Solarstromförderung wird nicht abgeschafft, nur gekürzt
Kann die Solarstrombranche jetzt aufatmen oder steht sie vor der größten Herausforderung? Am Freitag hat die Bundesregierung beschlossen deutlich schneller zu senken als bisher geplant war. Damit wird die Branche unter großen Innovationsdruck gesetzt. Was meinen die Lobbyisten und Unterstützer der Solarbranche dazu:
Bundesverband Solarwirtschaft:
Die Solarförderung soll deutlich schneller gesenkt werden als bisher. Darauf verständigten sich führende Umwelt- und Wirtschaftspolitiker am späten Donnerstagabend. Der Bundesverband Solarwirtschaft (BSW-Solar) bewertet das Verhandlungsergebnis zwiespältig. BSW-Solar-Geschäftsführer Carsten Körnig: „Das Anziehen der Förderschrauben setzt die Solarbranche unter härtesten Entwicklungsdruck. Innovative Unternehmen können es voraussichtlich schaffen, die Solarstromkosten entsprechend zu senken und die ambitionierten Vorgaben durch Ausreizen aller Effizienzpotenziale zu erfüllen.“ Nach Einschätzung von Solarforschern kann Solarstrom in sieben Jahren günstiger sein als fossiler Strom aus der Steckdose. Nach Angaben des BSW-Solar will die Solarbranche am Standort Deutschland bis 2010 über fünf Milliarden Euro in den Ausbau modernster Solarfabriken und in Forschung und Entwicklung investieren. Die Branche beschäftigt hierzulande derzeit rund 40.000 Menschen.
Die Solarstromförderung für Photovoltaikanlagen auf Gebäuden soll nach dem Willen der Koalition in den Jahren 2009 und 2010 um jeweils acht Prozent im Jahr gesenkt werden, ab dem Jahr 2011 sogar um jährlich neun Prozent. In den letzten vier Jahren wurde die Förderung jährlich um fünf Prozent verringert, um den technologischen Fortschritt abzubilden und anzustoßen. Der sich gestern abzeichnende Kompromiss soll am Freitag nächster Woche im Bundestag beschlossen werden. Carsten Körnig: „Wenn der Kompromiss so beschlossen wird, scheint die Gefahr eines Markteinbrauchs gebannt.“
Scharfe Kritik übt der BSW-Solar an der deutlichen Schlechterstellung von größeren Solarstromanlagen, die z.B. auf großen Hallendächern oder Freiflächen errichtet werden. Die Förderung von Solarstrom aus neuen ebenerdig errichteten Solarparks soll in den Jahren 2009 und 2010 um jeweils 10 Prozent gesenkt werden, statt um bislang jährlich 6,5 Prozent. Damit sind große Solaranlagen nach Einschätzung des BSW-Solar zukünftig voraussichtlich nicht mehr rentabel zu betreiben. In Deutschland haben PV-Freiflächenanlagen einen Marktanteil von zehn Prozent. Sie gelten als Exportschlager. Ganz gestrichen werden soll nach dem Willen der Koalition zudem der bislang gewährte Förderbonus für gebäudeintegrierte Photovoltaikanlagen. Körnig: „Hier muss der Gesetzentwurf in der nächsten Woche dringend nachgebessert werden. Ansonsten verabschiedet sich Deutschland aus wichtigen Zukunftsmärkten.“
Insgesamt sind in Deutschland in den letzten Jahren rund 430.000 Solarstromanlagen installiert worden. Gemeinsam erzeugen sie ungefähr so viel Strom, wie die Einwohner der Stadt Hamburg verbrauchen.
Hans-Josef Fell MdB
Die große Koalition kürzt die Vergütung für Solarstrom bis 2012 schrittweise um ein Drittel. Das Zusammenstreichen der Solarvergütung ist ein Angriff auf die Solarbranche und den Klimaschutz.
Die große Koalition gefährdet die Solarwirtschaft und damit aktuell über 40.000 Arbeitsplätze vor allem in Ostdeutschland, von dem gigantischen zukünftigen Arbeitsplatzpotenzial ganz zu schweigen. Die weltweite Vorreiterrolle bei der Photovoltaik, die sich Deutschland unter grüner Regierungsbeteiligung erarbeitet hatte, steht auf dem Spiel.
Union und SPD begehen damit auch Vertrauensbruch gegenüber den Solarunternehmen, die im Vertrauen auf eine verlässliche Politik hier in Deutschland mittlerweile einige Milliarden Euro investiert haben und weiter investieren wollten.
Im Gegensatz zur Kohle findet die Solarenergie weder bei Bundeskanzlerin Merkel noch bei Umweltminister Gabriel Unterstützung. Merkel und Gabriel reden sonntags von Klimaschutz – werktags streiten sie gegen die Solarenergie und für Kohlekraftwerke.
Nachdem die große Koalition mit großem Erfolg den Biokraftstoffen den Garaus gemacht hat, hat sie sich jetzt die Solarbranche vorgeknöpft.
Wir bedauern, dass die große Koalition nicht das von uns vorgeschlagene Marktmodell für die Photovoltaik-Degression übernommen hat. Dieses Modell hätte die Kosten gesenkt und zugleich sicher gestellt, dass die Solarbranche eine Zukunft in Deutschland hat.
EUROSOLAR
„Die Aussicht auf eine weitere erfolgreiche Entwicklung von Zukunftstechnologien Erneuerbarer Energien in Deutschland bleibt erhalten. Gerade auch die Entfaltungsmöglichkeiten der Solartechnik sind für überschaubare Zeit nicht verbaut. Insofern lässt der Stand der Verhandlungen von CDU/CSU und SPD über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) positive Ergebnisse erwarten“, sagte der Präsident von EUROSOLAR und Träger des Alternativen Nobelpreises, Hermann Scheer, am Freitag in Berlin. „Nicht alle unsere Erwartungen sind voll erfüllt worden, aber bei den bevorstehenden Beratungen der parlamentarischen Gremien über den Gesetzentwurf sind noch Spielräume offen. Die in der Vorlage enthaltenen Regelungsvorschläge zur Photovoltaik sind randscharf geschnitten, aber schaffen den aufstrebenden Unternehmen der Solarbranche Planungssicherheit und Luft für neue Arbeitsplätze.“
„Wenn der Deutsche Bundestag in der nächsten Woche auf dieser Grundlage ein Gesetz verabschiedet hat, kommt es darauf an, willkürliche Blockaden von Standortgenehmigungen für Erneuerbare-Energien-Anlagen in Ländern und Kommunen zu beseitigen“, sagte Scheer. „Außerdem dürfen wir nicht zulassen, die Einführung Erneuerbarer Energien durch Quoten zu begrenzen oder durch Emissionshandel zu ersetzen.“
„Alles in allem bieten die in der Nacht zum Freitag gefundene Formeln zum EEG die Chance, den von Deutschland ausgegangenen weltweiten Auftrieb des Ausbaus Erneuerbarer Energien zu festigen“, erklärte Scheer weiter. „Um diese Bewegung nicht zu gefährden, müssen die chronischen Blockierer aus Wirtschaft und Politik ihre Widerstände endlich aufgeben. Der erneute Versuch, die Stromerzeugung aus Solarzellen zugunsten der überholten fossilen und atomaren Energieträger auszuhebeln, sind abgewendet worden. Gemessen an den ursprünglichen Forderungen zur Absenkung der Vergütungen sind die Ergebnisse überwiegend tragbar.“
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