_Stainability) unter gleichzeitiger Beachtung von:

ReStainability nutzt integriert die unternehmensfokussierten Metatools des Deutschen Ethik Index (Responsibility) sowie das normative Future Fit Framework der Vereinten Nationen (Sustainability). ReStainability ist ein Wachstumskonzept, das den gesamten gesellschaftlich-ökologischen Nutzen eines Unternehmens für die Gemeinschaft optimiert, um dadurch nachhaltiges Wachstum zu entwickeln.

Untersuchungsmethodik

Die Studie basiert auf öffentlich zugänglichen Informationen (z.B. Bundesanzeiger, Homepages, Nachhaltigkeitsberichte) und konzentriert sich auf die Top 30 Stadtwerke in Deutschland nach Umsatz im Jahr 2021. Der Untersuchungszeitraum ist Januar bis März 2023. Die Stadtwerke werden in zwei Dimensionen bewertet: „ReStainability Readiness Factor“ und „Measurement Factor for Need for Action“.

Der ReStainability Readiness Factor wird verwendet, um die Bereitschaft der Stadtwerke zur Umsetzung von Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu bewerten, und setzt sich aus fünf Bewertungsaspekten zusammen: 

Als zweite Bewertungsdimension wird der Measurement Factor for Need for Action genutzt, um Handlungsbedarfe aus externer Sicht zu identifizieren:

Ergebnisse ReStainability-Studie im Überblick

Im Rahmen der Untersuchung wird deutlich, dass viele Stadtwerke noch erhebliche Anstrengungen leisten müssen, um den Forderungen von Politik, Kunden und der breiten Masse gerecht zu werden. 20 der TOP 30 Stadtwerke haben ein CO2-Ziel, das mindestens den Anforderungen der Bundesregierung entspricht (CO2-Neutralität in 2045). 10 der TOP 30 Stadtwerke streben sogar schon für das Jahr 2035 die CO2-Neutralität an. Hierbei werden jedoch in der Regel nur direkte CO2-Emissionen betrachtet. 

Nur 6 der TOP 30 Stadtwerke veröffentlichen jedes Jahr einen Nachhaltigkeitsbericht (für die Jahre 2017 bis 2021), 14 Stadtwerke haben in den letzten 5 Jahren keinen einzigen Nachhaltigkeitsbericht veröffentlicht. Das restliche Drittel der Stadtwerke veröffentlicht nur unregelmäßig. Die Varianz in Qualität, Umfang und Transparenz der Nachhaltigkeitsberichte ist sehr hoch – im Gegensatz zu Jahresabschlüssen fehlt es merklich an einem standardisierten Vorgehen.

Im Durchschnitt haben die 30 TOP Stadtwerke bereits rund 1,7 TWh an erneuerbaren Strom im Jahr 2021 produziert. Auch hier liegt eine große Varianz zwischen den Stadtwerken vor. 

Zwischen den Zeilen ist bei vielen Stadtwerken eine hohe Unsicherheit zu spüren, wie die Herausforderungen und die (aktuell sehr dynamischen) regulatorischen Vorgaben umgesetzt werden können.

Handlungsbedarf und Maßnahmen

Die Studie identifiziert Handlungsbedarfe aus externer Sicht, indem Best Practices bei den untersuchten Stadtwerken identifiziert werden, von denen auch die anderen Stadtwerke profitieren können. Neben der klaren Handlungsempfehlungen, sich einfach in den untersuchten Kategorien zu verbessern (z.B. EE-Stromportfolio vergrößern, Primärenergiefaktor absenken oder Fernwärme ausbauen), ergeben sie die folgenden Maßnahmen-Empfehlungen. 

Sprechen Sie offensiv über Ihre Ziele hinsichtlich CO2-Neutralität oder Ausbauziele für Erneuerbare Energieträger und aktivieren Sie damit Ihre eigene Organisation. Nur so setzen sich die Ziele in den Köpfen Ihrer Mitarbeiter, Ihrer Kunden und Ihrer Stakeholder fest und die Zielerreichung wird viel wahrscheinlicher. Das ist dann die Management-Transition – denn die Energiewende wird nicht an der vorhandenen Technik scheitern. ReStainability muss daher (auch) Chefsache bzw. Aufgabe der obersten Leitung sein.

Tun Sie Gutes und sprechen Sie darüber! Häufig werden zwar tolle Projekte mit Erneuerbaren Energien durchgeführt, jedoch gar nicht darüber in der Presse oder Social Media berichtet – machen Sie das besser! Denn wir brauchen Erfolgsgeschichten, die uns gegenseitig Mut machen.

Nutzen Sie die zahlreichen Potenziale und überlassen Sie die ReStainability-Entwicklungen nicht allein den Regierungen und Behörden. Reagieren Sie sich nicht nur auf äußeren (regulativen) Druck, sondern ergreifen Sie die Chancen, sich proaktiv, strategisch und kommunikativ signifikant besser zu positionieren. Nutzen Sie damit die Potenziale für profitables Wachstum durch ReStainability: 

Neue Geschäftsmodelle wie Carsharing, dynamische Stromtarife oder Wärme-Contracting dürfen im Kleinen getestet werden. Denn dann nehmen Sie das Heft des Handels in die Hand und reiten auf der Welle des „Regulierungs-Tsunamis“, weil man Sie fragen wird, wie die Regeln gemacht werden sollten. 

Fazit

Die Energiewende ist eine gesellschaftliche Aufgabe, die eine umfassende Zusammenarbeit erfordert. Die Studie zeigt, dass die Stadtwerke eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung dieser Transformation spielen und einzelne Stadtwerke schon auf einem guten Weg sind. Im Rahmen der Studie ist aber auch deutlich geworden, dass die Aspekte Nachhaltigkeit und soziale Verantwortung noch mehr in der strategischen Planung verankert werden dürfen. Nur dadurch und mit dem Engagement aller Beteiligten können wir eine nachhaltige Zukunft gestalten.

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