Energieausweis weckt falsche Hoffnungen
Hier ist ein schöner Artikel des Bremer Beratungsbüros BAUTEG, der sicher wieder eine Diskussion anregen wird.
Nach dreijähriger, kontroverser Diskussion und unter Berücksichtigung aller Lobbyinteressen, wird der Energieausweis für Wohngebäude im Bestand nun endlich schrittweise eingeführt werden. Ab dem 01. Juli 2008 haben Mieter und Käufer von Immobilien, die bis Ende 1965 fertig gestellt wurden, das Recht auf Einsichtnahme in einen Energieausweis. Wer nun glaubt aus den vorliegenden Daten die Energiekosten einer Wohnung ablesen zu können wird enttäuscht sein, resümiert der unabhängige Energieberater Dipl.-Ingenieur Raymond Krieger. Es kann sich hierbei lediglich um eine grobe Abschätzung der Kosten, die durch eine Vielzahl von Unzulänglichkeiten überlagert wird, handeln. Der Energieausweis war aber auch nie dazu gedacht eine Kostenermittlung des tatsächlichen Verbrauches zu projizieren, stellt der Experte des Bremer Beratungsbüros BAUTEG nochmals klar. Ziel des Ausweises ist die Sensibilisierung der Bürgerinnen und Bürger für den Energiekennwert und dessen Einstufung hinsichtlich der Energieeffizienz, damit Objekte z. B. nicht immer nur nach der Lage ausgewählt werden. Der ermittelte Energiekennwert gibt einen Hinweis auf die Qualität der Gebäudesubstanz und den Stand der Heizungstechnik, ebenso wie auf die Auswirkungen des Nutzerverhaltens auf den Energieverbrauch. Dies geschieht je nach Ausführung des Ausweises, also ob ein Verbrauchs- oder Bedarfsausweis ausgestellt wird. Er kann allgemeine Hinweise zu Modernisierungsempfehlungen, die auf erste Anhaltspunkte zu möglichen Verbesserungen des Gebäudes hinweisen sollen, enthalten. Dies kann dann für den Verbraucher Anlaß sein, eine intensive und ausführliche Energieberatung in Anspruch zu nehmen, mit der detaillierte Modernisierungsempfehlungen zur Energieeinsparung erarbeitet werden können und diese dann auch wirtschaftlich beleuchtet werden.
Warum der Energieausweis nicht die Kosten einer Wohnung oder eines Gebäudes widerspiegelt erläutert Krieger so:
Ist z.B. die Warmwasserbereitung dezentral, also in jeder Wohnung eines Objektes ein elektrischer Durchlauferhitzer, fließt der Energieverbrauch nicht in die Berechnung mit ein. Auch zusätzliche Kosten der Heizung wie Wartung, Schornsteinfeger etc. werden nicht berücksichtigt. Zudem wird der Ausweis immer nur für das gesamte Gebäude erstellt und nicht für die einzelne Wohnung. Durch die unterschiedliche Anordnung der Wohnungen (Dachwohnung zu Mittelwohnung) variiert der Verbrauch beträchtlich. Zudem das Nutzerverhalten einen erheblichen Einfluss auf den tatsächlichen Verbrauch und die daraus entstehenden Kosten hat. Außerdem entspricht das Rechenverfahren des Ausweises nicht der Heizkostenverordnung. Es wird deutlich, dass der Energieausweis zwar eine Aussage zum qualitativen Gebäudestandard, nicht aber zu den zu erwartenden Heizkosten machen kann. Viel wichtiger ist aber auch, dass der Energiekennwert für das Gebäude gesellschaftlich einen gleichen Stellenwert und die Akzeptanz erhält, wie die Angabe des Benzinverbrauches eines Autos pro 100 km. Weiß der Mieter oder Eigentümer erst einmal den Energiekennwert einzuordnen, so hat er eine wichtige Information zum Handeln. Für alle Eigentümer welche ihr Haus selbst nutzen, besteht ohnehin kein Bedarf nach einem Energieausweis. Im Hinblick auf die ständig steigenden Energiekosten ist einzig eine geförderte, intensive Energieberatung zielführend, damit die Heizkosten auch in 20 Jahren noch tragbar sind.