Potentiale der Solarthermie in der Nah- und Fernwärmeversorgung
Vor einigen Tagen, bzw. Anfang des Monats, hatte ich mich hier geäußert zur Solarthermie in der Nah- und Fernwärmversorgung. Es ging um den Hinweis auf einen Gastartikel im Magazin Bizz Energy, in dem Cornelia Daniel mehr Nutzung von Solarwärme in der Fernwärme gefordert hat, kein Projekt sollte mehr ohne solarthermische Unterstützung geplant werden. Ich hatte noch darauf hingewiesen, dass wir in Deutschland eine verhältnismäßig geringe Verbreitung von Fernwärmenetzen haben und, dass die Nutzung erneuerbarer Wärme generell nicht voranschreitet.
Auf diesen Beitrag hin hatte sich per Kommentar ein Fachmann von Ritter XL Solar GmbH gemeldet und ein paar Fakten hinzugefügt. Ich habe die Gelegenheit genutzt und Martin Willge von der Ritter XL Solar GmbH noch ein paar Fragen zu diesem Thema gestellt, die er mir gerne beantwortet hat:
Wo liegen die Chancen und Potentiale von solarer Nah- und Fernwärme?
Solare Fernwärme wird in Deutschland auf absehbare Zeit nur dort zum Einsatz kommen können, wo sie den KWK-Anlagen keine Laufzeiten wegnimmt. Die staatlichen Rahmenbedingungen schaffen hier eindeutige betriebswirtschaftliche Fakten für die Betreiber.
Allerdings wird 17 Prozent der jährlich eingespeisten Fernwärme, das sind rund 12,5 Millionen Megawattstunden, von 1780 Wärmeerzeugern ohne KWK, also Heizkesseln mit verschiedenen Brennstoffen, erzeugt. Hier liegen große Chancen für die Solarthermie, denn realistisch betrachtet müßte es mittelfristig möglich sein, 5 bis 10 Prozent davon mit großen Solaranlagen abzudecken. In dieser Größenordnung ist ein wirtschaftlicher Betrieb am ehesten zu erreichen, weil dafür noch nicht der Bau großer Speicher erforderlich ist. Ein solarer Deckungsgrad von 5 bis 10 Prozent steht für ein Potential von 1,25 bis 2,5 Millionen Quadratmetern Hochleistungskollektoren. Sicher keine unbedeutende Größe.
Was sind die Hindernisse für einen Einsatz von Solarthermie bei der Wärmelieferung, und warum wurde der Ausbau der solaren Fernwärme in der Vergangenheit nicht mehr forciert?
Zum einen ist da sicherlich die KWK-Problematik, wie oben beschrieben. Aber es wäre zu leicht, alles darauf zu schieben. Die deutsche Solarthermiebranche darf sich hier ruhig auch an die eigene Nase fassen. Denn es ist nicht zu leugnen, dass einige ambitionierte, und hoch subventionierte Projekte solarer Nah- und Fernwärme in der Vergangenheit eher bescheidene Resultate erbracht haben. Dass moderne Kollektortechnik und die gemachten Erfahrungen bezüglich der Systemeinbindung heute wesentlich bessere Voraussetzungen für die solare Fernwärme geschaffen haben, ist sicher richtig. Leider hat sich das aber offensichtlich noch nicht bei den Betreibern herumgesprochen, hier besteht einfach auch großer Informationsbedarf.
Wie sieht es mit einem Wärmemengengesetz aus? Gibt es Tendenzen, dass auch ein Einspeisegesetz für Solarthermie kommt?
Auf absehbare Zeit sieht es nicht danach aus, obwohl dies ein Ansatz ist, der schon seit längerem auch vom Solarverband BSW favorisiert wird, und der viel mehr bewegen könnte als die Solarförderung herkömmlicher Art.
Mehr Hoffnung als Gesetzesinitiativen machen zur Zeit in dieser Hinsicht neue Initiativen einzelner Marktteilnehmer. So haben beispielsweise in Hamburg sowohl die E.ON Hanse Wärme als auch die Hamburg Energie innovative Modelle vorgestellt, die die vergütete Einspeisung von Solarwärme in ihre Netze ermöglichen sollen. Es ist zu wünschen, dass diese Beispiele Schule machen.
Kann Deutschland auch Vorreiterland im Bereich solarthermischer Großanlagen zu werden?
Da uns Dänemark und Österreich auf diesem Gebiet viele Jahre voraus haben, wird aus einer Vorreiterrolle wohl nichts mehr werden. Es geht eher darum, endlich auch einen Einstieg in dieses Thema zu finden. Vielleicht kann Deutschland ja eine Vorreiterrolle dabei spielen, modernen Technologien wie Vakuumröhrenkollektoren den Weg zu ebnen. Denn riesige Flachkollektorfelder mit mittleren Systemtemperaturen, wie in Österreich und vor allem in Dänemark favorisiert, sind sicher nicht das letzte Wort der technologischen Evolution. Die Projekte Energiebunker Hamburg-Wilhelmsburg und Bioenergiedorf Büsingen, die 2013 in Betrieb gehen, weisen in diese Richtung.
Über Ritter XL Solar
Die Ritter XL Solar GmbH gehört zur Ritter Gruppe und ist Spezialist für die Entwicklung, Planung und Realisierung großer thermischer Solaranlagen. Das Unternehmen mit Sitz in Karlsbad bei Karlsruhe ist technologischer Marktführer in seinem Geschäftsfeld. Bisher wurden Großanlagen mit einer Gesamtfläche von ca. 20.000 Quadratmetern geplant und umgesetzt. Die Ritter Gruppe ist in Deutschland und Europa Marktführer bei Anlagen mit Vakuumröhrenkollektoren und mit dem AquaSystem, das Wasser als Wärmeträger einsetzt, auch technologisch führend.
Die Ritter-Gruppe unterstützt den Blog ecoquent Positions, der das Ziel hat unabhängiges Wissen zu vermitteln aus dem Bereich solares und energiesparendes Bauen.
Sollten sie aber, bei steigenden Rohstoffkosten wird auch ihr Gewinn kleiner…
Ein zentrales Problem der dezentralen Einspeisung in ein bestehendes Fernwärmenetz, ob aus Solarthermie oder KWK, ist trotz einer rechtlichen Regelung immer noch die Blockadehaltung der Fernwärmenetzbetreiber. Diese machen es in der Praxis noch immer schwer, die Netze zu nutzen.
Sind die Netzbetreiber nicht auch die Wärmelieferanten? Die werden kein Interesse an anderen Energieträgern haben.
Sehr spannend! Man muss sich einfach auf die Stärken konzentrieren, also auf jene, denen es wirklich einen Mehrwert bringt. Bin gespannt, wie es weiter geht!