kostenlose Energieberatungen machen Sozial-Stromtarife überflüssig
Vergangenen Donnerstag verkündete Umweltminister Sigmar Gabriel den bundesweiten Start einer „sozialen Energieeffizienzinitiative“. Ziel ist, einkommensschwache Haushalte dauerhaft von steigenden Energiekosten zu entlasten. Als Feldversuch für diese Initiative führten die Energieagentur Regio Freiburg und das Büro Ö-quadrat in 80 Hartz-IV-Haushalten in Freiburg eine kostenlose Stromsparberatung durch.
Jeweils zwei Energieberater der Energieagentur Regio Freiburg haben im Juli und August dieses Jahres 80 Haushalte besucht. Parallel führte die Berliner Energieagentur eine Beratung in 28 Berliner Hartz-IV-Haushalten durch. Im ersten Schritt befragten die Energieberater die Bewohner zu ihrem Nutzerverhalten und zum Umgang mit Strom und Heizung und gaben entsprechende Hinweise zum Energiesparen.
Im zweiten Schritt wurden bei der Energiesparberatung alle elektrischen Geräte gemessen, um die größten Stromfresser auszumachen. In Wohnungen, in denen bereits Stromspartipps umgesetzt werden, entfällt häufig auf Kühlgeräte der größte Anteil des Stromverbauchs. In vielen Fällen sind die Geräte in die Jahre gekommen; verständlich, wenn das Geld für eine Neuanschaffung fehlt. Kühlschränke mit Drei-Sterne-Gefrierfach, die älter als zehn Jahre sind, verbrauchen durchschnittlich rund 500 kWh pro Jahr. Messungen in den Hartz-IV-Haushalten ergaben sogar Verbrauchswerte von bis zu 600 kWh pro Jahr. Ein neuer, im Verbrauch sparsamer Kühlschrank kommt mit weniger als 150 kWh pro Jahr aus. In solchen Fällen errechneten die Berater, ob die Anschaffung eines neuen Kühlgeräts unter finanziellen Aspekten sinnvoll ist. Wenn ja, dann erhielten die Bewohner einen Gutschein über 200 Euro für die Anschaffung eines neuen Kühlschranks der Energieeffizienzklasse A++. Gespart werden können durch diese Maßnahmen bis zu 80 Euro im Jahr.
Im dritten Schritt wurden Sofortmaßnahmen im Haushalt durchgeführt. Die Berater brachten abschaltbare Steckerleisten an, um Stand-By-Verluste zu minimieren. Außerdem wurden in den 80 besuchten Haushalten über 250 Glühbirnen durch Energiesparlampen ersetzt. Auch diese stromsparenden Soforthilfen waren für die teilnehmenden Haushalte kostenlos. Bis zur 100 Euro Kostenersparnis im Jahr bringen solche Maßnahmen pro Haushalt.
Am Anfang zeigten sich die Hartz-IV-Empfänger skeptisch. Während der Beratung wuchs die Offenheit und Spartipps und Direktmaßnahmen wurden interessiert angenommen. „Die Stromkosten müssen die Hartz-IV-Haushalte aus ihren Regelsätzen bezahlen, die sie für ihren Lebensunterhalt erhalten. Deshalb haben sie auch ein starkes Eigeninteresse an einem sparsamen Umgang mit Strom“, erklärt Dieter Seifried, Büro Ö-quadrat.
Hintergrund des Projektes war die anhaltende Diskussion um eine mögliche Einführung von Strom-Sozialtarifen: Da Heiz- und Stromkosten steigen, sollten finanzschwache Haushalte Strom billiger oder eine bestimmte Strommenge gratis beziehen können. Mit einer Stromsparberatung und entsprechenden Sofortmaßnahmen lässt sich dagegen der Energieverbrauch um bis zu 50% pro Haushalt senken. „Angesichts des Klimawandels ist es sinnvoller, Strom einzusparen und den Kauf hocheffizienter Haushaltsgeräte zu bezuschussen. Dieses Projekt zahlt sich gleichermaßen für Klima und Geldbeutel aus“ betont Rainer Schüle, Geschäftsführer der Energieagentur Regio Freiburg.
Die Auswertung der Beratungen überzeugt das Bundesministerium für Umwelt: Nicht nur, das CO2 eingespart wird, gegenüber den Sozialtarifen handelt sich bei den Stromsparberatungen auch um ein volkswirtschaftlich effizientes Projekt. Das Konzept wird jetzt auf Bundesebene umgesetzt und der Personenkreis der Hartz-IV-Empfänger soll auf Empfänger von Arbeitslosengeld II, Wohngeld und Kinderzulage erweitert werden.
Ich finde, da hat sich ausnahmsweise mal jemand richtig Gedanken gemacht, denn bei diesem Projekt gewinnt jeder: Der Bundeshaushalt, der Sozialempfänger und die Umwelt.