Energieeffizienz kann Strom von 10 AKWs einsparen
Schön, dass sich endlich mal jemand dem Thema Energieeffizienz annimmt und zeigt, dass wir immer noch zu verschwenderisch mit Energie umgehen. Energieeffizienz ist nicht nur wirtschaftlich, sondern spart viel Geld, Strom und Heizenergie ein und schafft auch Arbeitsplätze.
Die Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF) hat eine Expertise vorgestellt, wie mit Effizienzmaßnahmen ein schneller Atomausstieg bis zum Jahr 2020 wirtschaftlich gewinnbringend machbar ist. Das mit wissenschaftlicher Beratung des Wuppertal Instituts ausgearbeitete 10-Punkte-Programm schlägt unter anderem die schnelle Einführung des von der Bundesregierung angekündigten Energieeffizienzfonds vor sowie eine bessere Unterstützung von Hausbesitzern bei Sanierungsvorhaben. Allein im Stromsektor könnten jährlich 68,3 Mrd. Kilowattstunden (kWh) Strom bis 2020 eingespart werden. Das entspricht der Jahresproduktion von etwa zehn Atomkraftwerken. Durch Effizienzmaßnahmen im Wärmebereich können zudem jährlich 155 Mrd. kWh Wärmeenergie eingespart werden. Dies ermöglicht, alle weiteren Atomkraftwerke klimaneutral zu ersetzen, selbst wenn in den nächsten Jahren der Bedarf an Strom aus fossilen Kraftwerken steigt.
Carsten Müller, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V. (DENEFF): „Energieeffizienz ist der Schlüssel für einen schnellen Atomausstieg ohne zusätzliche CO2-Emissionen und Energieimporte. Sie ist außerdem die sauberste, billigste und sicherste Energiequelle. In der deutschen Energiepolitik muss die gesparte Kilowattstunde vor jedem teuren Meter Netzausbau absolute Priorität haben.“
Laut 10-Punkte-Programm können durch die vorgeschlagenen Effizienzmaßnahmen gesamtwirtschaftlich pro Programmjahr 19,3 Milliarden Euro Energiekosten eingespart werden. Dem gegenüber stehen zusätzliche Investitionen in Höhe von 11,8 Milliarden Euro, wovon 6,9 Milliarden Euro im Rahmen des Programms an öffentlichen Mitteln benötigt werden. Zudem können zwischen 260.000 und 500.000 zusätzliche Arbeitsplätze geschaffen werden.
DENEFF-Geschäftsführer Martin Bornholdt: „Die Effizienzbranche hat ein enormes wirtschaftliches Potenzial und kann zum wahren Job-Motor werden. Dafür müssen jetzt zuverlässige und ambitionierte Rahmenbedingungen geschaffen werden.“
Die Maßnahmen im Einzelnen:
- 1. Den angekündigten Energieeffizienzfonds umsetzen und auf 562 Mio. EUR aufstocken:
Der Energieeffizienzfonds muss Anreizprogramme finanzieren, die eine Verbreitung energieeffizienter Technologien beschleunigen (z. B. Pumpen, Motoren und sensorgesteuerte Bürobeleuchtungssysteme). Dafür werden bis 2020 öffentliche Mittel in Höhe von jährlich etwa 562 Mio. EUR benötigt. Dem gegenüber stehen gesamtwirtschaftliche Energiekosteneinsparungen von jährlich 3 Mrd. EUR. Effekt: 36,5 TWh Stromeinsparung/Programmjahr, -3,7 TWh Wärmeeinsparung/Programmjahr, 39.500 zusätzliche Jobs2. Energiemanagement in der Wirtschaft stärken: Das produzierende Gewerbe soll künftig nur dann bei der Ökosteuer entlastet werden, wenn es Energiemanagement betreibt. Notwendig dafür: vergleichbare Standards durch ein einheitliches Kennzahlensystem für Energieeinsparungen und ein regelmäßiges Monitoring – gekoppelt an eine ambitionierte Selbstverpflichtung der Industrie zu konkreten branchenbezogenen Einsparungen. Effekt: 13,5 TWh Stromeinsparung/Programmjahr, 20,5 TWh Wärmeeinsparung/Programmjahr, 43.700 zusätzliche Jobs
3. Energielieferanten mit „Weißen Zertifikaten“ zum Stromsparen verpflichten: Die Bundesregierung muss das im Energiekonzept angekündigte Pilotvorhaben zur Einführung von Einsparverpflichtungen für die großen Energielieferanten schnell umsetzen und in die Breite tragen. Für nachgewiesene Energieeinsparungen erhalten die Unternehmen Zertifikate. Effekt: 11,3 TWh Stromeinsparung/ Programmjahr, 6,5 TWh Wärmeeinsparung/Programmjahr, 23.500 zusätzliche Jobs
4. Beratungsoffensive „Green ICT“ für Industrie, Handel, Dienstleistung: Optimierte Kühlungssysteme und intelligente Hard- und Softwarelösungen können dazu beitragen, Leerlauf- und Betriebsverluste signifikant zu senken und müssen schnell verbreitet werden. Effekt: 1,1 TWh Stromeinsparung/ Programmjahr, 1.500 zusätzliche Jobs
5. Wohnhäuser sanieren und neue Häuser noch energiesparender bauen: Der Einstieg in den Sanierungsfahrplan vor 2020 muss vor allem beim individuellen Hausbesitzer ansetzen. Hierzu ist eine Ausweitung der erfolgreichen Vor-Ort-Beratung durch unabhängige Akteure und eine Qualifizierungs-offensive für Handwerk und Energieberater notwendig. Auch die energetischen Anforderungen für den Neubau müssen wie geplant 2012 um 30 Prozent verschärft werden.
6. Finanzielle Anreize setzen: Für die nächsten Jahre müssen staatliche Anreize verstetigt werden, um für Anbieter und Käufer von Effizienzlösungen Investitionssicherheit zu gewährleisten. Insgesamt müssten 5 Mrd. EUR pro Jahr zur Verfügung gestellt werden: durch KfW-Programme und weitere, zielgruppengerechte Anreize wie Steuervergünstigungen (bspw. Effizienz-Sonderabschreibung).
7. Abwärme der Industrie senken und intelligent nutzen: Bei industriellen Prozessen entstehende Abwärme muss durch Prozessinnovationen oder technische Isolierung signifikant gesenkt werden. Die verbleibende Abwärme sollte intelligent genutzt werden, z. B. für die Einspeisung in Nahwärmenetze.
8. Energiedienstleistungen stärken, Ökosteuerausnahme für Effizienz-Contracting wieder einführen: Mit der Aussetzung von Ökosteuerausnahmen für Contracting-Lösungen wurde ein funktionierendes Geschäftsmodell für Energieeffizienz deutlich zurückgeworfen. Da hiermit insbesondere die Umsetzung geringinvestiver Maßnahmen beschleunigt wird, sollte dieser Anreiz, gekoppelt an Einsparverpflichtungen, umgehend wieder eingeführt werden. Um die Risikobarriere für den Contractingmarkt zu senken schlagen wir ergänzend die Bereitstellung von Ausfallbürgschaften vor. Effekt (Ausfallbürgschaften): 1,6 TWh Stromeinsparung/Programmjahr, 3,8 TWh Wärmeeinsparung/ Programmjahr, 4.300 zusätzliche Jobs
9. Der Staat muss beim Energiesparen Vorbild sein: Die öffentliche Hand muss den Bürgern ein Vorbild in Sachen Energieeffizienz sein, um Akzeptanz für dieses Thema zu schaffen. Außerdem trägt die Nachfrage der öffentlichen Hand zu einer schnellen, kostengünstigen Verbreitung innovativer Effizienztechnologien bei. Finanziell angeschlagene Kommunen werden durch kostenoptimale Effizienzmaßnahmen von stetig steigendenden Energiekosten entlastet. Effekt: 1,7 TWh Stromeinsparung/Programmjahr, 6,5 TWh Wärme-einsparung/Programmjahr, 6.900 zusätzliche Jobs
10. Forschung für Energieeffizienz stärken, nationales Forschungszentrum schaffen: Energieeffizienz braucht einen angemessenen Rahmen in der Wissenschaft, um die weitere Entwicklung von Effizienztechnologien voranzutreiben. Aber auch auf sozialwissenschaftliche und juristische Fragen zur Erschließung vorhandener Potenziale müssen hier Antworten gefunden werden.
Ideen gibt es sicher noch mehr. Warum haben wir immer noch kein Toprunner-Programm für Haushaltsgeräte oder andere Elektrogeräte? Das würde Innovationen ganz schön beschleunigen. Bei Autos war die Abwrackprämie erfolgreich, warum nicht auch bei Kühlschränken, etc.?
Das Thema ist aktueller denn je, lass uns noch mehr Ideen sammeln für einen eigenen Beitrag.
Ja, das ist ein heikles Thema. Grundsätzlich fände ich es gut, wenn es einen progressiven Strompreis gäbe. Dabei wäre ein gewisser Grundverbrauch günstig und danch steigt der Stromverbrauch an.
Denke das würde manche Menschen schon zum Nachdenken anregen. Neulich habe ich einen Haushalt mit einer Person in Sachen Stromsparen beraten, dort wurden rund 7.900 kWh von dieser einen Person alleine verbraucht.
Ebenso finde ich, dass sehr viel Geld in Studien zu technischen Einsparpotentialen ausgegeben wird, allerdings nur sehr wenig Geld für die Frage wie man Menschen zum Energiesparen motivieren kann. Hier wäre ein großes Potential.
Du hast recht, Vorschriften werden nichts bringen und sind nur mit sehr hohem bürokratischen Aufwand durchsetzbar. Dennoch finde ich es schade, dass so wenig auf diesem Gebiet unternommen wird.
Wie soll das Verbraucherverhalten angefasst werden? Mit Vorschriften? Damit kommen wir nicht weiter. Es bleibt nur weiter aufzuklären und zu informieren.
Nachtrag: Mit dem größten Einzeleffekt meinte ich natürlich den größten Einzeleffekt beim Stromsparen in Privathaushalten.
Ich frage mich immer wieder, warum in diesen Studien keiner die „heilige Kuh“, das Verbraucherverhalten anfasst.
Das ist anscheinend allen zu heiß.
Aus meinen Stromspar-Beratungen in Privathaushalten kann ich nur sagen, dass dies die günstigste Maßnahme wäre und auch die Maßnahme mit dem größten Einzeleffekt.
Aus den Beratungen heraus geschätzt würde ich sagen, dass 90% der Privathaushalte jeweils 20% Ihres Stromverbrauches vermeiden könnten, wenn Sie einfach nur etwas bewusster mit dem Strom umgehen würden.