Windkraft braucht mehr Rückenwind
Der Ausbau der klimafreundlichen Windenergienutzung an Land und auf See kann nur gelingen, falls sich die rechtlichen und organisatorischen Bedingungen deutlich verbessern – dies ergab das Forschungsprojekt „Umweltstrategie zur Windenergienutzung an Land und auf See“ im Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA). Trotz weiterhin verfügbarer Potenziale gerät der Ausbau der Windenergie an Land ins Stocken. Auf See kommt die Windenergienutzung nur schleppend in Gang. Vor allem das so genannte Repowering – der Ersatz vieler Altanlagen durch wenige moderne Windräder mit höherer Leistung – kann seine Vorteile, die Umweltbelastung der Windenergienutzung insgesamt deutlich zu verringern, bislang nicht ausspielen. Auf See behindern wirtschaftliche Hemmnisse und ein komplexes Zulassungsverfahren den Ausbaubeginn. „Bund und Länder sind aufgefordert, die Hemmnisse an Land und auf See zu beseitigen, um mit Repowering und der Windenergienutzung auf See ernsthaft zu beginnen“, sagte Dr. Thomas Holzmann, Vizepräsident des Umweltbundesamtes.
Derzeit hat die Windenergie einen Anteil von circa fünf Prozent an der Stromerzeugung. Fachleute gehen davon aus, dass bei gleichzeitiger Steigerung der Effizienz der Stromerzeugung und -nutzung bis zum Jahr 2020 die Windenergie einen Anteil von über 14 Prozent, langfristig sogar von über 35 Prozent an der Stromerzeugung erreichen kann.
Für eine nachhaltige Entwicklung im Energiesektor muss neben der Energieeffizienz und dem Ausbau anderer Sparten der erneuerbaren Energien (zum Beispiel Biomasse) auch die Windenergienutzung weiter vorangetrieben werden. Neben ihren offensichtlichen Umweltvorteilen im Vergleich zur Atomkraft oder zu fossilen Energieträgern, trägt diese Energiequelle bereits merkbar zur Versorgungssicherheit bei, weil weniger Gas und Steinkohle importiert werden müssen. Seit Beginn der Neunziger Jahre sind die Stromgestehungskosten aus Windkraft um etwa 60 Prozent gesunken. Das UBA erwartet, dass die Windenergienutzung an Land bis zum Jahr 2020 keiner Förderung mehr bedarf, weil sie dann mit dem Strom aus konventionellen Kraftwerken am Markt konkurrieren kann.
Um den umweltverträglichen Ausbau der Windenergienutzung weiter zu beschleunigen, schlägt das UBA vor, die Zahl der oft verstreut stehenden, alten Anlagen im Zuge des so genannten Repowering zu reduzieren. Mit einer sorgfältigen Auswahl der neuen Standorte können frühere Fehlentwicklungen korrigiert werden. Dabei sind jeweils situationsbezogen die Entfernung der Windkraftanlagen von Wohngebäuden und sensiblen Naturräumen festzulegen. Die Kommunen können durch die Ausweisung geeigneter Gebiete hierzu beitragen. Zudem profitieren sie über die Gewerbesteuereinnahmen auch wirtschaftlich von dieser nachhaltigen Technik. Nicht sinnvoll erscheinen dagegen pauschale Abstands- und Höhenbegrenzungen, die das Repowering und damit die Beseitigung früherer Fehler verhindern. Jeder Fall muss vielmehr nach den jeweiligen Bedingungen vor Ort beurteilt werden.
Die Windenergienutzung auf See leidet neben den nach wie vor bestehenden wirtschaftlichen Hemmnissen auch unter den komplexen Genehmigungserfordernissen: Für die Genehmigung einer Kabeltrasse sind je nach Bundesland fünf bis sieben Genehmigungen bei den Ländern und beim Bund einzuholen. Hinzu kommen die nur begrenzt verfügbaren, möglichen Kabeltrassen. Dies lässt eine Bündelung einzelner Windparkanbindungen an das Stromnetz sinnvoll erscheinen, wie dies derzeit für einige Projekte rund um das geplante Offshore-Testfeld in der Nordsee vor Borkum bereits durchgeführt wird. Um die Genehmigungen zu beschleunigen, sollte eine Bündelung der Zulassung des Windparks und seiner Kabeltrassen bis zum Netzeinspeisungspunkt in einem Verfahren erfolgen, bei dem alle Fragen und betroffenen Behörden berücksichtigt werden.
In den nächsten Monaten müssen in diesen Themenfeldern entscheidende Schritte zur Beseitigung der Hemmnisse unternommen werden, um den seit 2003 stagnierenden Ausbau der Windenergienutzung in Deutschland wieder voranzubringen.
Den Forschungsbericht zur Entwicklung einer Umweltstrategie für die Windenergienutzung an Land und auf See steht im Internet http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3241.pdf.
Eine Kurzfassung mit Ergebnissen und Handlungsempfehlungen ist in deutscher http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-k/3242.pdf und in englischer Sprache erhältlich http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-k/3243.pdf.