Verbraucherzentrale kritisiert Gebäudeenergieausweis
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hat scharfe Kritik an dem heute vom Bundeskabinett beschlossenen Gebäudeenergieausweis geübt. „Die hehren Worte über den Klimaschutz werden unglaubwürdig, wenn es die Bundesregierung nicht einmal schafft, Mietern und Immobilienkäufern volle Transparenz über die Energiekosten zu geben“, sagte vzbv-Vorstand Prof. Dr. Edda Müller. „Der Gebäudeenergieausweis kann nur funktionieren, wenn er simpel und eindeutig ist. Was wir jetzt bekommen, ist hingegen kompliziert und bürokratisch.“
Sinnvoll aus Sicht des vzbv wäre ein so genannter Bedarfsausweis, der Auskunft über den tatsächlichen energietechnischen Zustand eines Hauses gibt. Nach dem Kabinettsbeschluss ist dieser aber verbindlich nur unter komplizierten Bedingungen vorgeschrieben: Die Gebäude müssen nämlich vor 1978 gebaut sein, weniger als fünf Wohnungen haben und nicht dem energetischen Stand der Wärmeschutzverordnung von 1978 entsprechen. „Woher soll ein Wohnungskäufer wissen, ob in den vergangenen Jahrzehnten das Gebäude so modernisiert wurde, dass es der Wärmeschutzordnung von 1978 entspricht?“, zweifelt Müller an einer unbürokratischen praktischen Umsetzung.
Weiter unbefriedigend aus Sicht des vzbv: Bei allen anderen Altbauten, die nach 1978 errichtet wurden oder mehr als vier Wohneinheiten haben, ist es ausreichend, einen so genannten Verbrauchsausweis vorzulegen. Weitere Einschränkung: Für so genannte Nichtwohngebäude – etwa Bürogebäude und Geschäftshäuser – besteht ebenfalls eine Wahlfreiheit. Vermieter oder Verkäufer dürfen sich also aussuchen, ob sie einen Bedarfsausweis oder den vergleichsweise aussagelosen Verbrauchsausweis verwenden.
Verbrauchsausweis: Harmlose Energiespartipps
Der Verbrauchsausweis ist nach Ansicht des vzbv nichts weiter als eine Übersicht über den Energieverbraucher des Vorbesitzers beziehungsweise -mieters mit einer Sammlung allgemeiner Energiespartipps. Dieser könne lediglich über den subjektiven Energieverbrauch früherer Nutzer Auskunft geben – war der Bewohner kaum anwesend, wird auf diesem Wege eine Energieschleuder plötzlich zum Passivhaus.
Durch das Angebot eines Verbrauchsausweises und die Wahlfreiheit wird laut vzbv das Ziel des Gebäudeenergieausweises, Mieter und Käufer vor Vertragsabschluss zu informieren, in welchem Zustand sich ein Gebäude energietechnisch befindet, ad absurdum geführt. „Für ein Land, das weltweit Vorreiter beim Energiesparen und der Klimapolitik sein will, ist diese Zwitterlösung ein Rückschritt“, so Müller. Auf dieser Grundlage wird es auf dem Immobilienmarkt nicht die notwendigen Investitionsanreize geben.
Ein klares Votum für einen Bedarfsausweis, der verbindlich für alle Gebäude vorgeschrieben ist, hätte den Markt in Bewegung gebracht. Schlecht isolierte Gebäude wären schwieriger zu vermieten oder zu verkaufen gewesen. Hauseigentümer hätten damit einen direkten Anreiz zu Investitionen in Wärmedämmung und neue Energietechnik gehabt. Von dem zu erwartenden Investitionsschub hätten auch Handwerk und Deutschlands weltweit führende Energietechnikbranche profitiert.
Edda Müller appelliert an alle Eigentümer, ausschließlich auf den Bedarfsausweis zu setzen, wenn sie ihre Immobilien langfristig erfolgreich vermarkten wollen. Die Verbraucher rief sie auf, beim Kauf oder der Miete einer Immobilie die Vorlage eines Bedarfsausweises zu verlangen, um nicht am Ende böse Überraschungen zu erleben.