Eisbär oder Influencer – Wie kommunizieren wir die Energiewende?
Gastbeitrag von Sabrina Corsi, 100 prozent erneuerbar Stiftung
Umfragen zur Energiewende werden gut und gerne mit Überschriften wie „95 Prozent der Bevölkerung stehen hinter der Energiewende“ oder „Große Mehrheit für mehr Erneuerbare“ angeteasert. Wunderbar, wenn die Mehrheit die Energiewende für richtig und wichtig befindet, muss auch nicht mehr die Werbetrommel gerührt werden. Der Atomausstieg ist beschlossene Sache und der Kohleausstieg wird auch über kurz oder lang kommen. Wozu also noch die Energiewende kommunizieren? Die Antwort ist simpel: Weil sie nur mit den Menschen wirklich gelingt. Es geht längst nicht mehr darum, die Fossilen gegen die Erneuerbaren zu ersetzen – Es geht um Klimaschutz und die Einhaltung des 2-Grad-Ziels – oder auf den Alltag heruntergebrochen: Es geht darum, auf einen nachhaltigeren Lebensstil umzusteigen.
Inhalt
Außerhalb der Berliner Bubble kommunizieren
Der Wandel von zentralen zu dezentralen Erzeugungsanlagen braucht nicht nur ein „Smart Meter“ oder „Smart Grid“, sondern auch smarte Bürger, die je nach ihren Möglichkeiten ihren Beitrag zur Energiewende leisten. Die Bandbreite reicht von der eigenen Solaranlage auf dem eigenen Dach bis hin zum Energieeinsparpotenzial im Alltag. Doch wie kommunizieren wir, die sich in der berühmten Berliner Bubble seit Jahren mit dem vielschichtigen Thema Energiewende auseinandersetzen, das den Leuten da draußen?
Mit dem Eisbären auf der Scholle, um zu verdeutlichen, welche Auswirkungen unser Tun und Handeln auf der anderen Seite der Welt haben?
Mit Zahlen und Fakten wie so und so viel Gigawatt an Sonne und Wind ersetzen künftig ein Atomkraftwerk?
Mit einem Werbespot, in dem die Tochter die Eltern in flagranti erwischt, das Licht daraufhin ausmacht und die Botschaft lautet „Zusammen ist es Klimaschutz“?
Wer soll erreicht werden?
Alles gut und schön, doch am Ende wird nur wieder die Berliner Bubble bespielt, die es versteht, es gut oder halt schlecht findet. Und dann gibt es noch die Aktiven – für die Energiewende, die so genannten Energiebürger – und gegen die Energiewende, die sich gegen bestimmte Projekte auflehnen. Das hat dann etwas von Gute Energiewende vs. Schlechte Energiewende. Und beide Seiten bedienen sich einer emotionalen Kommunikation: Sie erzählen Geschichten und stellen den Menschen in den Vordergrund.
Von rund 80 Millionen Menschen in Deutschland kann sicherlich angenommen werden, dass der Anteil der Befürworter und Gegner der Energiewende zusammen genommen nicht einmal Ein Drittel der Gesamtbevölkerung ausmachen. Die Herausforderung liegt weiter darin, an die graue Masse zu kommunizieren, um nötiges Handeln anzustoßen. Eisbären finden die meisten mit aller Sicherheit süß, doch deshalb wird kaum jemand zum Ökostromanbieter wechseln oder die alte Ölheizung gegen eine Wärmepumpe austauschen.
Nicht die Energiewende als Ganzes kommunizieren, sondern ihre unterschiedlichen Facetten
Die Energiewende muss massentauglich und nahbar werden. Doch so vielfältig, wie die Energiewende mittlerweile ist, gibt es auch unterschiedliche Typen, die sich nicht alle unisono für E-Mobilität, Energiespeicher oder Pelletheizung interessieren. Also, warum die Energiewende im Ganzen kommunizieren, wenn ihre Vielfältigkeit Möglichkeiten für viele kleine Themen für unterschiedliche Zielgruppen bietet.
Und hier kommt der Personae-Ansatz ins Spiel. Für unterschiedliche Zielgruppen werden Profile erstellt. Das kann zum einen Levent, 35, Großstadtbewohner sein, der per se nichts mit der Energiewende zu tun, aber durchaus an Smart Home interessiert ist. Oder Mona, 54, aus einer Kleinstadt, die ihre alte Ölheizung gegen eine effizientere austauschen möchte. Oder Lisa, 21 und Studentin, die einen nachhaltigeren Lebensstil gut findet und dazu gehört eben auch der Grüne Strom.
Influencer als glaubwürdige Informationsquelle
So unterschiedlichen die drei Profile sind, haben sie doch eine Sache gemein, ihre Entscheidung werden sie nicht blind aufgrund einer Plakatkampagne oder Anzeige treffen. Sie suchen sich vertrauensvolle Informationsquellen – das kann der Nachbarn von nebenan sein oder der bereits bekannte Blogger im Internet, sprich ein Influencer.
Um die Energiewende in ihren vielen kleinen Facetten an den Mann oder die Frau zu bringen, muss sie emotionalisiert werden. Das kann über eine Geschichte passieren oder über Personen, die vertrauenswürdig sind. Und genau hier sollte die Kommunikation ansetzen – auch ohne das Große Wort mit „E“ mit dem Eisbären auf der Scholle zu kommunizieren.
Beispiel Personae-Ansatz mit Instagram Influencerin
Ein gutes Beispiel für an den Persona-Ansatz ausgerichtete Kommunikation ist die Influencerin für Nachhaltigkeit Louisa Dellert in Kooperation mit dem Ökostrom-Anbieter Lichtblick:
Ob die Kommunikation über Influencer die graue Masse für die unterschiedlichen Themen in Bezug auf Klimaschutz oder Energiewende sensibilisiert und im besten Falle zum Handeln zu bewegt, kann nicht pauschal mit nein oder ja beantwortet werden. Es bietet aber eine Möglichkeit, bestimmte Zielgruppen zu erreichen. Und wie heißt es so schön, aller Anfang muss gemacht werden.
Interessante Gedanken dazu finden sich auch im Sustainment Blog von Kilian Rüfer mit 10 Einsichten zur Kommunikation für Nachhaltigkeit