Energieeffizienz in der Fertigung wird zum Wettbewerbsfaktor
Hauptstromfresser in der Produktion sind die Elektromotoren, stellt der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) in einer Studie fest. Die meiste Energie lasse sich bei Antrieben zwischen 1,1 und 37 kW sparen. Deren Herstellkosten steigen je Wirkungsgradklasse jedoch zwischen 10 und 20 Prozent. Ohne finanzielle Anreize oder Gesetze wird sich hier wenig bewegen. Die Werkzeugmaschinen als Herzstück jeder Fertigung sind unmittelbar betroffen. Elektromotoren treiben hier Arbeitsspindeln und Vorschübe an, machen der Hydraulik Druck und bringen Kühlschmierstoff wie auch Späne in Bewegung. Strom macht nach Untersuchungen des Instituts für Produktionsmanagement, Technologie und Werkzeugmaschinen (PTW) an der TU Darmstadt bereits heute 21 Prozent der Jahresbetriebskosten der Maschinen aus. Über zehn Jahre Nutzungszeit hinweg geht für elektrische Energie ein Fünftel aller Lebenszykluskosten drauf. Würden wirkungsgradoptimierte Motoren zum Standard, müssten Werkzeugmaschinen teurer werden. Die Anwender müssten dann längere Amortisationszeiträume kalkulieren.
Allzeit bereit und ständig Standby: die Kosten hoher Verfügbarkeit
Als weitere Stromschlucker hat Egon Müller, Professor für Fabrikplanung und –betrieb an der TU Chemnitz, die Standby-Schaltungen ausgemacht. Bis zu 30 Prozent des Gesamtstromverbrauchs einer Werkzeugmaschine kostet die gängige Praxis, rechnergestützte Steuerungen bei organisatorischem Stillstand nicht abzuschalten: „Die meisten Bediener lassen sie im Standby-Modus weiterlaufen. “ Nur Aufklärung durch die Hersteller könne hier helfen. Viele Betriebe schätzten zudem den Gesamtverbrauch ihrer verketteten Werkzeugmaschinen völlig falsch ein und legten die Versorgungsanlagen zu üppig aus. „Lieber eine Abstufung der installierten Leistung für jede einzelne Maschine vornehmen, statt immer auf maximal mögliche Leistungsaufnahme zu setzen“, mahnt Müller an. Damit könne auch die thermische Stabilität und die Bearbeitungsgenauigkeit sichergestellt werden.
Sich auf die allgemeine Verbesserung der Infrastrukturanlagen zu beschränken, hält Eberhard Abele allerdings für falsch. Zum einen verbrauche ein modernes, fünfachsiges Bearbeitungszentrum im Durchschnitt 44 000 kWh pro Jahr, erläutert der Leiter des Darmstädter PTW-Instituts. Fallstudien hätten ergeben, dass bis zu 63 Prozent des Strombedarfs je Werkteil direkt bei der mechanischen Bearbeitung entstehen. Hiervon wieder würden rund drei Viertel auf Grundfunktionen der Maschinen verwendet. Woran es mithin hapert, ist die Transparenz.
Zahlen ohne Zählen: Transparenz des Energiebedarfs fehlt
„Der reale Energiebedarf der Maschinen ist selten bekannt“, sagt Abele. „Offensichtlich ist allein die Anschlussleistung.“ Soweit es um die Leistungsaufnahme der Maschinen geht, drängt er auf rechnergestütztes Energiemanagement. Bei hohem Grundverbrauch und geringer Auslastung lasse sich der Strombedarf so am ehesten senken. Klar sei jedoch auch, dass die Parameter für Groß- und Kleinserienfertigung erheblich differierten: Machen Spanabhebung und Eilgänge bei großen Losen rund 38 Prozent der Laufzeit aus, sind es in der kleinteiligen Fertigung nur mehr 15 Prozent. Und verbringen die Fertigungsmittel in der Großserie bestenfalls 36 Prozent ihrer Zeit mit Warten, springt diese `Null-Auslastung´ in der Kleinserie auf 55 Prozent. Abeles Kernforderung: „Den Stromverbrauch durch konsequentes und angepasstes Ausschalten bei organisatorischem Stillstand senken.“
Quelle: VDW
Dieses Jahr wird die METAV-Veranstaltung praxis+trends am 1. April 2008 erstmals für den Werkzeugmaschinenbau und seine Abnehmer das Thema umfassend beleuchten.
Die weltweite Debatte um Klima- und Umweltschutz hat die Industrie erreicht: Enorm gestiegene Energiepreise fordern von der verarbeitenden Industrie neue Wege in Hinblick auf Energieeffizienz bei Maschinen und Anlagen, und eine breite Öffentlichkeit verlangt zunehmend nach energie-effizienten Produkten und mehr Umweltbewusstsein. Zudem wächst auch der politische Druck auf Unternehmen, in Sachen Umweltschutz Flagge zu zeigen. Kostenreduktion durch effizienten Energieeinkauf und effizienten Energieeinsatz ist wichtiger denn je. In der Diskussion über den Energieverbrauch, nachhaltige Energieversorgung und den Abbau von Treibhausgasen gewinnt der konsequente Einsatz neuer Technologien eine immer stärkere Bedeutung. „Der Klimawandel, die wachsende Notwendigkeit, sparsam mit knappen Ressourcen umzugehen und nicht zuletzt der ungebremste Energiepreisanstieg stellen die Industrieproduktion vor große Herausforderungen“, bestätigt Carl Martin Welcker, Vorsitzender des VDW (Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken).
Denn die produzierende Industrie zählt zu den größten Energieverbrauchern und könnte mit den richtigen Technologien einen entscheidenden Beitrag zur Reduzierung der CO2-Emissionen leisten. Bedingt durch die Energie-einsparprojekte von EU-Kommission und Bundesregierung sind in den vergangenen beiden Jahren energieeffiziente Produkte weiter in den Vordergrund gerückt. Die einzelnen Studien der Eco-Design Richtlinie haben zu konzertierten Aktionen der betroffenen Branchen geführt. Die von der EU festgelegte Eco-Design-Richtlinie hat zum Ziel, eine Ressourcen schonende, insbesondere energieeffiziente, Produktgestaltung weitgehend umzusetzen. Derzeit sind 20 Produktgruppen in Vorbereitung, weitere werden folgen.
Die bisherige Entwicklung zeichnet ab, dass zukünftig vermehrt auch für den Maschinenbau Kriterien bezüglich der Energieeffizienz entwickelt werden. „Die europäische Politik will Maßnahmen ergreifen, um Einsparungen zu erzielen. Diesem Anspruch kommt die Werkzeugmaschinenindustrie mit ihren Produkten bereits heute nach, da sie schon immer vom Nachhaltigkeitsgedanken in der Produktion geleitet wird“, sagt Welcker.
Der VDW und die Wirtschaftszeitung Produktion haben diesen Trend bereits erkannt. Experten aus Wissenschaft, Anwender- und Anbieterunternehmen präsentieren auf der METAV-Veranstaltung praxis+trends den Stand der Forschung auf diesem Gebiet. Anwender von Fertigungstechnik stellen ihre Anforderungen vor; die Anbieter zeigen bereits realisierte Lösungen und künftige produktionstechnische Konzepte im Hinblick auf diese Anforderungen.
Die Themen lauten im Einzelnen:
* Politischer Rahmen für Öko-Design-Anforderungen der EU
* Neueste Untersuchungen der Energieeffizienz im Maschinenbau vorgestellt durch Prof. Reimund Neugebauer vom Fraunhofer Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik in Chemnitz
* Energieeffiziente Komponenten, Werkzeugmaschinen, Steuerungen und Antriebe
* Effizienz- und Einsparpotenziale elektrischer Energie – Studie des Verbandes der Elektroenergie
Für Ihren Terminkalender:
Energieeffizienz in der Produktion
praxis+trends auf der METAV 2008
Wann: 1. April 2008 von 10.00 Uhr bis 16.00 Uhr
Wo: Congress Center Düsseldorf