Energetisch optimierte Industrie- und Gewerbebauten in OWL
Über die Xing-Gruppe „Energieeinsparung im Bestand“ habe ich den Verein Energie Impuls OWL e.V. entdeckt, ein lokales Netzwerk von verschiedenen Akteuren aus dem Bereich Energieeffizienz und erneuerbare Energien in Ostwestfalen-Lippe.
Dort habe ich eine interessante Pressemeldung zu Energieeffizienz im Gewerbebau gefunden, die ich hier auszugsweise wiedergebe:
Zur Eröffnung der Herforder Bautage […] wurden die Gewinner eines Architektur-Wettbewerbs der besonderen Art ausgezeichnet: Nicht die architektonischen Feinheiten, sondern das energetische Konzept standen im Vordergrund des OWL-Wettbewerbs „Energetisch optimierte Industrie- und Gewerbebauten“, den Energie Impuls OWL auf dem Herforder Bauforum im letzten Jahr ausgeschrieben hatte. Auf den Herforder Bautagen präsentierten die Gewinner ihre Konzepte und erhielten ihre Auszeichnungen von der Jury.
Die Gewinner des 1. OWL-Wettbewerbs „Energetisch optimierte Industrie- und Gewerbebauten“ sind die Unternehmen Völse & Rath Architekten aus Borchen mit dem Neubau eines Bürogebäudes für die Steuerberatersozietät Lemacher im Stil einer „energieeffizienten Blackbox“ sowie die Architekten Wannenmacher + Möller GmbH aus Bielefeld mit dem Neubau von Kommissionierungshallen für das Cornelsen Verlagskontor unter Einbeziehung „der Erde als Partner“. Ein Sonderpreis wurde an die EST Volker Straker GmbH aus Herford mit der Prozessoptimierung und der Erschließung von Einsparpotenzialen am Produktionsstandort Kirchlengern der Firma Hettich International verliehen.
„Gewerbe- und Produktionsgebäude werden vielfach nur nach ihrem funktionellen Nutzen geplant, der effiziente Energieeinsatz wird bei der Planung vernachlässigt und sorgt oft erst nach Inbetriebnahme für teure Überraschungen beim Energiebedarf“, beschreibt Klaus Meyer, Geschäftsführer von Energie Impuls OWL die Situation. Die Vorsitzende der Jury und Professorin an der Fachhochschule Lippe und Höxter, Frau Prof. Dr.-Ing. Uta Pottgiesser, weiß aus Erfahrung: „Gebäude sind schon immer Visitenkarten von Unternehmen gewesen. In Zeiten von Klimaschutz und Energiepreissteigerungen werden auch Ressourcen schonende Eigenschaften zu positiven Imageträgern des Unternehmens“.
Die eingegangen Bewerbungen wurden von den Jurymitgliedern Arnold Drewer, Dämmtechniker und Vorstand Energie Impuls OWL, Reinhard Jungk, Leiter des VDI Arbeitskreises Bautechnik, Christiane Peters, Chefredakteurin markt & wirtschaft westfalen sowie der Jury-Vorsitzenden Prof. Dr.-Ing. Uta Pottgiesser, Detmolder Schule für Architektur und Innenarchitektur u. a. nach Kriterien zu Wärmeschutz, effizienter Gebäudetechnik und quantitativer Energieeinsparung bewertet.
Informationen zu den Projekten:
Bei der „Energieeffizienten Blackbox“ des Architekten Peter Völse handelt es sich aus architektonischer Sicht um ein streng einfaches, aber auch transparentes Bürogebäude. Die Haustechnik steckt hierbei intelligent eingefügt in der Tiefe. Im Holzrahmenbau und unter vertretbaren Baukosten wurde ein würfelähnlicher Baukörper errichtet, der für eine Minimierung der Wärme abgebenden Gebäudeaußenhülle und somit für eine Reduzierung der Heizenergie sorgt. Mit dem Einbau einer Lüftungsanlage, gezielter Beleuchtungssteuerung und der Wasserversorgung über ein Hauswasserwerk wird den Effizienz-Aspekten genüge getan. Eine Wasser-Wasser-Wärmepumpenheizung versorgt eine Fußbodenheizung. Für die Sommermonate kommt die Grundwassernutzung zur Kühlung zum Einsatz, aber auch aktive Verschattungsmöglichkeiten sorgen für ein angenehmes Raumklima.
Die Neubauten des CORNELSEN Verlagskontors werden im Winter durch eine Geothermie-Anlage beheizt. Das Bielefelder Architekturbüro Wannenmacher + Möller erreichte weitgehende Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen und die Reduzierung von Kohlendioxid und Feinstaubemission durch die Installation von 28 Erdsonden bis in eine Tiefe von 120m, die die knapp 6.000 m² große Lagerfläche mit Wärme versorgt. Dem Erdreich wird Energie entzogen und über Wärmepumpen den Gebäuden durch eine Niedertemperatur-Industrie-Fußbodenheizung zugeführt. Im Sommer werden die Hallen über die Niedertemperatur-Industrie-Fußbodenheizung gekühlt. Die den Bauten entzogene Energie wird ohne Einsatz von Kältemaschinen über die Erdwärmesonden an den Untergrund abgeführt und gespeichert. Im Winter wird die gespeicherte Wärme wieder zur Energieversorgung der Gebäude genutzt. So konnte der Primärenergiebedarf des Gebäudes von 97 kWh/m²a auf 38 kWh/m²a reduziert werden. „Für dieses Projekt spricht die Tatsache, dass hier die Geothermie, die heute noch nicht richtig ausgereizt ist, in sehr effektiver Weise zum Einsatz gekommen ist“, erläutert Arnold Drewer die Entscheidung der Jury.
Im Projekt des Herforder Unternehmers Volker Straker konnte der spezifischen Wärmeverbrauchs für die Produktion um 78% verringert werden. Die eingesetzten Technologien sind zwar alle bekannt, der Gewinn erfolgte aber vor allem durch eine konsequente mehrjährige Umstellung. So wurde Wärmerückgewinnung zum Heizen benutzt, die Abwärme aus der Drucklufterzeugung gewonnen und mit einem Druckluftmanagement geregelt, drehzahlgeregelte Pumpen sorgen für den hydraulischen Abgleich und eine Kraft-Wärme-Kopplungsanlage dient neben der effizienten Energiebereitstellung auch als Notstromaggregat. Nachhaltigkeit wird in dem Betrieb auch dadurch erzielt, dass die Mitarbeiter im betrieblichen Vorschlagswesen eingebunden werden und mit Energiesparwettbewerben die Sensibilisierung der Mitarbeiter gefördert wird.
Auch bei den restlichen Bewerbungen waren hervorragenden Ergebnisse hinsichtlich der Energieeinsparung erzielt worden. So produziert das neue Bürogebäude des Ingenieurbüros Schemmer und Frank in Detmold 4-mal soviel Energie, wie es verbraucht. Dies macht eine konsequente Auslegung auf die Nutzung der Sonnenenergie möglich. Der Baukörper ist mit einem nach Süden ausgerichteten Pultdach versehen, das komplett mit Photovoltaikmodulen bestückt ist. Ebenso an der Sonne orientiert, stellt sich das Schüco Technology Centrum auf. Hier erreichte das Architekturbüro Wannenmacher + Möller sowohl durch die Nutzung von Solarthermie und Photovoltaik als auch durch geschickte Gebäudeleittechnik eine weitgehende Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen. Eine Glasfassade mit Sonnenschutzelementen und volumenstromgeregelte Lüftungsanlagen bescheren dem Nutzer ebenso ein gutes Raumklima. Ein Pluspunkt geht auch an das Herforder Ingenieurbüro cp baustatik. Bei der Sanierung einer Halle musste zunächst Überzeugungsarbeit in Sachen Wärmeschutz geleistet werden. Von der anschließenden Umsetzung der Wärmedämmung profitieren nicht nur die Mitarbeiter durch eine angenehmere Arbeitsumgebung, sondern auch das Betriebsergebnis. „8.000 bis 10.000 Liter Heizölersparnis pro Jahr dürften sich hier schon ergeben“, berechnet die Planerin Claudia Plake. Das vielzitierte Potenzial bei der CO2-Einsparung im Bestand trifft nämlich nicht nur den privaten Wohnungsbau.
„Dieser erste Wettbewerb hat einige energietechnisch interessante Bauprojekte ans Tageslicht befördert. Wir wissen aber, dass dies nur eine Auswahl sein kann und dass noch viele gute Lösungen in der Region schlummern. Diese wollen wir auch in Zukunft zeigen. Keine Frage also, dass wir 2009 den nächsten Wettbewerb durchführen werden“ so Klaus Meyer vom Veranstalter Energie Impuls OWL.