Speichertechnologien für Solar- und Windstrom revolutionieren die Energiemärkte
Das Thema „Speicherung von Strom aus erneuerbaren Energien“ hat es mir angetan. Zum einen finde ich das Thema spannend und wegweisend für die Zukunft und zum anderen finde ich immer mehr Texte zu diesem Thema. Dazu kommt, dass damit den Kritikern der Versorgung durch erneuerbare Energien das Argument der unsteten Verfügbarkeit genommen werden kann. Dieses Argument wird bald der Vergangenheit angehören. Es ist ohnehin nur ein vorgeschobenes Argument zugunsten von Atom- und Kohlekraftwerken, behauptet Hermann Scheer in einer Pressemitteilung bei Eurosolar. Der folgende Text gibt die Pressemitteilung vollständig wieder:
Tatsächlich gibt es eine breite Palette technischer Lösungsansätze für eine ausschließlich auf erneuerbare Energien gründende Stromversorgung, bei der sich die Quellen erneuerbarer Energien wechselseitig ergänzen und mit denen ein breiter Ausbau von Solar- und Windkrafterzeugung realisiert werden kann. Das Spektrum der Möglichkeiten wird vom 19.-21. November auf der 2. Internationalen Konferenz zur Speicherung Erneuerbarer Energien in Bonn in über 40 wissenschaftlich-technischen Vorträgen vorgestellt. Diese Konferenz wird von EUROSOLAR und dem Weltrat für Erneuerbare Energien organisiert.
Grundsätzlich ist zum Speicherproblem aus technisch-wissenschaftlicher und praktisch-wirtschaftlicher Sicht zu sagen:
1. Kein modernes Energiesystem kann ohne Speicher- und Ersatzkapazität bestehen. Das gilt nicht nur für erneuerbare Energien, sondern auch für fossile und atomare. Die Frage, was man mache, wenn kein Wind weht, ist ebenso berechtigt wie sie meist einseitig gestellt und den erneuerbaren Energien zur Last gelegt wird. Die Antwort: Dann wird eine andere Quelle zugeschaltet – und diese kann auch eine erneuerbare sein. Gegenwärtig sind in Deutschland vier Atomkraftwerke außer Betrieb – und für alle gibt es Reservekapazitäten. Das Potential an Reservekapazitäten kann in dem Maße verringert werden, in dem es im Strommarkt ein größeres Feedback zwischen Nachfrage und Angebot gibt, etwa durch ein System flexibler zeitvariabler Tarife nach technischen Lastkurven und laufender Preisinformationen bei den Verbrauchern. Es lässt sich aber auch verringern durch ein im Daten- und Stromnetzwerk verbundenes modulares System dezentraler Erzeugungsanlagen gerade mit erneuerbaren Energien. Dadurch sind „overhead“-Kosten von Großkonzernen ebenso wie Leitungsverluste besser vermeidbar.
2. Der grundlegende Unterschied zwischen den überwiegend genutzten Speicherformen im konventionellen Energiesystem gegenüber der Speicherung von Solar- und Windkraft ist, dass im konventionellen System in der Regel die Speicherung vor der Umwandlung in Strom erfolgt (Kohlehalden, atomares Brennstoffzellenlager, Öl- und Gasbehälter). Dies ist bei Sonne und Wind nicht möglich, weshalb die Speicherung nach der Umwandlung in Strom stattfinden muss. Dabei kann auf durchaus bewährte Techniken zurückgegriffen werden, neben neu hinzukommenden. Der Unterschied ist im Kern, dass man mehr Stromspeichermöglichkeiten bei großen Anteilen von Solar- und Windstrom braucht, dafür aber keinen Speicherbedarf mehr für Primärenergie und auch kein Bedarf mehr für Primärenergietransporte hat.
3. Es ist logisch, dass der zu mobilisierende technische Speicherbedarf für Solar- und Windstrom nicht vor der diesbezüglichen Stromerzeugung eingeführt wird, sondern erst danach – und zwar sobald der Bedarf dafür auftritt. Alles andere wäre wirtschaftlicher Unsinn.
Das Spektrum der Speichermöglichkeiten sieht grob umrissen folgendermaßen aus und kann als Stand der Technik bezeichnet werden:
– Hybridsysteme. Hierbei handelt es sich um die technisch realisierte Kombination zweiter Stromerzeugungen, die sich wechselseitig so ergänzen können, dass eine kontinuierliche Stromversorgung möglich ist. Ansätze dazu können bereits sein die Kombination von Wasserkraft aus Skandinavien und den alten Ländern mit Windkraft im großräumigen Netzverbund: Sobald nicht genug Windstrom im Netz ist, wird die Bedarfslücke durch das Zuschalten zusätzlicher Wasserkraftturbinen unmittelbar gedeckt.
Ein Beispiel im kleinräumigen Maßstab ist bereits durch die Kombination durch Windkraft mit Biogas darstellbar: Sobald nicht genug Wind weht, wird der Gasmotor zur Stromerzeugung angetrieben oder auf höhere Leistung gebracht.
– Alle weiteren Speicherformen gehen dann über Hybridanlagen hinaus und kombinieren Solarkraft, Windkraft, Wasserkraft, Biomasse und geothermische Energie mit zusätzlichen aus der Stromproduktion gewonnenen Speicherformen: etwa Wasser in Pumpspeichern, elektrolytisch erzeugter Wasserstoff oder Druckluft.
Die Technik der Pumpspeicherwerke ist bekannt. Zur Stromerzeugung können neben oberirdischen Speicherseen auch unterirdische Kavernen genutzt werden. Auch in Deutschland gibt es ein großes Potential an natürlichen Erdkavernen. Dieses Potential wurde 1973 systematisch erfasst, als in Zeiten der Ölkrise Vorkehrungen für vermehrte für Erdölspeicher getroffen werden sollten. Diese Kavernen müssen tendenziell weitgehend genutzt werden, und zwar für die Speicherung großer Biogasmengen, Wasserstoff- und Druckluftmengen.
Kapazitäten für intelligente Speichervolumen ergeben sich auch aus der Nutzung der Leerräume von Türmen von Windkraftanlagen.
– Hinzu kommen neue technische Sprünge in der Stromspeicherung in Batterien, insbesondere aus der Informationstechnologie, der Hybridautotechnologie und den darüber hinausgehenden Ansätzen der Automobilindustrie hin zum reinen Elektromobil.
Eine Gesamtbetrachtung ergibt: Ein Stromwechsel hin zu erneuerbaren Energien bis hin zum vollständigen Ersatz atomarer und fossiler Energien ist technisch lösbar. Dabei werden Wind- und Solarstrom die wichtigste Rolle spielen, und die Bioenergie wird für die Reservefunktionen die prominenteste Rolle bei allen regionalen Konzepten eines Mixes aus erneuerbaren Energien spielen.
Dabei muss auch in Rechnung gestellt werden, dass der Beitrag von Solar- und Windstrom zur Grundlast permanent steigt mit der Erhöhung des Wirkungsgrades und der damit verbundenen Jahresleistung. Schon jetzt stehen 60 % der Windstromerzeugung in Deutschland für die Grundlast zur Verfügung. Mit der Leistungssteigerung durch Repowering und der Möglichkeit, auf mehr als 3000 Jahresvolllaststunden zu kommen, wird dies ansteigen.