Sinnvolle Nutzung von Abwärme mit Wärmerohren
Von den 700 TWh/a der Endenergie, die von der deutschen Industrie benötigt wird, werden 400 TWh/a für die Prozesswärme benötigt. Ein nicht wesentlicher Teil davon, 30 bis 40 Prozent, geht jedoch als Abwärme verloren. Immerhin 30 TWh/a davon könnten wirtschaftlich eingespart werden – entspricht der Leistung von drei Kernkraftwerken – so berichtet das Unternehmen Dürr in einer Pressemitteilung. Dieses Potential zu erschließen ist eine große Aufgabe für die Industrie in den kommenden Jahren.
Daran arbeiten heute auch schon verschiedene Unternehmen und entwickeln unterschiedlichste Lösungen. Die Wissenschaftler im ECEMP-Teilprojekt CerHeatPipe, um Prof. Michael Beckmann, vom Institut für Energietechnik der TU Dresden, haben sogenannte Hochtemperatur-Wärmeübertrager entwickelt, mit denen es möglich ist, die Abwärme umzuleiten und für den Prozess nutzbar zu machen.
Damit könnten große Energiemengen eingespart, CO2-Emissionen reduziert und somit die Effizienz von Industrie- und Kraftwerksprozessen deutlich gesteigert werden. Die Wissenschaftler stellen ihr Projekt vom 08. bis zum 12. April 2013 auf der Hannover Messe, Halle 2, Stand A32 vor.
Mit Wärmerohren, auch Heatpipes genannt, lässt sich sehr effektiv Wärme von einem Ort zum anderen transportieren. Heatpipes sind geschlossene, mit einer kleinen Menge Flüssigkeit gefüllte Rohre. Sie nutzen den Effekt, dass Moleküle in einer Flüssigkeit Arbeit verrichten müssen, wenn sie sich aus dem Flüssigkeitsverband lösen und in den gasförmigen Zustand übergehen. Die dafür nötige Energie erhalten sie aus der Umgebung, indem sie dieser Wärme entziehen, sie also abkühlen. Umgekehrt wird diese Energie beim Kondensieren wieder frei. Die Umgebung erwärmt sich.
Ein Ende des Wärmerohres befindet sich in einer Region mit höherer, das andere in einer mit niedrigerer Temperatur. Wenn am wärmeren Ende im Inneren des Wärmerohres Flüssigkeit verdampft, sorgt die Verdampfung in diesem Bereich für Abkühlung. Der Dampf strömt in Richtung der kälteren Region, wo er kondensiert und seine aufgenommene Wärme wieder an seine Umgebung abgibt. Das Kondensat fließt zurück und kann abermals verdampfen.Kombiniert man Hunderte bis Tausende solcher Wärmerohre zu einem sogenannten Wärmerohr-Wärmeübertrager, lässt sich die transportierte Wärmemenge noch einmal um ein Vielfaches steigern und für Industrieprozesse nutzbar machen.
Wärmeübertrager im Abwärmestrom auf besonders hohem Temperaturniveau
Zwar gibt es verschiedeneAnwendungen für metallische Wärmerohre, doch die Wissenschaftler im ECEMP-Teilprojekt CerHeatPipe haben vor allem denEinsatz von Wärmeübertragern im Abwärmestrom von Kraftwerks- und Industrieprozessen auf besonders hohem Temperaturniveau im Blick. Kommen dann noch – wie es vor allem bei der Verwendung alternativer Brennstoffe wie Biomasse oder Reststoffe der Fall ist –aggressive Abgasatmosphären hinzu, stoßen metallische Wärmerohre schnell an ihre Grenzen. Auf Basis eines Materialscreenings fertigen die Forscher daher ihre Hochtemperaturwärmerohre aus einer Hochleistungskeramik und haben ein für den anvisierten Anwendungsbereich spezielles Lot entwickelt. So sind die Heatpipes für den Einsatz bei Temperaturen von über 1000 Grad Celsius und aggressiven Umgebungen geeignet.Ein von ihnen aufgebauter Wärmerohrversuchsstand mit zwei schwenkbaren Öfen dient den Wissenschaftlern zur Überprüfung und Anpassung ihrer Berechnungsmodelle.
Für eine erste Erprobung der keramischen Wärmerohrwärmeübertrager in industriellen Anwendungen sind Biomasseverbrennungs- und -vergasungsprozesse vorgesehen. Weitere großtechnische Anwendungsmöglichkeiten sehen die Forscher in der Abwärmenutzung aus Gichtgas- und Kohleverbrennung sowie beim Iod-Schwefelprozess zur Gewinnung von Wasserstoff als Energiespeicher. Das Interesse an der Anwendung der Wärmerohrtechnologie seitens der Industrie ist groß. Dies machen auch einige enge Kontakte insbesondere mit verschiedenen sächsischen KmUs deutlich.
ECEMP – Vom Atom zum komplexen Bauteil
Die Wissenschaftler im Spitzentechnologiecluster„ECEMP –European Centre for Emerging Materials and Processes Dresden“ entwickeln ressourcenschonende Werkstoffe, Technologien und Prozesse für die drei Zukunftsfelder Energietechnik, Umwelttechnik und Leichtbau. Dabei bündeln sie die Kompetenzen in allen Materialklassen (Metalle, Kunststoffe, Naturstoffe und Keramik) und der gesamten Wertschöpfungskette (Materialdesign (CMS), Entwicklung, Herstellung, Verarbeitung und Anwendung von Bauteilen). Das ECEMP umfasst 14 Teilprojekte, an denen 40 Professuren aus 23 Instituten der TU Dresden, der TU Freiberg, der HTW Dresden und der Wissenschaftsorganisationen HG, FhG, MPG und LG beteiligt sind. Das ECEMP wird finanziert aus Mitteln der Europäischen Union und des Freistaates Sachsen (EFRE –Europäischer Fonds für regionale Entwicklung).