Nie wieder Plus? – Was die Zukunft des Energielabels bringt
Gastbeitrag von Johanna Kardel, Energiereferentin bei der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv)
Die EU-Kommission wird am 15. Juli mit dem sogenannten „summer package“ neben Plänen zu Strommarkt, Emissionshandel, Erneuerbaren Energien und Endverbrauchermärkten auch ein Konzept zur Reform des Energielabels vorstellen. Erste Entwürfe sind bereits an die Öffentlichkeit gelangt und machen Hoffnung für Verbraucher (Quelle: @stollmeyereu).
Inhalt
Energielabel ist heute keine gute Verbraucherinformation
Als das Energielabel im Jahr 1992 eingeführt wurde, war nicht absehbar, dass es mehr als 20 Jahre später ein Instrument für mehr als 12 Produktbereiche stellen würde. Die Kennzeichnung wirkte und wurde von ihrem eigenen Erfolg überholt. Die Produkte wurden immer effizienter, die Kennzeichnung aber nicht umfassend reformiert.
12 Prozent der Verbraucher verstehen das Energielabel falsch
Bei einer Umfrage im Februar 2015 wussten nur 12 Prozent der befragten Verbraucher, dass es sich bei einer A+ Waschmaschine um die schlechteste Geräteklasse handelt. 77 Prozent dachten, sie hätten ein sehr effizientes Produkt vor sich. Kein Wunder – zeigt doch das Label immer sieben Klassen, obwohl die unteren bei den meisten Produkten nicht mehr besetzt sind.
Aktuell gibt es für alle Produkte gute Noten
Die Kombination aus A und eins bis drei Plus-Zeichen stellt auf den ersten Blick den meisten Produkten ein gutes Zeugnis aus. Erschwerend hinzukommt, dass auch viele andere Elemente des Labels von Verbrauchern nicht verstanden werden. Nur wenige können mit Hilfe des Labels Rückschlüsse auf die anfallenden Kosten anstellen. Für ein Verbraucherinformationsinstrument ist das ein verheerendes Urteil.
Um diese Probleme zu beheben, sehen die Vorschläge der Kommission eine umfassende Reform des Energielabels vor.
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Ein neues Energielabel für alle Produkte spätestens 2022
Die Kommission bereitet mit ihrem Vorschlag das neue Labeldesign vor. Anders als bisher geschieht das diesmal nicht über eine Richtlinie, sondern über eine Verordnung. Das hat den Vorteil, dass eine Umsetzungspflicht durch die Mitgliedstaaten entfällt und die Verordnung mit dem Tag des Inkraftretens am 1. Januar 2017 sofortige Gültigkeit hat.
Die produktspezifischen Regelungen entfallen damit nicht. Spätestens 5 Jahre nach Inkrafttreten der Verordnung sollen alle Produktgruppen überarbeitet worden sein.
Plus aus vorbei
Das neue Energielabel wird wieder zur Skala A bis G zurück gestuft werden. Die siebenstufige Farbskala bleibt bestehen. Eine Reskalierung ist dabei unvermeidlich. Um dennoch eine lange Phase der Stabilität zu erreichen, sollte eigentlich C für den Beginn jeweils die beste Klasse stellen. Diese Forderung ist jedoch noch in der Diskussion, da insbesondere die Hersteller Einbußen bezüglich der Werbewirkung befürchten. Fest steht, dass in Zukunft eine Reskalierung spätestens aller 10 Jahre stattfinden soll. Ziel sind aussagekräftige Stufen, die Verbrauchern erhebliche Kosten- und Energiesparpotenziale ermöglichen.
Härtere Vorgaben für große Geräte
Die Richtlinie beinhaltet die Möglichkeit für die produktspezifischen Verordnungen höhere Standards für große Produkte anzusetzen, um zu verhindern, dass diese auch in Zukunft leichter gute Effizienzklassen erreichen. In Anbetracht zuletzt ausgebliebener absoluter Einsparungen sollte von dieser Klausel vor allem bei Waschmaschinen, TV-Geräten und Geschirrspülern Gebrauch gemacht werden.
Umlabeln im Handel
Der Entwurf der Verordnung sieht vor, dass 6 Monate vor dem Inkrafttreten neuer Verordnungen dem Handel das alte und das neue Label zur Verfügung gestellt werden. Ziel ist es, spätestens drei Tage nach dem Inkrafttreten der neuen Verordnung die neuen Label gegen die alten zu tauschen. Sollten die Label nicht zur Verfügung stehen, können sie aus der Datenbank ausgedruckt werden. Hier fehlt noch eine Konkretisierung, ob die Label auch im Vorfeld angebracht werden dürfen und ob Hersteller auch für Produkte, die bereits vor dem Stichtag in den Markt gekommen sind, neue Label erstellen müssen. Hilfreich für Händler, Marktüberwachungsbehörden und Verbraucher wäre eine generelle Umlabelpflicht für alle am Markt verfügbaren Produkte.
Mehr Informationen durch Technik
Die Verordnung sieht den Einsatz zusätzlicher Online-Instrumente (QR-Codes, Links o.ä.) vor, um zusätzliche und bedarfsgerechte Informationen bereitzustellen. So wurde überlegt, damit auch das Produktdatenblatt verbrauchergerechter darzustellen.
Datenbank für marktnahe Gesetze
Die Verordnung skizziert die Einrichtung einer Datenbank. Die Datenbank soll dazu dienen, mehr Informationen zum Marktzustand zu bekommen und damit bessere Verordnungen, die näher am tatsächlichen Marktgeschehen sind, zu entwerfen. Hersteller müssten sich dabei mit allen Produkten verpflichtend registrieren. Händler sollen darüber nicht vorhandene Label zum Ausdrucken oder Onlinestellen beziehen. Marktüberwachungsbehörden bekommen den Zutritt zu den hinterlegten Informationen, um damit ihre Arbeit zu erleichtern.
Was bringt das neue Energielabel dem Verbraucher?
Viele der Neuerungen sind aus Verbrauchersicht zu begrüßen und werden nach ihrem Inkrafttreten dazu beitragen, das Verbraucherverständnis bei energieeffizienten Produkten zu verbessern. Insbesondere das klare Zugeständnis an eine A-G-Skala und die Möglichkeiten der Datenbank sind dabei hervorzuheben.
Die produktspezifischen Regelungen…
Wichtig ist, dass die Kommission bei der Überarbeitung der einzelnen produktspezifischen Verordnungen auf die Tube drückt, da nur so die Neuerungen auch zum Tragen kommen. Erst dort wird festgelegt, welche Berechnungsgrundlagen gelten und wie sich die Effizienzklassen verteilen.
… und die Gestaltung des Übergangs
Auch hängt die Beurteilung des Verbraucherverständnisses daran, wie der Übergang organisiert wird. Unterschiedliche Labeltypen im Handel sorgen immer für Verwirrungen. Daher ist es wichtig, ein neues und intuitiv als neu erkennbares Design zu erarbeiten. Die Vorgabe, 6 Monate lang das alte und das neue Label zu verteilen, ist ein erster Schritt. Noch hilfreicher wäre ein generelles Umlabeln im Handel. Das würde den Aufklärungsbedarf während der Umstellung einschränken.
… sind für die Bewertung der Revision entscheidend.
Es bleibt zweifelsohne eine kommunikative Herausforderung, Verbrauchern zu erklären warum ein C-Gerät besser als ein A++-Gerät ist. Um zu verhindern, dass dabei eine Verunsicherung entsteht, die genutzt werden kann, schlechte Geräte für einen Spottkreis zu verkaufen – müssen Kommission und Mitgliedsstaaten gleichermaßen mit Informationskampagnen vorsorgen. Je verbraucherfreundlicher jedoch die Übergangsbedingungen ausfallen, umso geringer wird der Informationsbedarf. Der Erfolg der Revision der Richtlinie wird sich an der der Übergangsphase nach der Einführung des neuen Labels und den produktspezifischen Regelungen messen lassen.
Im Prinzip müsste ein Energielabel je nach Gerätekategorie entsprechend skaliert sein. Zudem müsste die Skalierung alle paar Jahr an die antuellen Gegebenheiten angepasst werden. Das Problem wird nur sein, dass es für den Otto-Normal-Verbraucher wahrscheinlich nicht mehr verständlich wäre.